Meldung vom: | Verfasser/in: Sebastian Hollstein
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Das europäische Forschungskonsortium environMENTAL will Mechanismen aufdecken, durch die Phänomene wie Klimawandel, Verstädterung und die COVID19-Pandemie psychische Krankheiten auslösen können. Zum Konsortium gehört auch ein Team aus der Fernerkundung der Universität Jena um PD Dr. Sören Hese. Das Forschungsprojekt startet heute (7.9.22) offiziell mit einem Treffen der Beteiligten im italienischen Volterra und hat eine Laufzeit bis Mai 2027. Es wird von der Europäischen Union mit neun Millionen Euro gefördert.
Das von der EU geförderte Projekt environMENTALExterner Link unter der Leitung von Prof. Dr. Gunter Schumann von der Charité und der Fudan-Universität Shanghai wird die Auswirkungen von Klimaveränderungen, Umweltverschmutzung, Urbanität, regionalen sozioökonomischen Bedingungen sowie von durch die Covid19-Pandemie hervorgerufenem psychosozialen Stress auf die Gesundheit des Gehirns untersuchen und die zugrundeliegenden biologischen Mechanismen charakterisieren. Die Forschenden wollen Daten von mehr als einer Million gesunder und erkrankter Menschen aus Europa analysieren, um Gehirnmechanismen aufzudecken, die mit Umweltbelastungen zusammenhängen und zu Symptomen von Depression, Angst, Stress und Drogenmissbrauch führen. Sie werden dafür Daten, die mit Hilfe von Fernerkundungssatelliten, Klimamodellen, Messungen der Atmosphäre, öffentlichen Ressourcen sowie digitalen Gesundheitsanwendungen gewonnen wurden, mit Daten der Menschen in Beziehung setzen. Dabei kommen komplexe Computermodelle auf der Grundlage künstlicher Intelligenz zum Einsatz, um die Auswirkungen von Umweltherausforderungen auf die Struktur und Funktion des Gehirns aufzuzeigen.
Jena übernimmt die Kartierung städtischer Strukturen
Im Datenbereich liegt der Schwerpunkt der Jenaer Arbeiten. Die Friedrich-Schiller-Universität wird die Berechnung von Urbanisierungsschichten aus Satellitendaten der europäischen Sentinel-Satellitensensoren, Landsat-Satellitendaten sowie digitalen TanDEM-X-Höhendaten für verschiedene europäische Länder leiten. „Die Kartierung städtischer Strukturen spielt in diesem Projekt eine entscheidende Rolle, da die Verstädterung als ein wichtiger Risikofaktor für die psychische und geistige Gesundheit angesehen wird“, sagt Sören Hese. Die Universität Jena wird einige der wichtigsten städtischen Großstadtregionen Europas und auch ländliche Gebiete untersuchen, um die Auswirkungen der Urbanität auf die psychische Gesundheit und die Entwicklung des menschlichen Gehirns zu berechnen. Zu den Gebieten gehören Island, Großbritannien, Dänemark, Norwegen, Schweden, Estland, Deutschland, Frankreich und Südchina.
Ziel sind neue Arzneimittel und digitale Gesundheitslösungen
An eine Identifizierung der relevanten molekularen Signalwege durch das Forschungskonsortium soll sich das Screening pharmakologischer Verbindungen anschließen, um Moleküle zu identifizieren, die mit krankheitsverursachenden Molekülen interagieren. Das ebnet den Weg zur Entwicklung neuer Arzneimittel. Parallel dazu werden digitale Gesundheitslösungen unter Verwendung von virtueller Realität (VR) entwickelt, um Menschen mit einem Risiko für umweltbedingte psychische Erkrankungen bei der Bewältigung von entsprechendem Stress zu unterstützen. Die Teilnehmenden werden verschiedenen psychosozialen Umweltszenarien ausgesetzt – z. B. Überfüllung oder Lärm – und trainiert, mit diesen Herausforderungen umzugehen. Darüber hinaus werden sie Zugang zu einem virtuellen Therapeuten erhalten, der sie bei der Überwindung von Ängsten und Depressionen unterstützt. Dies wird mit digitalen Gesundheitsbewertungen verknüpft, wobei eine Reihe von neuropsychologischen Tests zusammen mit einer Smartphone-App zur Erfassung des täglichen Lebens bei gesundheitlichen Problemen in Verbindung mit Umweltfaktoren entwickelt wird. Bei allen Aktivitäten will das Konsortium großen Wert auf eine frühzeitige und umfassende Einbeziehung der Interessengruppen legen und wird sich an die höchsten ethischen und Sicherheitsstandards halten.
Das environMENTAL-Konsortium
Das Forschungskonsortium vereint international führende Forschende der Charité Berlin, des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit, der Universitätskliniken Schleswig-Holstein und Bonn, der Universitäten Aix Marseille, Barcelona, Jena, Oslo, Potsdam und der FU Berlin, des Radboud University Medical Centre, des Institute of Science and Technology Austria gemeinsam mit den europäischen KMU: Life and Brain GmbH, KSILINK, Virtual Bodyworks SL und ARTTIC Innovation GmbH, unterstützt von der Fudan University, Georgia State University Research Foundation, University of Southern California, King's College London, De Montfort University und Google LLC.