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Meldung vom: | Verfasser/in: Vivien Busse
„Es geht um das fundamentale Verständnis der Natur“ – so beschreibt Prof. Dr. Stefan Flörchinger sein Forschungs- und Tätigkeitsfeld. Er ist neuer Professor für Theoretische Physik und Quantenfeldtheorie am Theoretisch-Physikalischen Institut der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Als theoretischer Physiker geht es ihm im Kern darum, physikalische Gesetze auf fundamentalster Ebene zu verstehen und weiterzuentwickeln.
Quantenfeldtheorien sind der Unterbau verschiedener anderer physikalischer Theorien. Einerseits lässt sich Materie damit beschreiben, also das Verhalten und Zusammenspiel von z. B. Elektronen oder Atomen, wie etwa in der Chemie, andererseits auch elektromagnetische Wellen, wie etwa Licht. „Konkret beschäftige ich mich mit dem Zusammenhang von verschiedenen physikalischen Aspekten, z. B. damit, wie die Quantenfeldtheorie und die Informationstheorie zusammenhängen“, erklärt Flörchinger. Gemeinsam mit seinen Kolleginnen und Kollegen untersucht er außerdem, wie verschiedene physikalische Gesetze auseinander hervorgehen und wie sie zusammenhängen. Weitere Schwerpunkte seiner Forschung sind die Kosmologie (die Beschreibung des Universums als Ganzes), die Fluiddynamik (das Strömungsverhalten von Flüssigkeiten), Hochenergie-Atomkernkollisionen oder ultrakalte Quantenflüssigkeiten, bei denen Quanteneffekte aufgrund der Temperatur eine Rolle spielen.
Mit Kreativität auf Themensuche
„Mein Fachbereich verbindet die verschiedenen Themenfelder der Physik. Aber er ist auch interdisziplinär aufgestellt, denn so sind viele Theorien beispielsweise für die Mathematik ebenfalls interessant“, sagt Stefan Flörchinger. Besonders motiviert ihn an seiner Arbeit die Freiheit, die er als Theoretiker hat. Einerseits könne er sich seine Forschungsthemen frei auswählen, andererseits sei es auch eine Aufgabe, die Ergebnisse und Themen anderer Forschender einzuordnen, sie miteinander zu verbinden und eine Synthese daraus zu schaffen. „Hauptamtlich beschäftigen wir uns mit Ideen und versuchen, die tragenden Ideen von den weniger erfolgversprechenden zu separieren. Dabei kann man sich ausprobieren, kreativ sein und ein Stück der Natur erklären.“ Seine eigenen Ideen und seine Inspiration entwickelt der Physiker vor allem im Gespräch mit seinen Kolleginnen und Kollegen in Jena, aber auch beim Austausch mit Fachkollegen bei internationalen Workshops und Konferenzen. Sein breit aufgestelltes Forschungsfeld hilft ihm zusätzlich dabei, seine Arbeit aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten.
Bereits zu Schulzeiten weckte ein Lehrer seinen Entdeckergeist. Dieser erklärte ihm, dass etwa in den Naturwissenschaften noch nicht alles entdeckt sei. Aus diesen Lücken schöpft Stefan Flörchinger seitdem seine Motivation. „Mit intellektueller Kraft können wir Zusammenhänge aufdecken und dadurch Phänomene oder Bereiche der Natur beschreiben und erklären“, sagt der 40-jährige. Dies will er auch seinen Studierenden in der Vorlesung zur Quantenfeldtheorie vermitteln.
Die digitale Lehre weiterentwickeln
Besonders angetan ist der Physiker von der digitalen Entwicklung an der Universität Jena. „Ich habe den Eindruck, dass die digitale Lehre hier in Jena ernster genommen wird als andernorts. Es herrscht große Offenheit, Neues auszuprobieren.“ Flörchinger möchte sich dabei engagieren und mitwirken. Erste Ideen hat er dafür bereits: Studierende sollen bei der digitalen Umsetzung und Gestaltung von Vorlesungen mit planen. „Studierende wissen am besten, was für sie gut funktioniert und was nicht.“ Damit will Stefan Flörchinger seine Studierenden in die Lehre einbinden und ihnen Entscheidungsfreiraum geben. Zugleich soll das Angebot denjenigen helfen, die später selbst in die Lehre gehen möchten.
Förderung für ein akademisches Atelier
Kaum in Jena angekommen und eingelebt, kümmerte sich Flörchinger direkt um die Umsetzung seiner Idee. Es soll ein „Akademisches Atelier“ entstehen – eine Werkstatt zur Erstellung digitalen Lehr- und Lerninhalte. Davon sollen neben Physik- und anderen MINT-Studierenden mittelfristig auch Studierende weiterer Fachrichtungen und Lehrkräfte an Schulen profitieren. Gleichzeitig dient das Atelier als Entwicklungsplattform, um neueste Technologien auszuprobieren und weiterzuentwickeln. Der Stifterverband und das Land Thüringen unterstützen ihn beim Aufbau seines „Akademischen Ateliers“ mit einem kürzlich vergebenen „Fellowship für Innovationen in der digitalen Hochschullehre“. Die Fellowships werden vom Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft und dem Stifterverband vergeben und unterstützen ausgewählte Projekte mit bis zu 50.000 Euro.
Zur Person
Stefan Flörchinger wurde in Friedrichshafen geboren und studierte Physik an der Universität in Heidelberg und der University of Cambridge in England. Seine Promotion zum Thema „Funktionale Renormierung und ultrakalte Quantengase“ schloss er 2009 in Heidelberg mit summa cum laude ab. 2012 erhielt er ein Forschungsstipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und war anschließend Research Fellow am CERN in der Schweiz. 2018 habilitierte sich Flörchinger an der Universität Heidelberg. Vor seinem Wechsel nach Jena war Flörchinger dort als Privatdozent tätig und leitete eine Arbeitsgruppe in der Theoretischen Physik.