Ein Interview mit der Neurowissenschaftlerin Regine Zopf

Regine Zopf

Foto: Regine Zopf

Liebe Frau Zopf, bei meiner Vorbereitung auf das Interviw habe ich Sie beim Department of Cognitive Science der Macquarie University in Sydney gefunden. Sie stammen ja ursprünglich aus Thüringen und sind durch ein Stipendium wieder zurück gekommen. Könnten Sie kurz die Situation beschreiben, in der Sie erfahren haben, dass Sie der Weg wieder zurückführt - wie war das für Sie?

Wir hatten das schon länger geplant, seit etwa zwei Jahren, und dachten, es wäre schön, mal wieder ein Jahr in Thüringen zu verbringen. Wir waren vor ein paar Jahren schon einmal für vier Monate hier, auch für einen Forschungsaufenthalt. Mein Mann ist auch in der Forschung tätig, er arbeitet in der Optik, und wir hatten ein Sabbatical gemacht. Das ist nun fünf Jahre her und er konnte nun wieder ein Sabbatical machen, deswegen hat das ganz gut gepasst. Durch meinen Aufenthalt vor vier Jahren habe ich gut anknüpfen können und kannte schon ein paar Leute, das hat geholfen. Die habe ich dann kontaktiert, mein Interesse bekundet und wir haben dann gemeinsam geschaut, welche Möglichkeiten es gibt und sind dann auf das Jena Excellence Fellowship Programme gestoßen.

Ist es Ihnen leicht gefallen, die Kontakte wieder aufzunehmen oder auf diese Kontakte zurückzugreifen?

Dadurch, dass ich diese Kontakte schon hatte, war es einfach. Ich war vor zwei Jahren schon einmal kurz zu Besuch hier und habe Herrn Professor Bär, den Leiter der Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie besucht. Wir haben uns über meine Forschung ausgetauscht und besprochen, dass ein Forschungsaufenthalt daher inhaltlich ganz gut passen würde.

Welches Forschungsthema beschäftigt Sie aktuell, was ist das Kernthema Ihres Forschungsaufenthaltes?

In der Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie gibt es viele Patient*innen mit Essstörung und ich beschäftige mich mit der Körperbildwahrnehmung bei der Essstörung. Ich untersuche Verzerrungen in der Wahrnehmung des eigenen Körpers.

Wie empfinden Sie die Betreuungssituation innerhalb Ihres Institutes und den wissenschaftlichen Austausch? Ist es trotz Pandemie möglich, in die Diskussion zu kommen und aktuelle Forschungsergebnisse in den Diskurs einzubringen?

Ja, auf jeden Fall. Wir haben wöchentliche Meetings und ich werde da unterstützt, das ist sehr nett.

Was schätzen Sie innerhalb des Institutes ganz besonders?

Das ist eigentlich der freundliche Umgang miteinander, sehr nett und immer unterstützend. Wenn etwas fehlt, wird zusammen im Team nach einer Lösung gesucht.

Könnten Sie uns einmal eine Situation beschreiben, in der Sie sich besonders über Unterstützung gefreut haben?

Also beispielsweise rekrutiere ich gerade Proband*innen für meine Studie und das Team hat mir dabei sehr viele Vorschläge gemacht, wie ich erfolgreich vorgehen kann und was für Möglichkeiten ich habe. Bei diesen praktischen Fragestellungen fühlte ich mich sehr unterstützt.

Wie gestaltet sich denn Ihr Forschungsalltag hier in Jena? Könnten Sie uns einen Einblick in die Dynamik Ihres Forschungsalltages geben? Pendeln Sie zwischen Institut und Büro, Klinik oder können Sie im Home Office arbeiten?

Home Office habe ich in den letzten Monaten sehr viel gemacht, aber jetzt bin ich eher am Testen. Am Anfang meines Forschungsaufenthaltes habe ich das Studienprotokoll geschrieben und den Ethikantrag eingereicht, da habe ich viel von Zuhause aus gemacht. Jetzt ist mein Ethikantrag durch und ich kann mit dem Testen und dem Kontakt mit Proband*innen anfangen und bin wieder eher an der Uni, am Klinikum und in Laboren.

Ist es geplant, dass Sie die Daten auch direkt in Jena auswerten, soll es eine Verschriftlichung Ihrer Ergebnisse geben?

Genau, ich werde sicher noch einige Monate testen, denn ich brauche einige Versuchspersonen.  Ich nehme an, dass es bis Mai oder Juni braucht. Vielleicht kann ich auch parallel dazu schon die Ergebnisse auswerten. Mein Stipendium wurde bis Juni verlängert, um auch möglichst viele Patient*innen zu testen.

Frau Zopf, ich habe Sie auf Twitter gefunden, wo Sie ein paar Dinge zur aktuellen Corona-Situation geteilt haben. Was bedeutete denn Corona hier für Ihre Familie in Thüringen und in Australien? - Auch für Ihre Freund*innen und Ihren Bekanntenkreis?

In Australien waren die Grenzen geschlossen als Corona anfing. Es ging mit der Grenze zu China los und dann ganz generell, so dass es sehr schwer war, nach Australien ein- und auszureisen, was ich damals als sehr negativ empfunden habe. Es war dann auch für uns die Frage, wie kommen wir überhaupt nach Jena? Wir mussten unsere Ankunft zweimal verschieben, Als wir dann hier waren, war Australien für vier Monate im Lockdown. Zur Situation in Deutschland - am schlimmsten trifft es uns natürlich auch, wenn die Schulen schließen. Davor zittern wir immer ein bisschen, denn das würde natürlich auch unsere Arbeit betreffen.

Ist denn Ihr Forschungsaufenthalt hier in Jena gut mit dem familiären Alltag vereinbar?

Ja, doch sehr. Die Schule, an der unsere Kinder sind, hat auch einen Hort und wir können unser kleines Kind am Nachmittag abholen. Unsere große Tochter ist schon selbstständig, das ist kein Problem. Es gibt auch keine Hausaufgaben an der Schule, das bedeutet weniger Stress.

An welcher Schule sind denn Ihre Kinder?

An der Montessori Schule in Jena Nord.

Jena Nord - das leitet wunderbar zu meiner nächsten Frage über, denn ich möchte gerne von Ihnen wissen: Stadt, Wald oder Fluss? Wo finden Sie am meisten Erholung nach der Arbeit? 

Wald, eindeutig!

Und haben Sie eine Lieblingsstrecke hier um Jena?

Ja, wir laufen sehr gerne zum Fuchsturm, gerne mit dem Blick auf Ziegenhain, hoch und auf der anderen Seite wieder runter.

Haben Sie denn auch einen Lieblingsort zum Verweilen in der Stadt, vielleicht ein Cafe, in dem Sie sich immer wieder sehr wohl fühlen oder in Pausen gut abschalten können?

Wir gehen gerne zum Markt 11, dort ist der Kaffee sehr lecker.

Worauf haben Sie sich am meisten gefreut als klar war, dass Sie wieder nach Thüringen kommen? Welches Gefühl verbinden Sie denn mit Thüringen?

Also hauptsächlich Familie und Freunde. Meine Familie wohnt in der Nähe von Erfurt und mein Bruder ist auch hier in Jena. Und natürlich die Natur, das ist etwas, dass wir sehr schätzen. Wir haben uns sehr darauf gefreut, wandern zu gehen und auch in Jena draußen zu sein.

Wie hat sich denn Ihr Umzug gestaltet als klar war, dass es Ihr Aufenthalt in Jena für ein ganzes Jahr ist? Wie haben Sie das organisiert - hatten Sie Unterstützung von der Uni?

Bei der Wohnungssuche gab es ein bisschen Unterstützung. Wir hatten versucht, im Gästehaus der Universität unterzukommen, aber das hat nicht geklappt für den geplanten Zeitraum. Wir haben dann bei ebay Kleinanzeigen nach Wohnungen gesucht und hatten großes Glück, denn wir haben genau für unseren Zeitraum eine Wohnung zur Zwischenmiete gefunden. Die Besitzer*innen sind in den Elternurlaub gegangen und wir konnten die Wohnung möbliert übernehmen. Ich weiß nicht, wie wir es sonst gemacht hätten, denn es war ganz schwer, etwas Möbliertes zu finden. Für die vier Monate damals hatten wir eine Ferienwohnung, aber für ein ganzes Jahr war es deutlich schwieriger.

Haben Sie denn einen Tipp für Gastwissenschaftler*innen, die in einer ähnlichen Situation sind wie Sie, vielleicht auch Kinder mitbringen möchten? 

Früh schauen und neben den Angeboten der Uni auch auf weiteren Plattformen suchen, breit suchen und auch ein bisschen auf Glück hoffen.

Ich habe noch eine Frage an Sie: gibt es denn etwas, dass Sie gerne nach Australien mitnehmen möchten? Es muss nichts Materielles sein, es kann auch eine Idee sein oder eine schöne Erinnerung.

Ich nehme auf jeden Fall die Forschungserfahrung die ich hier mache mit, denn es ist auch für mich etwas Neues, in einer anderen Gruppe zu arbeiten und zu schauen, wie diese so vorgeht.

Unterscheidet sich das denn sehr von Ihrer Arbeit, die Sie bis kurz vor Ihrer Abreise in Australien gemacht haben, war das denn ein völlig neues Feld?

Nein, nicht ganz neu, aber so dicht mit Patient*innen habe ich nicht gearbeitet, nicht direkt in einer Klinik.

Vielen Dank Frau Zopf für das Interview!

Vielen Dank, es hat mir Spaß gemacht!