Aufzeichnung einer Präsenzvorlesung

Prinzipien guter (digitaler) Lehre

"Prinzipien guter Lehre" und die Ergänzung "Prinzipien guter digitaler Lehre"
Aufzeichnung einer Präsenzvorlesung
Foto: Jens Meyer (Universität Jena)

Prinzipien guter Lehre

In der Strategie Lehre hat sich die Universität Jena auf Prinzipien guter Lehre verpflichtet. Sie fußen auf gesellschaftlich geteilten Normen und Werten und wurden in einem iterativen universitätsweiten Verständigungsprozess erarbeitet. Das changierende „wir“ in diesen Prinzipien bezieht sich auf alle diejenigen, die in unterschiedlichen Rollen – z. B. als Lehrende, Studierende, Gremienmitglieder – in und für Studium und Lehre Verantwortung tragen. Die Prinzipien guter Lehre werden durch die Prinzipien guter digitaler Lehre ergänzt, in denen die besonderen Herausforderungen in digitalen Lehr- und Lernumgebungen adressiert werden.

  • Wir bekennen uns zur Einheit von Forschung und Lehre.

    Die Friedrich-Schiller-Universität versteht Forschung und Lehre als gleichwertige und interdependente Bestandteile von Wissenschaft. Forschungsorientierung ist das Spezifikum universitärer Lehre. D. h. gute Lehre vermittelt den aktuellen Erkenntnisstand der Forschung sowie das Bewusstsein, dass Wissen dynamisch ist. Lehrende können dabei aus angeregten Diskussionen mit Studierenden wichtige Impulse für ihre Forschung gewinnen.

  • Wir tragen als Lehrende und Studierende kooperativ und in wechselseitigem Respekt zum Gelingen von Lehren und Lernen bei.

    Gute Lehre lebt vom Engagement der Lehrenden wie Studierenden gleichermaßen und bewirkt idealerweise einen beiderseitigen Erkenntniszuwachs. Die Lehrenden sind gefordert, fachlich und hochschuldidaktisch hochwertige Lernangebote bereitzustellen, den Erfolg ihrer Lehre zu reflektieren und ihre Veranstaltungen stetig weiterzuentwickeln. Die Studierenden tragen ihrerseits zum Gelingen der Lehre bei, indem sie das Lehrangebot verantwortlich und aktiv wahrnehmen, engagiert studieren und konstruktives Feedback zu Lehrangeboten geben.

  • Wir zielen mit unserer Lehre auf sachkundige und kritische Reflexion innerhalb und außerhalb der Wissenschaft.

    Gute akademische Lehre vermittelt nicht nur fundierte Kenntnisse, sondern bildet eine kritisch-reflexive Grundhaltung bei den Studierenden aus. Sie leitet die Studierenden an, wissenschaftliche Befunde zu bewerten sowie selbst fachliche Fragen zu stellen und zu klären. Sie befähigt Studierende, Zusammenhänge zwischen Forschungsergebnissen und beruflichen Problemstellungen herzustellen. Die Studierenden erlernen wissenschaftsethische Standards und berücksichtigen diese im Studium und in künftigen beruflichen Positionen.

  • Wir behalten in unserer Lehre den ganzheitlichen Bildungsauftrag der Universität im Blick.

    Es greift zu kurz, den Studienerfolg allein an erworbenem Wissen und erbrachten Prüfungsleistungen zu messen. Vielmehr zählen auch die Persönlichkeitsentwicklung der Studierenden, motivationale, emotionale und soziale Kompetenzfacetten sowie der verantwortungsvolle Einsatz erreichter Kenntnisse und Fähigkeiten zu den zentralen Zielen des Studiums an der Friedrich-Schiller-Universität. Gute Lehre zielt auf die aktive Teilhabe an demokratischen Gesellschaften ebenso wie auf die Fähigkeit und Bereitschaft, sich angesichts ständig wandelnder Herausforderungen selbstständig immer neu zu orientieren.

  • Wir stellen uns in unserer Lehre dem Umgang mit Vielfalt.

    Ein diskriminierungsfreier, von Akzeptanz geprägter Umgang unter sowie zwischen Studierenden und Lehrenden ist unabdingbare Voraussetzung für gelingendes Lernen. Wir betonen die Chancen, die mit der Vielfalt unter Studierenden und Lehrenden verbunden sind. Für daraus resultierende Herausforderungen in der Lehre entwickeln wir Lösungen. Die diversen Lernvoraussetzungen der Studierenden berücksichtigen wir bei der Entwicklung von Studienprogrammen und Lehrkonzepten.

  • Wir tragen in der Lehre der Verschiedenartigkeit der Forschungskulturen Rechnung.

    Unsere Forschungskulturen werden durch zahlreiche Faktoren sehr unterschiedlich geprägt. Daraus resultieren nicht nur unterschiedliche Forschungsmethoden und verschiedenartige Blickwinkel auf die Welt, sondern auch die Notwendigkeit, in der Lehre fachspezifisch passende Konzepte, Arbeitsformen und Formate zu entwickeln. Wir respektieren diese Verschiedenheit von Zugängen zu fachlichen Fragen in der Lehre und setzen uns für die dafür erforderlichen Rahmenbedingungen ein.

  • Wir bieten in unserer Lehre interdisziplinäre Perspektiven.

    Viele wissenschaftliche und gesellschaftlich relevante Fragestellungen sind nur im Rahmen interdisziplinärer Kooperationen zu lösen. Voraussetzung hierfür sind Offenheit und Respekt für andere Fachkulturen sowie das Bewusstsein für Grenzen der eigenen fachlichen Perspektiven. In unserer Lehre leben wir diese Haltung vor. Auf verschiedenen Ebenen und in verschiedenen Formaten unterbreiten die Lehrenden den Studierenden interdisziplinär angelegte Lernangebote.

  • Wir würdigen und unterstützen Engagement in der Lehre.

    Wir setzen uns für Rahmenbedingungen ein, in denen Lehre in der Breite auf hohem Niveau realisiert werden kann. Besonderes Engagement, Ideenreichtum und herausragende Leistungen in der Lehre werden an der Friedrich-Schiller-Universität gefördert, sichtbar gemacht und ausgezeichnet. Wir bieten Lehrenden die nötigen Gestaltungsräume für die Entwicklung und Umsetzung neuer Ideen und Konzepte. Bei der Beurteilung wissenschaftlicher Leistungen berücksichtigen wir als Leistungsdimensionen sowohl Forschung als auch Lehre.

  • Wir entwickeln die Lehre an unserer Universität kontinuierlich weiter.

    Lehre kann nur dann immer besser werden, wenn sie am Erreichen ihrer Ziele gemessen wird. Dies erfordert geeignete Instrumente, um Lernergebnisse und Desiderata nachvollziehbar zu machen. Entsprechende Befunde werden von den Fächern in eigener Verantwortung für die Weiterentwicklung der Lehre genutzt. Die Friedrich-Schiller-Universität stellt daher Unterstützungsstrukturen zur Lehrevaluation und zur hochschuldidaktischen Qualifizierung bereit und entwickelt diese stetig weiter.

  • Wir pflegen den Diskurs über unsere lehrbezogenen Werte.

    Die Weiterentwicklung der Lehre berührt ganz wesentlich auch normative Aspekte. Dazu zählen die Fragen, was unter guter Lehre zu verstehen ist, welche Mindeststandards wir in der Lehre nicht unterschreiten wollen und welche übergeordneten Werte für die Friedrich-Schiller-Universität in der Lehre leitend sein sollen. Der Diskurs über diese und ähnliche Fragen gehört für uns zur Qualitätsentwicklung. Lehrende und Studierende führen ihn regelmäßig und universitätsöffentlich in verschiedenen Formaten.

Prinzipien guter digitaler Lehre

Die Universität Jena versteht sich als Präsenzuniversität. Begegnung und Austausch in Präsenz sind für das akademische Lernen deshalb unerlässlich. Gleichzeitig stellt sich die Digitalisierung der Hochschullehre als anhaltender und dynamischer Prozess dar. Durch zunehmende Erfahrungen von Studierenden und Lehrenden werden Potenziale digitaler Lernangebote immer deutlicher sichtbar. Für digitale Lernformen gelten die Prinzipien guter Lehre. Da digitale Lernumgebungen Lehrende und Studierende vor besondere Herausforderungen stellen, ergänzen die folgenden Prinzipien guter digitaler Lehre die o.a. Prinzipien guter Lehre mit einem spezifischen Fokus auf den digitalen Lernkontext.

  • Lehrende sichern die Qualität digitaler Lehr- und Lernangebote (Prinzip 1)

    Die klassischen Lehr- und Lernformate werden durch digitale Inhalte beständig ergänzt und erweitert. Die Nutzung digitaler Ressourcen kann den akademischen Lehrbetrieb bereichern, wenn eine sachkundige Auswahl, Modifikation und Kommentierung durch Lehrende erfolgt. Die verbindliche Aufgabe der Lehrenden besteht also darin, die Qualität der digitalen Lehr- und Lernangebote zu sichern, diese auf die spezifischen Voraussetzungen und Bedürfnisse der Studierenden sowie auf die Prüfungsziele anzupassen und die rechtlichen Rahmenbedingungen einzuhalten. In diesem Sinne bleiben Lehrende auch in der digitalen Lehre unverzichtbar und verantwortlich für die Gestaltung der Lehr- und Lernangebote.

  • Digitale Lehre ist ein sozialer und kommunikativer Prozess (Prinzip 2)

    In digitalen Lehrumgebungen ist der Austausch zwischen Lehrenden und Studierenden und unter Studierenden stets durch das digitale Medium vermittelt. Diese Mittelbarkeit stellt die Gestaltung von sozialen Beziehungen vor besondere Herausforderungen. Digitale Lehre ist als sozialer Prozess zu verstehen und zu gestalten. Lehrende fördern studentisches Lernen, indem sie kontinuierlich in relevanten Phasen des Lernprozesses zielgerichtet in Interaktion mit Studierenden treten. Sie konzipieren digitale Lehrangebote auch unter Berücksichtigung der Barrierefreiheit so, dass sie für alle Studierende in geeigneten Phasen des Lernprozesses Gelegenheiten bieten, miteinander in Kommunikation zu treten bzw. kollaborativ zu arbeiten.

  • Die Auswahl digitaler Lehrwerkzeuge erfolgt mit Blick auf didaktische Ziele (Prinzip 3)

    Die klassischen Lehr- und Lernmethoden werden durch digitale Werkzeuge beständig erweitert. Der Einsatz digitaler Elemente allein stellt aber noch keine gute Lehre dar. Ebenso wie Präsenzformate werden auch digitale Lehr- und Lernangebote in Abhängigkeit von konkreten Zielstellungen und situativen Anforderungen entwickelt. Zielklarheit ermöglicht eine fundierte Entscheidung darüber, an welchen Stellen des Lehrgeschehens digitale respektive analoge Formate besondere Potenziale entfalten und wie diese ggf. miteinander verschränkt werden können. In diesem Sinn erweitern digitale Lehrangebote das Medien- und Methodenspektrum und ermöglichen eine noch genauere Abstimmung von Lernzielen, Lehrmethodik und Leistungsmessung.

  • Digitale Lehre erfordert eine besondere Feedbackkultur (Prinzip 4)

    Fehlender persönlicher Kontakt erschwert unmittelbare Rückmeldungen von Lehrenden zu Lernprozessen und -ergebnissen der Studierenden. Gezieltes, regelmäßiges und transparentes Feedback ist gerade in digitalen Lernumgebungen bedeutsam, um Studierenden Orientierung und adäquate Selbsteinschätzung zu ermöglichen. Lernförderliches Feedback benötigt immer klare Kriterien und sollte während des Lernprozesses erfolgen. Neben dem Feedback durch die Lehrperson kann hierbei auch auf Formen des Peer-Feedbacks (unter den Studierenden) sowie Lehrevaluationen (als Feedback an die Lehrenden) zurückgegriffen werden.

  • Digitale Lehr-Lern-Formate werden ressourcensensibel gestaltet (Prinzip 5)

    Die Digitalisierung ist mit einer rasanten Zunahme frei zugänglichen Wissens und neuartiger Möglichkeiten der Wissensvermittlung und der Interaktion zwischen Lehrenden und Studierenden sowie unter Studierenden verbunden. Gleichzeitig sind beim Lehren und Lernen zeitliche und kognitive Verarbeitungsgrenzen zu berücksichtigen. Die Auswahl und Priorisierung von Lehrinhalten und der ressourcensensible Einsatz insbesondere von digital gestützten Lehr-Lern-Formaten sind deshalb wichtig, um den Arbeitsumfang bei Studierenden und Lehrenden angemessen zu gestalten.

Zur Konkretisierung der Prinzipien guter digitaler Lehre

Übersichtstabelle Konkretisierung Prinzipien guter digitaler Lehre

Foto: Akademie für Lehrentwicklung

Die „Prinzipien guter digitaler Lehre“ sind notwendigerweise abstrakt formuliert. Das Expertengremium der ALe hat daher verschiedene Vorschläge zur Konkretisierung und Umsetzung zusammengestellt. Sie sollen Lehrenden als Anregung dienen, eigene digitale oder hybride Lehrangebote nach den „Prinzipien guter digitaler Lehre“ zu gestalten. Die Konkretisierungen werden den Entwicklungen im Bereich der digitalen Lehre entsprechend aktualisiert.

Über die folgende Navigation gelangen Sie zu den konkretisierenden Lehrszenarien und und Best-Practice-Beispielen. Alternativ stehen sowohl die "Prinzipien guter digitaler Lehre" als auch das entsprechende Anhangdokument "Zu Konkretisierung der "Prinzipien guter digitaler Lehre" als pdf-Version im Downloadbereich zur Verfügung.