Erfahrungsbericht University of Mississippi

University of Mississippi

Sommersemester 2022
Erfahrungsbericht University of Mississippi
Foto: Studentin, Uni Jena
  • University of Mississippi

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Erfahrungsbericht University of Mississippi
Erfahrungsbericht University of Mississippi
Foto: Studentin, Uni Jena

Mein Auslandssemester an der University of Mississippi – auch „Ole Miss“ genannt – begann mit einer großen Portion Vorfreude und zugleich mit einer großen Portion Ungewissheit. Da ich bis Januar 2022 noch keine Berührungspunkte mit den Südstaaten der USA hatte, war ich gespannt, was mich im Hinblick auf Wetter, Mentalität und Kultur erwarten würde. Aufgrund der Tatsache, dass ich zuvor bereits ein erlebnisreiches Auslandssemester an der Ostküste der USA verbracht hatte, war ich zwar wenig nervös, weil ich mit dem Campusleben einer amerikanischen Universität schon vertraut war, nichtsdestotrotz freute es mich enorm, in meiner ersten Woche auf amerikanischem Boden von meiner mir zugewiesenen Global Ambassador kontaktiert worden zu sein. Ein Global Ambassador ist ein studentischer amerikanischer Mentor bzw. eine studentische amerikanische Mentorin, der bzw. die einem Austauschstudierenden vom Study Abroad Office zugeteilt wird und für Fragen und Unterstützung aller Art zur Verfügung steht. Meine Global Ambassador gehörte wirklich zu den engagiertesten in ihrer Runde und lud mich von Beginn an zu verschiedenen Events ein, stellte mich weiteren Amerikanern und Amerikanerinnen vor und traf sich regelmäßig mit mir „for a little chat“ auf einen Kaffee. Da sie selbst organisatorisches Mitglied der Baptist Student Union war, schlug sie häufig vor, dass ich sie zu von ihr geplanten Veranstaltungen begleiten könne. Die Menschen dort empfingen mich mit freundlicher Natur und trotz dessen, dass ich als Agnostikerin den ihnen so wichtigen christlichen Spirit nicht aufgreifen konnte, war ich auf allen christlichen Veranstaltungen willkommen. Besonders gastfreundlich und großzügig erwiesen sich auch die Mitglieder des sogenannten International Guest House. Das International Guest House ist eine alte Villa abseits des Campus, umringt von viel Wald, neben einem großen See und einer Pferdekoppel gelegen. Das Ehepaar, dem dieses Haus gehört, lädt amerikanische und internationale Studierende der Ole Miss in regelmäßigen Abständen zu ihnen ein, um gemeinsame Abende zu verbringen. Das christliche Gebot des Teilens war hier deutlich zu spüren. Das Programm war vielseitig und spaßig: Spieleabende, Tanzveranstaltungen, Lagerfeuer, Schwimmen im See, Pferdereiten und und und. Eins war mir schnell klar: Southern hospitality is a thing! Die Südstaatler und Südstaatlerinnen sind sehr gastfreundlich, was den kulturellen Austausch natürlich einfacher gestaltete und aufgrund teilweise unterschiedlicher Glaubenssätze auch zu anregenden und hitzigen Diskussionen einlud.

Im Allgemeinen lässt sich festhalten, dass das Campusleben bunt und vielseitig war. Die vielen Sportevents auf dem Campus locken Wochenende für Wochenende Tausende Schaulustige sowohl vom Campus und als auch von außerhalb an. Und dann gilt: Lasset das gemeinsame Jubeln beim Baseball, American Football, Basketball und Co. beginnen! Die Identifikation mit der eigenen Universität beeindruckten mich sehr und rissen mich ziemlich schnell mit. Bei den Sportspielen ließ sich die amerikanische Sportkultur hautnah miterleben. Der Newsletter der Powder Blue und die Homepage der Ole Miss informierten detailliert über alle auf dem Campus stattfindenden Events, sodass es leichtfiel, sich ein persönliches Programm an Aktivitäten zusammenzustellen.

 

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Foto: Studentin, Uni Jena

Abseits des Spielfeldes ist jedoch auch die Art und Weise wie der akademische Alltag gestaltet ist sehr besonders. Wichtig ist zu wissen, dass das Studium an einer amerikanischen Universität in der Regel mit einem recht hohen Arbeitspensum einhergeht. Mit vier bis fünf Kursen, die ca. zwölf bis fünfzehn credit points wert sind, ist man meist schon sehr gut beschäftigt. Anders als an deutschen Universitäten ist jede Veranstaltung mit einer Anwesenheitspflicht verbunden und Fehltermine spiegeln sich tatsächlich in der Abschlussnote wider. Auch wenn das System an sich deutlich verschulter ist als wir deutschen Studierenden es gewohnt sind, bereiteten die vielen zeitintensiven Projekte, Aufgaben und interaktiven Vorlesungseinheiten mir persönlich Freude und boten Raum für kreatives Arbeiten und viel Austausch – etwas, das ich in den vorherigen von der Covid-19 Pandemie geprägten Semestern sehr vermisst hatte. Leistungsnachweise konnten so ziemlich alles sein: selbst gescriptete und aufgenommene Podcasts, selbst geführte Interviews, Online-Blogbeiträge, Reflektionstexte, reguläre Hausarbeiten, Präsentation, das Schauen von Dokumentation und vieles mehr. Auffällig war, dass die Dozierenden viel Wert auf kritisches Denken und persönliche Meinung legten – etwas, das ich als sehr erfrischend empfand. Auch wenn in meinen Augen etwas mehr Einsatz, Kreativität und Interaktion als an deutschen Universitäten gefordert wurden, schien es mir so, als wären Dozenten und Dozentinnen sowie Professoren und Professorinnen deutlich kulanter in ihrer Bewertung. Sobald sie merkten, dass Engagement gezeigt und Zeit investiert wurde, waren gute bis sehr gute Noten keine Seltenheit.

Hinsichtlich der Wohnsituation lässt sich sagen, dass internationale Studierende über den ganzen Campus hinweg und auch über viele off-campus Wohnangebote verstreut lebten. Während meiner Zeit an der Ole Miss wohnten die meisten Austauschstudierenden in einer Unterkunft namens The Hub. The Hub ist eine sehr schöne Anlage mit vielen coolen add-ons. Die Anlage verfügt bspw. über einen großen Pool, einen Whirlpool, ein eigenes Fitnessstudio, separate und frei zugängliche Lernräume und ein gemütliches Clubhouse mit Fernseher, Billiardtisch und Tischtennistisch zum geselligen Zusammenkommen. Auch die Wohneinheiten sind sehr gepflegt, mit großer Küche ausgestattet und zusätzlich haben die einzelnen WG-Mitglieder alle ein eigenes Zimmer. Ein Manko ist jedoch, dass man sich nicht direkt auf dem Campus befindet und der Bus, der das Shuttle zum Campus darstellt, mehr oder minder zuverlässig zu sein schien. Einige Internationals teilten sich daher ein für das Auslandssemester erworbenes Auto oder eben entsprechende Uberkosten. Ich selbst wohnte jedoch auf dem Campus in der Residence Hall 2. Dieser klassische dorm ist relativ neu, aber im Vergleich zu den off-campus Wohnangeboten auch relativ teuer. Leider ist die Küche mit keinerlei Kochutensilien ausgestattet, sodass man bei Kochbedarf alles an Töpfen, Pfannen, Geschirr, Besteck und Co. selbst mitbringen musste. Im dorm kochten daher tatsächlich die wenigstens. Zusätzlich bedeutete authentisches dorm life auch das Teilen seines Zimmers. Ich hatte großes Glück und wurde überraschender- und ungewöhnlicherweise (das kommt nur selten vor) gemeinsam mit einer Amerikanerin einem Zimmer zugewiesen. Wir verstanden uns sehr gut und wurden über die Zeit zu Freundinnen. Auch wenn ich durch das Teilen des Zimmers an Privatsphäre einbußen musste und etwas mehr Geld als andere Internationals für die Unterkunft zahlte, bin ich glücklich direkt auf dem Campus gelebt, kurze Wege und eine realistische dorm life Erfahrung gehabt zu haben.

Interessant zu wissen ist auch, dass der dresscode tagsüber auf dem Campus maximal entspannt ist. Da Tausende Studierende auf dem Campus schlafen, leben, lernen und essen, ist es alles andere als ungewöhnlich, Amerikaner und Amerikanerinnen mit Jogginghose, Schlafanzug und Hausschuhen auf dem Campus zu sehen. Selbst während der Kurse ist eine so lässige Kleidung nicht unüblich. Falls man es also gemütlich mag, sollten Wohlfühlklamotten und active-wear ihren Weg in den Koffer finden. Abends beim Ausgehen sieht es hingegen ganz anders aus. Da lautet das Motto: Mehr ist mehr! Die Bars und Kneipen sind am Wochenende mit super schick hergerichteten Menschen gefüllt. Dieser schicke vibe ist tatsächlich auch anhand der Eintrittspreise zu spüren. Der Eintrittspreis (ohne Getränke) für die beliebte Bar The Library kann pro Abend zwischen 20 und 120 Dollar liegen. Falls man also Lust hat, das ein oder andere Mal das Tanzbein zu schwingen, ist es empfehlenswert, sich die sogenannte „Library Card“ zu Anfang des Semesters zu holen und für einmalig 100 Dollar (auch wenn das natürlich eine Menge Geld ist) das ganze Semester lang Eintritt ohne weitere Kosten zu erhalten.

 

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Foto: Studentin, Uni Jena

Die Innenstadt von Oxford ist generell ein ganz süßer Ort. Auch wenn die Innenstadt sehr klein ist, gibt es doch einige hübsche Boutiquen, einen tollen Buchladen und ein paar Restaurants mit leckerem Essen. Als kleiner Tipp: Besonders schön und lecker fand ich persönlich die Restaurants Bouré und Proud Larry’s, hier lohnt es sich auch ein wenig tiefer in die Tasche zu greifen. Das Café Heartbreak Coffee wäre zudem mein persönlicher Empfehlungsspot für guten Kaffee und eine entspannte Lernatmosphäre und auch das dort angebotene Science Cafe, das ein Mal im Monat stattfindet, ist ein interessantes Event. Da ich auf dem Campus gewohnt habe, war für mich allerdings klar, dass einer der meal plans eine gute Überlegung für die Verpflegung sei. Auch wenn es für Vegetarier ab und zu schwierig wurde, fleischlose Gerichte zu finden, boten die Cafeterien The Rebel Market, The Student Union und The Dish ein recht gutes und recht abwechlungsreiches Sortiment an Essen an.

Besonders in Erinnerung wird mir der wirklich unfassbar schöne Campus bleiben. Ich habe selten einen so gepflegten, grünen und blumenreichen Campus wie in Oxford gesehen. Ich fand es klasse über den Campus zu radeln und mich bei gutem Wetter mit einem Kaffee in der einen Hand und meinen Uniunterlagen in der anderen Hand auf die vielen Rasenflächen zu setzen und die Sonne zu genießen. Da ich persönlich kein großer Fan von heißen Temperaturen bin, bin ich sehr froh, im Spring Semester auf amerikanischen Boden gewesen zu sein und die milden Temperaturen in Mississippi erlebt zu haben. Kommilitonen und Kommilitoninnen erzählten mir nämlich, dass die Sommermonate im Fall Semester sehr heiß und schwül gewesen seien. Wenn man den Hochsommer und das Sonnenbaden jedoch mag, ist man im Fall Semester sicherlich gut an der Ole Miss aufgehoben.

Abschließend kann ich sagen, dass ich froh bin, mich für die Ole Miss entschieden zu haben. Ich habe eine Gegend der USA kennengelernt, die mir vorher noch unbekannt war und durch die ich meinen Horizont enorm erweitern konnte. Auch wenn der Bundesstaat Mississippi an sich doch eher konservative und traditionelle Werte vertritt, empfand ich die Universität selbst als sehr fortschrittlich und liberal. Auch wie offen die Universität mit ihrer eigenen schwierigen Vergangenheit während des Civil Wars und mit vergangenen rassistischen Ausschreitungen auf dem Campus umging, empfand ich als positiv. Es ist deutlich zu spüren, dass die heutige Universität Wert auf Aufklärung legt und eine diverse Studierendenschaft fördern möchte. Auch wenn ich während meines Auslandssemesters leider immer wieder mit queerphoben und sexistischen Aussagen konfrontiert wurde, steht die heutige Universität in meinen Augen für Offenheit, Selbstentfaltung und Inklusion! Die Ole Miss war für mich ein Ort zur persönlichen Weiterentwicklung!

Hotty Toddy!

Weitere Tipps:

  • Die Krankenversicherung der Ole Miss ist ziemlich teuer. Informiert euch am besten über den Auslandstarif eurer eigenen Krankenversicherung, um Geld einzusparen.
  • Mint Mobile bietet ein super, zeitlich limitiertes Mobilnetz zu günstigen Tarifen an.
  • Solltet ihr Fragen haben oder Hilfe benötigen, steht euch das Study Abroad Office wirklich mit Rat und Tat zur Seite.
  • Besorgt euch am besten eine Kreditkarte. Ohne Kreditkarte wird das Bezahlen in den USA häufig sehr schwierig.