Die Weimarer Republik und Demokratie waren nur von kurzer Dauer. Im universitären Milieu hatten sie ohnehin kaum Rückhalt gefunden. Mit der Wirtschafts- und Staatskrise 1929/30 begann ihre Agonie. In einigen Ländern – erstmals 1930/31 in Thüringen – probte die NSDAP legale Wege der „Machtergreifung". Seit Sommer 1932 stellte sie in Thüringen und anderen kleineren Ländern die Landesregierungen.
Für Universitäten und Hochschulen brachen mit Staatskrise, NS-„Machtergreifung" und doppelbödiger „Gleichschaltung" unsichere Zeiten an. Sie büßten ihre Selbstverwaltungsrechte ein und wurden dem „Führerprinzip" unterworfen, Hochschullehrer und Studierende in „Dozenten-" und „Studentenschaften" zusammengefasst. Allerdings hielten sich die Eingriffe in solche Elitenstrukturen in Grenzen. Der Physiker Esau wurde als Rektor im Amt bestätigt, während es an vielen anderen Universitäten zum Rektoratswechsel kam. Flugs trat er der NSDAP bei. Ende 1933 wurde die Hauptsatzung im Sinne der „Gleichschaltungs"-Maßnahmen geändert und Esau „Führer-Rektor". Doch hatte auch die Jenaer Universität ihre Schwierigkeiten. Vor allem mit dem seit Sommer 1932 amtierenden und für sie zuständigen NS-Volksbildungsminister Wächtler und seiner Clique.
Wächtler forderte die Jenaer Universität zu ihrem 375. Gründungsjubiläum (Juni/Juli 1933) auf, sich „der lebendigen revolutionären Gegenwart" zu öffnen. Dieses Jubiläum stand ebenso im Zeichen der „nationalen Erhebung" wie im Schatten des am 26. August 1933 groß inszenierten Jahrestages nationalsozialistischer „Machtergreifung in Thüringen". Im Februar 1934 warf ein Vertrauter Wächtlers der Professorenschaft „Reaktions- und Kastengeist" vor. Man habe sie vor der „marxistischen Pest" geschützt und erwarte jetzt von ihr, dass sie sich der „Volksgemeinschaft" einfüge und ihr die „geistige Faust" reiche. Hinter solchen Attacken standen akademikerfeindliche Positionen wie handfeste Machtinteressen und Rivalitätskonflikte der NS-Gau- und Landesprominenz. Wächtler wollte sich als Innen- und Volksbildungsminister eine Hausmacht gegen den Gauleiter und Reichsstatthalter Sauckel aufbauen. Dafür suchte er in Jena den Zugriff auf Universität und Carl-Zeiss-Stiftung. Beide unterstanden seiner Dienstaufsicht. Die Attacken sollten die Universität gefügig machen.
In dieser Situation bestand – wie der für die Universität zuständige Ministerialrat Stier ein Jahr später notierte – bei dem 375. Gründungsjubiläum 1933 „keine Neigung, der Universität den Namen Johann-Friedrich Universität zu geben." Wieder einmal – freilich aus ganz anderen Gründen als nach 1918 – passte dieser Name nicht in eine „neue Zeit". Der Universität stand wahrlich nicht der Sinn danach, sich wegen eines fürstlichen Namenspatrons reaktionäre Gesinnung vorwerfen zu lassen. Auch gab es keinen direkten Anlass, nach einem Namenspatron zu suchen. Der Name „Landesuniversität" erinnerte zwar an „Systemzeit", liberale und sozialdemokratische Gründer. Doch das schien spätestens seit der NS-„Machtübernahme" im Land Thüringen überwunden.
Ein Jahr später sah vieles schon anders aus. Das NS-Regime konsolidierte sich und nahm Kurs auf seine eigentlichen Ziele. Der inneren sollte die äußere „Neuordnung" durch Krieg folgen. Dazu brauchte man die alten Eliten, Hochschulen und Wissenschaft. Nun suchte man nach geeigneten Symbolfiguren „nationaler" und „volksgemeinschaftlicher" Integration. Mit „Gleichschaltung" und „Verreichlichung" büßten die Länder ihre eigenstaatlichen Rechte ein. Ihre Kompetenzen gingen auf das Reich über. Die Länderressorts wurden nahezu bedeutungslos. Zu neuen quasistaatlichen Regionalstrukturen wurden die NS-Gaue. Die waren meist nicht an alte Landes- und Provinzialstrukturen gebunden. Seit Mai 1934 gab es ein Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung, das die Kontrolle aller Universitäten beanspruchte.