- University of South Dakota
Meldung vom:
Anreise
Meine Flüge habe ich im Reisebüro gebucht, da vor allem zu Zeiten der Coronapandemie ständig Flüge gestrichen oder verschoben wurden, wodurch bis zur eigentlichen Abreise mehrere Umbuchungen nötig waren. Somit hat sich die zusätzliche Investition in einen kompetenten Ansprechpartner für mich definitiv gelohnt. Mitte August bin ich von Frankfurt über Chicago nach Sioux Falls geflogen. Die reine Flugzeit beträgt etwa 11 Stunden, wobei man zusätzliche Zeit für den Einreiseprozess am ersten Flughafen in den USA einplanen muss, bei dem auch die Zollkontrolle stattfindet. Bereits am Flughafen in Chicago habe ich zufällig eine weitere Austauschstudentin aus Deutschland getroffen, die ebenfalls an der USD studierte. Das International Office bietet einen kostenlosen Shuttleservice vom Flughafen in Sioux Falls nach Vermillion an, welcher eine gute Möglichkeit ist, weitere internationale Studenten kennenzulernen und erste Informationen über das Leben in South Dakota zu erhalten. In den ersten Tagen gibt es auch zahlreiche Orientierungsveranstaltungen, um die Eingewöhnung in der neuen Umgebung zu erleichtern und Freundschaften zu schließen.
Unterkunft
Ich habe mich bewusst für ein Zimmer im Wohnheim auf dem Campus entschieden, um das richtige Studentenleben mitzuerleben. Diese sind zwar etwas teurer als Wohnmöglichkeiten off-campus, allerdings voll möbliert und in unmittelbarer Nähe zu allen Universitätsgebäuden gelegen. Allerdings sollte dir bewusst sein, dass bei deiner Ankunft weder Kissen noch Decke oder Bettwäsche vorhanden sind. Ich hatte das Glück, nicht allzu spät am Abend angekommen zu sein und konnte direkt meinen ersten Einkauf bei Walmart erledigen. Dieser ist etwa 15 Minuten vom Campus entfernt und lässt sich auch ohne Probleme zu Fuß erreichen, auch wenn Amerikaner niemals unnötig laufen würden. Im Zweifelsfall lässt sich aber auch eine Mitfahrgelegenheit organisieren. Ich habe mit drei Amerikanerinnen in einem 4er-Apartment in Coyote Village gewohnt, wobei jeder sein eigens Schlafzimmer hatte und sich je zwei Personen ein Badezimmer mit zwei Waschbecken teilten. In jedem Wohnheim gibt es einen Wäscheraum mit Waschmaschinen und Trocknern, den man allerdings nicht unbedingt zu Stoßzeiten aufsuchen sollte. Das Leben in Coyote Village war sehr angenehm, auch wenn die Einrichtung nicht mehr ganz neu ist. Alternativ empfehlen sich auch die Heights zum Wohnen, welche sich ebenfalls in Campusnähe befinden, aber wesentlich moderner ausgestattet sind und über einen Pool verfügen. Es ist sehr einfach, mit Amerikanern in Kontakt zu kommen und die meisten sind offen und hilfsbereit. Als Masterstudent konnte ich meinen Meal Plan komplett frei wählen und habe mich für „Paw Print“ entschieden, welches die billigste Variante ist und nur Flex Dollar beinhaltet. Diese können auf dem gesamten Campus für Essen, Getränke oder für Snacks in den kleinen Shops ausgegeben werden. Sollte das ursprüngliche Guthaben nicht reichen, können Flex Dollar auch jederzeit aufgeladen werden. Das Essensangebot ist recht vielfältig. Es gibt eine normale Mensa (Residential Dining), in der auch eine Salatbar, gesunde Bowls und Pasta zur Auswahl stehen. Zudem kannst du bei gängigen Fastfoodketten wie Qdoba, Chick-fil-A oder Erbert & Gerbert’s essen. Dabei ist die Grubhub-App sehr hilfreich, da man mit dieser sein Essen einfach online zur Abholung bestellen kann, ohne in der Schlange warten zu müssen.
Studium an der Gasthochschule
Austauschstudenten haben bei der Kurswahl so gut wie keine Einschränkungen. Man hat also auch die Möglichkeit in andere Studienbereiche hineinzuschnuppern, sofern keine besonderen Vorkenntnisse für den Kurs verlangt werden. Als Masterstudentin konnte ich zwischen Kursen auf Bachelor- und Masterniveau frei wählen. Bei der Kurswahl wird man von einem Academic Advisor unterstützt. Die Anzahl der Studenten in einem Kurs ist in der Regel geringer als in Deutschland und auch das Verhältnis zwischen Lehrenden und Studenten ist viel lockerer und enger. Im Allgemeinen kann man alle Professoren mit Vornamen ansprechen und sich mit jeder Frage an sie wenden. Der Arbeitsaufwand an amerikanischen Universitäten ist im Vergleich zu Deutschland wesentlich höher. Auch während des Semesters werden Quizze, Paper oder andere Assignments benotet, dazu kommen Midterms und Finals. Das Anspruchsniveau ist meiner Erfahrung nach dagegen oft geringer. Auch wenn die kontinuierlichen Aufgaben manchmal etwas lästig sind, fiel es mir im Endeffekt leichter mir nachhaltig neues Wissen anzueignen und ich hatte zudem mehr Chancen dieses auch praktisch anwenden. Weiterhin ist es wesentlich einfacher gute Noten zu bekommen als in Deutschland.
Anerkennung von Leistungen
Da ich aufgrund der Coronapandemie bereits länger als eigentlich geplant in Jena studiert hatte, waren leider nicht mehr ganz so viele Kurse offen, für welche ich mir Leistungen an der USD anerkennen lassen konnte. Glücklicherweise bietet der Masterstudiengang BWL die Möglichkeit sowohl freie Module als auch interdisziplinäre Grundlagen einzubeziehen, wodurch ich die Chance hatte Kurse etwas abseits meines eigentlichen Studiengebietes zu besuchen. Die Anerkennung hatte ich im Voraus mit dem Departmental International Office der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät in Jena sowie den entsprechenden Professoren abgeklärt. Während ich mich im ersten Semester an der USD mit Consumer Behavior, Advertising Principles, Digital Marketing und Market Opportunity Analysis noch eher für Wirtschaftskurse entschieden habe, konnte ich das Spring Semester für Module des Department of Media and Journalism nutzen. Dafür wählte ich Introduction to Sport Marketing & Media, Event Marketing & Management, Internet Marketing Communication sowie Digital Imaging. Zusätzlich habe ich an der Coyote Business Consulting Group teilgenommen, die Studierenden die Chance gibt, mit echten Unternehmen aus der Region zusammenzuarbeiten.
Alltag und Freizeit
Es war sehr einfach sich an der Uni einzuleben, da man von allen herzlich empfangen wurde und jeder offen und hilfsbereit war. Entgegen dem Klischee waren die meisten Amerikaner, die ich getroffen habe, mit ihren geografischen Kenntnissen recht gut aufgestellt, was vermutlich auch daran liegt, dass ein Großteil der Bevölkerung im Midwest europäische oder sogar deutsche Vorfahren hat. Der Campus der USD ist sehr schön angelegt und alles ist fußläufig zu erreichen. Man muss keinen großen Aufwand bei der Outfitwahl am Morgen betreiben, da die meisten Studenten in Jogginghose und Uni-Merch zur Vorlesung erscheinen. Da meine Kurse größtenteils morgens stattfanden, hatte ich mittags Zeit mich mit Freunden zum Lunch zu treffen und danach in die Bibliothek zu gehen, um Hausaufgaben zu machen oder zu lernen. Abends habe ich oft das recht neue und gut ausgestattete Wellness Center genutzt. Obwohl Vermillion eine recht kleine Stadt ist, gibt es dennoch viel zu erleben. Auffällig ist dabei der Teamgeist, der vor allem bei Heimspielen der Sportmannschaften im ganzen Ort zu spüren ist. Wie in Amerika üblich ist Football hierbei am wichtigsten. Vor jedem Heimspiel gibt es ein Tailgate vor dem Dakota Dome, bei dem sich die Fans für das Spiel in Stimmung bringen. Anfang Oktober finden zudem die Dakota Days statt, welche die Homecoming Feierlichkeiten der Uni sind. Das absolute Highlight war das Footballspiel gegen unseren Rivalen SDSU, das unser Team mit einem Hail Mary in letzter Sekunde gewonnen hat und dafür später sogar mit einem Sports Illustrated Award für das Smooth Play of the Year ausgezeichnet wurde. Downtown gibt es einige Bars, Restaurants, ein Kino und ein paar Geschäfte. Das Trinken von Alkohol ist in den USA generell erst ab 21 erlaubt, was auch am Eingang jeder Bar überprüft wird. Auch die Theatervorstellungen der Studenten des College of Fine Arts sind sehr zu empfehlen, da sie sehr professionell aufgeführt werden. Wie jegliche Sportveranstaltungen sind auch diese für Studenten kostenlos. Weiterhin bietet der International Club der Uni zahlreiche Veranstaltungen zum Kennenlernen verschiedener Kulturen an, welche ich jedoch nicht so häufig besucht habe, da es sich meist eher um Feste aus dem asiatischen Bereich handelte und ich meine Zeit lieber mit Amerikanern verbracht habe. Im Sommer macht sich auch ein Ausflug zum nahegelegenen Burbank Beach am Missouri River immer gut. Wettertechnisch ist das Fall Semester auf jeden Fall angenehmer, dass es bis in den Oktober recht warm ist. Im Spring ist das Wetter sehr wechselhaft und wir hatten durchaus Tage mit -20 °C, was sich durch den ständigen Wind noch unangenehmer anfühlt. Gegen Ende April war es für ein paar Tage aber auch bereits um die 30 °C warm.
Ohne Auto ist man in den USA und vor allem in einer ländlichen Gegend wie rund um Vermillion etwas aufgeschmissen. So mussten wir selbst zum Abholen eines Mietautos immer zuerst jemanden finden, der uns fahren konnte. Es ist definitiv von Vorteil, wenn jemand in der Gruppe bereits über 25 ist, da der Preis für das Mietauto dann deutlich geringer ausfällt. Zudem sind die Spritpreise in den USA nach wie vor günstiger als in Deutschland, wodurch es sich definitiv lohnt über das Wochenende einen kleinen Roadtrip zu machen. Anfang September haben wir den Palisades State Park besucht sowie im Blue Mounds State Park in Minnesota gecampt. Im Oktober waren wir dann in den Badlands und den Black Hills, wo wir den berühmten Mount Rushmore bestaunen konnten. Generell sind die amerikanischen Feiertage immer eine gute Gelegenheit für Ausflüge. Die Flughäfen in Sioux Falls und Sioux City sind, sofern man eine Mitfahrgelegenheit hat, recht schnell zu erreichen und bieten eine gute Möglichkeit mehr vom Land zu sehen.
Fazit
Zusammenfassend kann ich jedem nur empfehlen, wenigstens für ein Semester im Ausland zu studieren. Ich habe sehr viel über mich selbst gelernt und bin an jeder Herausforderung gewachsen. Der Auslandsaufenthalt in den USA war für mich trotz der hohen Kosten eine lohnenswerte Erfahrung, da der Studienalltag dort einfach ganz anders ist als in Deutschland. Man spürt überall den Teamgeist und fühlt sich einfach sofort als Teil der Gemeinschaft. Auch über die Kurse hinaus findet ein Großteil des Lebens auf und um den Campus herum statt. South Dakota war zwar nicht wirklich meine erste Wahl, dennoch bin ich nachträglich froh, dass ich dort gelandet bin. Vermillion ist nicht unbedingt der aufregendste Ort auf der Welt, aber die Leute dort und die Atmosphäre haben das Ganze zu einem Erlebnis gemacht, das ich auf keinen Fall missen möchte. Zudem war es eine gute Abwechslung vom Coronalltag zu Hause in Deutschland, da die Zahlen in der Region sehr gering waren und man ein nahezu normales Leben genießen konnte.