Ein neues Palastgebäude

Chung-Ang University

Wintersemester 2021/22
Ein neues Palastgebäude
Foto: Nina, Uni Jena
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Meldung vom:

Nina, Bachelorstudentin Kunstgeschichte und Filmwissenschaft, Interkulturelle Wirtschaftskommunikation

Wintersemester 2021/22

Mein Auslandssemester im Wintersemester 2021/22 habe ich an der Chung-Ang Universität in Seoul in Südkorea verbracht. Meine Studienfächer sind Kunstgeschichte und Filmwissenschaft sowie Interkulturelle Wirtschaftskommunikation im Nebenfach. In Korea habe ich mich für den Studiengang Film Studies in der Kunstfakultät beworben. So nahm ich an einem Grundkurs zur Filmanalyse und einigen Kursen des dortigen Internationalen Büros teil. Im Großen und Ganzen bin ich mit meinem Auslandssemester sehr zufrieden und schätze es sehr, diese Chance erhalten zu haben. Jedoch gibt es auch einige Punkte, die als negativ aufgefasst werden können und über die man sich bewusst sein muss, wenn man ein Auslandssemester in Korea plant. Aufgrund von einem vorherigen Besuch meinerseits in Korea und Freunden, die ich als Austauschstudierende in den vergangenen Jahren in Jena kennengelernt hatte, konnte ich schon ahnen, welche Situationen vorkommen könnten. Deshalb kann ich auch nur wärmstens empfehlen, sich schon vorab über die koreanische Kultur zu informieren und bestenfalls einen Grundkurs der koreanischen Sprache zu belegen. Korea ist noch immer ein sehr homogenes Land und für viele Koreaner ist es nicht selbstverständlich Englisch zu sprechen. Dies liegt ebenfalls an der Kultur, da die Menschen oftmals zu schüchtern sind, um ihr erlerntes Englisch anzuwen-den oder schlichtweg nicht offen auf eine andere Person zugehen würden. Hier gilt meist das Motto: Minding my own business. Dies muss nicht vollkommen als negativ wahrgenommen werden, jedoch sollte man sich dessen bewusst sein und Eigeninitiative ergreifen können. Viele Ausschilderungen, Internetseiten, Museen bzw. Ausstellungen, Restaurants, Cafés und Applikationen für das Handy funktionieren nur auf Koreanisch oder werden nur in Form der koreanischen Schriftzeichen ausgeführt, weshalb ich es für wichtig erachte, diese lesen zu können. Hierfür reicht oftmals ein einfaches Grundniveau, da auch im Koreanischen viele englische Begrifflichkeiten in der koreanischen Schriftweise verwendet werden. Bevor ich auf die Chung-Ang Universität komme, möchte ich jedoch noch ausführlicher auf die koreanische Kultur eingehen.

Korea ist ein sehr homogenes Land, sodass der Anteil an Ausländern nicht hoch ist und diese immer noch als eine Neuigkeit in der Gesellschaft gelten. So wird man oftmals angestarrt, was aus Neugierde sein kann, aber auch in vielen Fällen die Abneigung gegenüber Ausländern darstellt. Ich selbst habe einige Situationen erlebt, in welchen vermieden wurde in Bus und Bahn neben mir zu sitzen, sich abfällig auf Koreanisch oder Englisch geäußert wurde oder auch in universitärer Sicht kein guter Umgang mit den Austauschstudierenden gepflegt wurde. Des Weiteren gibt es einige Örtlichkeiten, in welchen Ausländern der Zutritt ohne jegliche Begründung untersagt wird. Diese Unannehmlichkeiten haben sich aufgrund der Corona Situation noch weiter verstärkt, auch da es in Korea noch kein Anti-Diskriminierungsgesetz gibt. Nach fast 6 Monaten in Korea und vielen Gesprächen mit koreanischen sowie internationalen Freunden habe ich festgestellt, dass Korea ein sehr gutes Land für Menschen ist, die in die Gesellschaft passen und sich dieser fügen. Wer jedoch nicht dazu passt, hat es meist in jederlei Hinsicht schwerer und wird kein Teil der Gesellschaft werden. Diese Anmerkungen meinerseits seien nur dahingestellt, da ich denke, dass man diesbezüglich nicht unvorbereitet in ein neues Land reisen sollte und schlussendlich enttäuscht heimkehrt. Trotz der genannten Unannehmlichkeiten bietet Korea eine Bandbreite historischer und kultureller Erlebnisse, die man mit der europäischen Kultur nicht vergleichen kann. Von Kunstausstellungen über asiatische Kalligrafie, den vielen Museen (die zumeist umsonst sind) und die zahlreichen Paläste aus den früheren Königreichen, die zwischen den Hochhäusern Seouls oder in anderen Städten zu finden sind, mal abgesehen. Traditionelle Märkte und themenbasierte Cafés bieten zudem eine große Auswahl an neuem Essen und Möglichkeiten Freunde zu treffen und beispielsweise während des Kaffeetrinkens ein eigenes Parfüm zu kreieren, Katzen und Hunde (in Tiercafés) zu streicheln oder selbst künstlerisch in Malcafés zu werden. Korea selbst ist außerdem leicht und günstig zu bereisen, da alle Orte mit Zug, Bus und Flugzeug in wenigen Stunden zu erreichen sind. Ein weiteres Highlight ist hierbei die im Süden gelegene Insel Jeju, welche ein subtropisches Klima besitzt und ein traumhaftes Urlaubsziel darstellt.

Banyoung Filmclub
Banyoung Filmclub
Foto: Nina, Uni Jena

Bezüglich der Chung-Ang Universität bemühte sich das dortige Internationale Büro stets um gute Organisation und Kommunikation, was jedoch nicht immer möglich war. Es ist nicht garantiert, einen Wohnplatz im Studentenwohnheim zu bekommen, weshalb ich nach kurzfristiger Ablehnung eine eigene WG suchen musste. Nach der Ablehnung hat die Uni hierbei keinerlei Hilfe angeboten. Auch die weitere Organisation war teilweise sehr chaotisch und nicht gut organisiert. Die vorgesehene Quarantäne nach der Einreise hätte im Idealfall im Wohnheim der Uni stattfinden können. Da weitere Austauschstudierende der Uni Jena und ich keinen Wohnheimplatz bekommen haben, mussten wir diese eigens organisieren und nochmals eine Summe von knapp 550 Euro für die 14-tägige Quarantäne ausgeben, die im Wohnheim bis auf das Essen umsonst gewesen wäre. Bei der Quarantäne selbst gab es zudem viele organisatorische Schwierigkeiten, sodass von der Regierung vorgesehene Thermometer und Hygieneartikel erst nach einer Woche bei uns ankamen. Ein weiteres Problem war das Bestellen des Essens, da dies zwar mit einer koreanischen Handynummer (die ich bereits hatte) möglich ist, jedoch werden nur koreanische Kreditkarten bei den Lieferservices akzeptiert. Da ich die Quarantäne mit zwei weiteren Studentinnen der Uni Jena verbrachte, konnten wir koreanische Freunde meinerseits kontaktieren, die uns über den Zeitraum aushalfen.

Zu Beginn des Semesters bekommen Austauschstudierende ebenfalls einen MentorIn zugewiesen, der/die bei jeglicher Organisation helfen soll. Da die jeweiligen Verantwortlichen jedoch bis zu 10 Mentees zugeteilt bekommen, hatte ich das Gefühl, dass keine persönliche Bindung zu meiner Mentorin möglich war, sodass ich sie auch nie getroffen habe. Aufgrund dessen ist es schwierig koreanische Freunde oder Anschluss bei den koreanischen Studierenden zu finden. So gab es zwar eine Chatgruppe; diese war zu unübersichtlich mit ca. 300 TeilnehmerInnen und es wurden keine Möglichkeiten seitens der Uni zum persönlichen Kennenlernen angeboten. Eine Möglichkeit Anschluss zu finden, ist einem Club beizutreten, was sich jedoch auch als schwierig gestaltete. Einzig über den „Korea-Club“, der speziell zum kulturellen Austausch da ist, wurde informiert. Zudem werden oftmals ausländische Studierende von den Clubs der Uni abgelehnt, da sie die koreanische Sprache nicht beherrschen. Als weiterer Grund wird von den Clubs aber auch ausdrücklich der Fakt genannt, dass die Studierenden nicht aufgenommen werden, da sie keine KoreanerInnen sind. Da ich bereits im Vorab über einen Filmclub der Uni Bescheid wusste, habe ich nach eigenständiger Suche mich bei dem „Banyoung“ (Spie-gelbild/Reflection) Club beworben und wurde freundlich aufgenommen. Da dies nicht selbstverständlich ist, habe ich mich umso mehr gefreut, dass ich ein Mitglied des Clubs werden konnte und mich aktiv auch mit geringen Koreanischkenntnissen einbringen konnte. So wurden aufgrund der Covid-Regelungen zunächst die Clubtreffen online gehalten und Netflix-Partys veranstaltet. Zusätzlich war es möglich, sich in Kleingruppen zu treffen und eigene Kurzfilme zu produzieren oder sich für einen Kinobesuch zu verabreden. Ich nahm aufgrund dessen an vielen Treffen teil und nach geringerer Kontaktbeschränkung waren Treffen im Clubraum und ein anschließender Restaurantbesuch sowie eine Mitgliederversammlung mit Weihnachtsfeier am Ende des Jahres möglich. Somit hatte ich die Möglichkeiten viele neue Leute kennenzulernen und Freundschaften vor allem mit KoreanerInnen zu schließen, da ich einschließlich eines chinesischen Studenten die einzige Ausländerin im Club war. Für den Club bin ich unendlich dankbar, da ich ohne diesen kaum einen Anschluss an der Uni gefunden hätte.
Dies liegt unter anderem auch daran, dass alle Kurse aufgrund der derzeitigen Situation online stattfinden und auch so wenig Kontakt zu anderen Studierenden aufgenommen werden kann. Eine der größten Enttäuschungen seitens der Uni stellte mein Filmkurs dar. Dieser war der einzig englischsprachige Kurs der künstlerischen Fakultät am Seoul Campus der Universität (es gibt einen weiteren Campus außerhalb Seouls). Bereits eine Woche vor Semesterbeginn kündigte der Professor mit einer Mail an, dass nach einer Abstimmung im Kurs, dieser gegebenenfalls auch komplett auf Koreanisch unterrichtet werden könne. Dies führte er mit der Begründung an, dass die koreanischen Studierenden sich mit dem Gebrauch der englischen Sprache nicht wohlfühlen könnten. Die Materialien und Power-Points würden jedoch weiterhin für die Austauschstudierenden auf Englisch verfügbar sein. Nach mehreren Mails zwischen dem Professor und mir wendete ich mich ebenfalls an das internationale Büro, welches mir Hilfe zusprach. Dies geschah jedoch nicht und wirklich ernstgenommen oder willkommen gefühlt habe ich mich seitens der Uni nicht. Weitere Austauschstudierende und ich wurden somit wissentlich von der aktiven Kursteilnahme ausgeschlossen und konnten an Diskussionen nie teilnehmen. Dementsprechend habe ich wenig von diesem für mein Studium relevanten Kurs mitgenommen.

Ein neues Palastgebäude
Ein neues Palastgebäude
Foto: Nina, Uni Jena

Abschließend blicke ich trotz vieler Schwierigkeiten und Hindernisse auf eine lehrreiche und wunderschöne Zeit zurück. Organisatorisch und aufgrund der Covid-Pandemie verstärkten sich viele negative Aspekte umso mehr, jedoch habe ich aus vielen Situationen für die Zukunft lernen können. Besonders in Erinnerung bleiben mir jedoch die Menschen, die ich auf meinem Austausch kennengelernt habe und meine vielen Ausflüge zu den verschiedensten Städten, Sehenswürdigkeiten, Cafés und Restaurants ob allein oder mit meinen Freunden. Für immer wird der Banyoung Film-Club hierbei ein besonderer Teil meines Austauschs sein, da die Mitglieder ihr Bestes gegeben haben, mich willkommen zu heißen und ein Teil ihrer Gemeinschaft zu sein.