Blick in einen Hörsaal

Studieren in Bergen

Meine Erfahrungen zum Studium an der Universitetet i Bergen (UiB)
Blick in einen Hörsaal
Foto: Tim Schneider

Ich studiere im Bachelor Bioinformatik und habe schon die meisten Kurse an der FSU abgelegt. Meine Motivation für ein Auslandssemester war, dass ich ein anderes Land, speziell Norwegen, besser kennen lernen wollte und mich selbst besser kennen zu lernen. Aber ich wollte auch etwas lernen, was mich in meinem Studium bereichert.

In einem Auslandssemester hat man sehr viel mehr Möglichkeiten, etwas außerhalb seines Fachbereichs zu studieren. Die einzige Restriktion ist, dass man, um die Erasmus-Förderung zu erhalten, eine bestimmte Anzahl Credits hören und eine Prüfung ablegen muss. 30 LP sind da gern gesehen. An der UiB waren nicht alle Kurse für ausländische Studierende freigegeben, sondern es gibt eine gesonderte ListeExterner Link. Dort habe ich am Anfang so viele interessante Vorlesungen gefunden, dass ich mir meinen Studenplan sehr voll gepackt habe.

Meine Erfahrung ist, dass Studieren hier in Bergen entspannter ist als in Deutschland. Work-Life-Balance hat in Norwegen einen anderen Stellenwert als in Deutschland. Mein Studium in Deutschland war meist fordernd, aber nicht überfordernd, dennoch empfinde ich das Pensum hier als angenehmer. Es wird weniger Stoff behandelt und mehr auf darauf gesetzt, dass ihn alle verstehen. Ich hörte 40 LP, was dann doch zu Stress führte. Das lag aber auch daran, dass Kurse hier meist zwischen 10 und 15 LP Wert sind. Das schränkt die Vielseitigkeit des Studiums innerhalb des Semesters ein, was für mich ein Nachteil ist.

Gebäude aus dem Studienalltag an der UiB

  • Das Høyteknologisenteret, in dem die Informatik-Vorlesungen stattfinden.
    Das Høyteknologisenteret, in dem die Informatik-Vorlesungen stattfinden.
    Foto: Tim Schneider
  • Det akademiske Kvarteret, ein kulturelles Zentrum für Studierende
    Det akademiske Kvarteret, ein kulturelles Zentrum für Studierende
    Foto: Tim Schneider
  • Das Realfagbygget beinhaltet die naturwissenschaftliche Bibliothek und Hörsäle
    Das Realfagbygget beinhaltet die naturwissenschaftliche Bibliothek und Hörsäle
    Foto: Tim Schneider
  • Das Studierendencenter in Bergen von außen
    Das Studierendencenter in Bergen von außen
    Foto: Tim Schneider

Vorlesung in Informatik

In meiner Vorlesung in Informatik, "Introduction to Machine Learning", gab es neben wöchentlichen Übungsstunden und Aufgaben auch zwei Assignments, bei denen man zu einer bestimmten Frist ein Projekt bearbeiten und einrechen musste. Das Bestehen dieser war Zulassungsvoraussetzung zur Prüfung und Teil der Endnote. Ich finde dieses Konzept gut, weil man sich intensiv mit einer Aufgabe beschäftigt und am Ende etwas produziert hat und bereits hier etwas für seine Note leisten kann und nicht alles von zwei bis drei Wochen intensivem Lernen abhängt.

Vorlesung in Norwegischer Geschichte

Die Vorlesung "Norwegian Culture and History - Scandinavian Area Studies" beschäftigte sich mit einzelnen Themen der norwegischen Geschichte, unter Anderem der Vikingerzeit, dem Mittelalter in Norwegen sowie der Neuzeit und Unabhängigkeit. Auch kulturelle Themen wie Umweltbewegung in Norwegen oder Multikulturalismus und Einwanderung. Jede Vorlesung wurde von einer Gastwissenschaftler_in gehalten, die in dem behandelten Gebiet forscht. Das Lesepensum war sehr hoch, insgesamt 1000 Seiten. Zusätzlich war es eine geisteswissenschaftliche Vorlesung, was neu für mich war. Die Abgabe in der Mitte des Semesters war ein Aufsatz von 1500 Wörtern zu einem vorgegebenen Thema. Die Prüfung bestand aus einem Aufsatz über 3000 Worte, wieder zu einem Thema.

Sprachkurs an der Universität

Der Sprachkurs an der Universität war 15 ECTS wert und beinhaltete Module, die am Ende das Sprachniveau A2 bescheinigten. Der Kurs beinhaltete zweimal wöchentlich eine Tafelvorlesung, in der hauptsächlich Grammatik erklärt wurde, ab und zu ein Diktat geschrieben, Lernspiele gespielt und Höraufgaben bearbeitet wurden. Zum einen war es gut, die Grammatik erklärt zu bekommen, aber andererseits hatte ich das Gefühl, dass man nicht wirklich lernt, die norwegische Sprache zu nutzen. Es brauchte sehr viel mehr Selbststudium, um tatsächlich vom Kurs profitieren zu können. Meine Tipps zum eigenständigen Lernen gibt es hier.

Besonderheiten in Norwegen

Die erste Besonderheit wurde bereits in der Willkommensvorlesung für internationale Studierende offensichtlich, auch wenn man sagen sollte, dass das eher eine Besonderheit deutscher Universitäten ist: am Ende einer Vorlesung wird nicht auf den Tisch geklopfft. Etwa der halbe Hörsaal tat dies nach der Vorlesung. Man konnte ableiten, dass etwa die Hälfte der Studierenden aus deutschsprachigen Ländern sein musste. Die Dozentin hatte das erwartet und sagte uns, dass das in Norwegen nicht üblich ist. Auch in anderen europäischen Ländern ist es nicht üblich. In Norwegen steht man einfach auf, packt seine Sachen und geht.

An der Universität in Bergen (UiB) wurde sehr viel mehr in Gruppen gelernt als in Deutschland. Egal in welches Gebäude der Universität oder des Studierendenwerks ich gegangen bin, immer saßen über den Tag Studierende in Gruppen und lernten gemeinsam. Es gibt sehr viel mehr Plätze ür gemeinsames Lernen als an der Universität in Jena.

Norweger_innen wirken auf mich gesellschaftlich engagierter als Studierende in Jena. Zum Anfang des Semesters gab es einen "Markt der Möglichkeiten", der sehr gut besucht war. Ich hatte das Gefühl, dass sich viele Studierende in Vereinen und Gemeinschaften engagieren.

Mensaessen

Das Mensaessen ist, wie vieles Andere auch, ungewohnt teuer, im Vergleich zu Deutschland. Um 12 Uhr wird "lunsj" gegessen, wobei es meist nur belegte Brote oder Brötchen gibt. Die Hauptmahlzeit ist für Norweger_innen allerdings "middag", eine Mahlzeit die gewöhnlich 17:00 eingenommen wird. Es gibt jeden Tag ein bis zwei Gerichte und eine Art Buffet, bei dem man sich sein Essen zusammenstellen kann und dann nach Gewicht bezahlt. Hier gibt es auch vegetarische Alternativen. Eine normale Mahlzeit kostet allerdings zwischen 6 und 8€. Das Abendangebot wurde von 14-18:30 Uhr angeboten.

  • Eine Auswahl an Mensaessen
    Eine Auswahl an Mensaessen
    Foto: Tim Schneider
  • Lasagne mit Salat in der Mensa
    Lasagne mit Salat in der Mensa
    Foto: Tim Schneider