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Meldung vom: | Verfasser/in: Axel Burchardt
Trotz der im Zuge der Corona-Debatte deutlich gestiegenen Kritik am Pandemiemanagement, den heftig umstrittenen Eindämmungsmaßnahmen und des von der Anti-Corona-Bewegung geäußerten Narrativs einer ´Corona-Diktatur´ bleiben die Demokratiezufriedenheit und das Institutionenvertrauen in Thüringen auf einem erstaunlich hohen Niveau. 65 Prozent der Thüringerinnen und Thüringer sind mit der Demokratie zufrieden und 89 Prozent unterstützen die Demokratie als bestmögliche Regierungsform. Das belegt der heute in Erfurt präsentierte Thüringen-Monitor 2021Externer Link, den ein Team der Friedrich-Schiller-Universität Jena im Auftrag der Thüringer Landesregierung erstellt hat.
Es sind die jeweils zweithöchsten ermittelten Werte, seit der Thüringen-Monitor im Jahr 2000 erstmals erstellt wurde. Auf Basis der Ergebnisse des Thüringen-Monitors sei keine Demokratie- bzw. Vertrauenskrise zu erkennen, betont die Leiterin der jährlich durchgeführten Umfrage, Prof. Dr. Marion Reiser vom Zentrum für Rechtsextremismusforschung, Demokratiebildung und gesellschaftliche Integration (KomRex) der Universität Jena.
Radikalisierung der schrumpfenden Anti-Corona-Bewegung
Obwohl die Zahl der Corona-Skeptikerinnen und -Skeptiker im Vergleich zum Vorjahr gesunken ist, stellen sie allerdings weiterhin eine große Herausforderung für die politische Kultur im Freistaat dar. „So ist eine Radikalisierung der schrumpfenden Anti-Corona-Bewegung zu beobachten, die jedoch nicht in Richtung des klassischen Rechtsextremismus stattgefunden hat“, fasst die Politikwissenschaftlerin Reiser zusammen. Die Verbreitung rechtsextremer Einstellungen ist in Thüringen gegenüber dem Vorjahr erneut gesunken – von 17 Prozent auf elf Prozent. Damit erreicht der Anteil der rechtsextrem Eingestellten in Thüringen den niedrigsten Wert seit Beginn der Messungen im Jahr 2000. Die weit überwiegende Mehrheit der Thüringer Bevölkerung ist somit auch im Jahr 2021 nicht rechtsextrem und nicht Corona-skeptisch eingestellt.
Demokratie, aber in Freiheit und zum Mitmachen
Der Thüringen-Monitor untersuchte in diesem Jahr zudem das Demokratieverständnis der Thüringerinnen und Thüringer genauer. Partizipation und Freiheitsrechte machen für sie den Kern der Demokratie aus, belegt die Befragung. Wichtig ist den Menschen im Freistaat außerdem politische Gleichheit, d. h. die Gleichheit vor dem Gesetz, als auch die Chancengleichheit, d. h. die Vorstellung, dass alle Menschen im Leben die gleichen Chancen haben sollen. Auch die Responsivität, also die Bereitschaft in der Politik auf die Interessen der Menschen einzugehen, wird von einer großen Mehrheit der Befragten als sehr wichtig erachtet. Außerdem messen die Thüringerinnen und Thüringer der sozialen Komponente der Demokratie sowie der politischen Partizipation einen hohen Stellenwert bei – wobei die politischen Mitwirkungsmöglichkeiten analog und nicht auf digitaler Ebene geschehen sollen, wie die Befragung ermittelt hat.
Jeder Zehnte ist antisemitisch eingestellt
Es gibt allerdings noch immer Bevölkerungsteile, die rechtsextrem bzw. pandemieskeptisch eingestellt sind. Aber die Überlappung zwischen rechtsextremen und pandemieskeptischen Einstellungen hat sich deutlich abgeschwächt, belegen die Umfrageergebnisse. Während im vergangenen Jahr knapp zwei Drittel der rechtsextrem eingestellten Befragten auch Corona-skeptisch eingestellt waren, ist es nun nur noch ein Drittel. Gleichzeitig sind 16 Prozent der Corona-Skeptikerinnen und -Skeptiker – und damit etwa halb so viele wie 2020 – rechtsextrem eingestellt – in der übrigen Thüringer Bevölkerung sind es 10 Prozent, so dass thüringenweit etwa 11 Prozent als rechtsextrem eingestellt gelten können.
Darüber hinausgehend legt der Thüringen-Monitor offen, dass auch 2021 noch zehn Prozent der Befragten als „antisemitisch eingestellt“ gelten können.
Corona-Pandemie gefährdet den gesellschaftlichen Zusammenhalt
Die Thüringer Bevölkerung sieht die Risiken im zweiten Jahr der Pandemie nur selten im persönlichen Bereich, sondern zunehmend in gesellschaftlicher Hinsicht: 77 Prozent der Befragten sehen aufgrund der langen Schulschließungen Risiken für die Bildungschancen junger Menschen; 60 Prozent sehen den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Gefahr. „Diese Sorge um die Zukunftschancen der jungen Generation kann als Ausdruck gesellschaftlicher Solidarität interpretiert werden“, sagt Prof. Reiser. Die Antworten auf weitere Fragen zur Pandemie zeigen außerdem, dass das Virus inzwischen von einer deutlichen Mehrheit ernst genommen wird – wenngleich noch längst nicht von allen. Gleichzeitig ist der Glaube an pandemiebezogene Verschwörungserzählungen in Thüringen weit verbreitet.
Auch wenn der Ernst der Lage von den meisten Menschen im Freistaat erkannt und viele Gegenmaßnahmen akzeptiert werden, so gibt es immer noch eine nicht zu vernachlässigende Gruppe, die die politischen Maßnahmen ablehnt oder bekämpft. Hier bleibt für Politik und Zivilgesellschaft noch viel zu tun – wofür es aber einen breiten demokratischen Rückhalt gibt, wie der Thüringen-Monitor 2021 belegt.
Für den Thüringen-Monitor 2021 sind zwischen dem 4. Juni und dem 3. Juli 2021 insgesamt 1.100 wahlberechtige Thüringerinnen und Thüringer in einer repräsentativen telefonischen Untersuchung befragt worden.
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