Roter Platz

Russland- Lomonosov State University

Sommersemester 2022
Roter Platz
Foto: Natascha, Uni Jena

Natascha, Masterstudentin Interkulturelle Personalentwicklung und Kommunikationsmanagement

Im Sommersemester 2022 durfte ich an der Lomonosov State University in Moskau (MSU) ein Auslandssemester absolvieren. Auch wenn das Semester, besonders in Anbetracht des Beginns des Krieges gegen die Ukraine, viele Herausforderungen mit sich brachte, habe ich sehr viel dabei gelernt und ich bin sehr froh, dass ich diese Gelegenheit hatte.

Hauptgebäuder der Universität
Hauptgebäuder der Universität
Foto: Natascha, Uni Jena

Unterkunft
Untergebracht war ich mit vielen anderen ausländischen Studierenden im Hauptgebäude der MSU. Das Gebäude ist eines der bekanntesten Prachtbauten der Sowjetunion. Es trohnt auf den Sperrlingshügeln mit einem überwältigenden Blick über Moskau und es war sehr beeindruckend, hier zu leben. Die Zimmer selbst waren teilweise ein bisschen renovierungsbedürftig, aber ich fand den Zustand nicht so schlimm. Man teilt sich meistens eine Zimmereinheit (Flur, Toilette, Dusche und zwei Schlafzimmer) mit einer anderen Person, hierbei werden ausländischen Studierenden oft Mitbewohner*innen aus demselben Land zugeordnet. Der Universitätskomplex fühlt sich wie ein kleines Dorf an, denn es gibt auch viele verschiedene kleine Geschäfte, darunter Post und Bank, ein Lebensmittelgeschäft hat 24 Stunden am Tag geöffnet.
Bettwäsche wird gestellt und kann einmal pro Woche (nur dienstags von 10-11 Uhr und 17-18 Uhr) im Sektor B ausgetauscht werden. Das Gebäude ist in verschiedene Sektoren unterteilt, die alphabetisch geordnet sind. Die wichtigsten Sektoren waren für mich корпус В, wo andere Internationals und ich gewohnt haben und корпус Б, wo sich zwei Kantinen befinden.
Es gibt kein Wlan im Wohnheim, aber man kann in Russland relativ günstig eine große Menge an Datenvolumen kaufen (z.B. 50GB für ca. 500 Rubel bei MTC, was für mich vollkommen ausreichend war).
Am Eingang des Wohnheims wird jeder kontrolliert, man muss seinen Wohnheimsausweis also immer dabeihaben. Falls man ihn vergessen hat, kommt man eventuell auch mit seinem Pass rein, wird aber vermutlich bis auf das Zimmer begleitet, wo man nochmal den Ausweis vorzeigen muss. Die Mitarbeiter*innen sprechen nur Russisch.

Studium
An der Universität Jena studiere ich Interkulturelle Personalentwicklung und Kommunikationsmanagement. Ich konnte mir frei aussuchen, an welcher Fakultät ich an der MSU studieren wollte und bin an der journalistischen Fakultät gelandet. Dort half mir meine Koordinatorin bei der Wahl der Kurse. Es gab einige Kurse, die auf Englisch angeboten wurden, die Auswahl war allerdings nicht riesig. Ich habe auch einen Russischsprachkurs besucht, der trotzdem organisiert wurde, obwohl wir nur zwei Studentinnen waren (jede Fakultät organisiert eigene Sprach/Russisch Kurse). An einer anderen Fakultät Kurse zu belegen ist ein bisschen komplizierter, da dies erst von der eigenen Fakultät beantragt werden muss, aber es ist möglich. Insgesamt war ich sehr zufrieden mit meiner Betreuung an der MSU, es gab allerdings auch einige andere Studierende, die es an anderen Fakultäten etwas unorganisiert fanden.

Russian Speaking Club MSU
Russian Speaking Club MSU
Foto: Russian Speaking Club MSU

Ankunft und Russisch lernen
Die Mitarbeiter*innen und freiwilligen Helfer*innen vom International Office sind sehr bemüht, dass die Studierenden gut in Moskau ankommen und in der Zeit hier viel lernen und sehen.
Schon bei der Ankunft wird den Studierenden durch ein Buddy-System die Möglichkeit gegeben, abgeholt zu werden und etwas Starthilfe zu bekommen. Außerdem werden für die Internationals
verschiedene Wochenendtrips organisiert (Registrierung auf einer Website) und es findet der Sprachklub Russian Actually statt, wo einmal pro Woche Input zu einem Thema gegeben wird und dann unter der Leitung der freiwilligen Helfer*innen in Kleingruppen Diskussionsfragen besprochen werden.
Das Международный центр Студенческого Союза МГУ (Internationale Zentrum der Studierendenvereinigung der MSU) bietet nicht nur einen Russisch-, sondern ganz verschiedene Sprachklubs an. An verschiedenen Tagen kann man seine Sprachkenntnisse in Englisch, Spanisch, Arabisch, Russisch und einigen anderen Sprachen üben und gleichzeitig in den Austausch mit russischen Studierenden kommen. Ich habe an beiden Russisch-Klubs teilgenommen und dort habe ich mein Russisch am meisten verbessern und sehr viel über die Kultur lernen können.

Visum und Anreise
Ein Visum zu organisieren, scheint erstmal kompliziert, aber wenn man die notwendigen Dokumente hat, dann ist es im Grunde gar nicht so schwierig. Am besten bereitet man nach der Annahme schon alles vor, sodass nach Ankunft der Einladung der Gastuniversität das Visum sofort beantragt werden kann. Dies war bei mir ein bisschen knapp, da es beim Verschicken der Dokumente wohl einige Probleme gab, aber ich habe mein Visum trotzdem rechtzeitig zum Studienbeginn erhalten.
Bei einigen Studierenden musste das Visum zwischendurch verlängert werden, dies war bei mir allerdings nicht der Fall. Es müssen alle Ausländer*innen, die sich länger als 90 Tage in Russland aufhalten, einem medizinischen Test unterziehen und dann bei der Polizei Fingerabdrücke abgeben (dazu habe ich aber auch Unterstützung von meiner Fakultät erhalten).
Die Einreise war vor Beginn des Krieges relativ einfach mit einem Direktflug machbar, momentan sind die einfachsten Routen wohl über Istanbul – Moskau, Kaliningrad – Moskau oder Estland/Finnland – St. Petersburg – Moskau.

Roter Platz
Roter Platz
Foto: Natascha, Uni Jena

Anderes

Moskau ist eine unglaublich riesige und faszinierende Stadt. Ich habe es sehr genossen, die vielen Möglichkeiten der Großstadt zu nutzen und habe es selbst in meinen 5 Monaten dort nicht geschafft, alles zu sehen, was ich wollte. Die Stadt kam mir immer sehr sicher vor.
Die Russ*innen sind im Allgemeinen sehr interessiert an Ausländern und ich habe keine negativen Erfahrungen gemacht, nur weil ich aus Deutschland komme, meist eher das Gegenteil.
Normale Kartenzahlungen funktionieren nach Beginn des Krieges nicht mehr, aber es ist trotzdem möglich an Geld zu kommen. Die beste Rate bekommt man beim Umtausch in der Wechselstube. Außerdem kann man weiterhin Geld auf einige russischen Banken überweisen (ein russisches Bankkonto ist sehr leicht zu eröffnen) oder mit Kryptowährungen Geld von Euro in Rubel umwandeln.
Insgesamt kann ich ein Auslandssemester an der MSU nur empfehlen. Ich habe meine Erfahrungen noch ausführlicher als Auslandsbotschafterin auf der Website des internationalen Büros der Universität Jena beschrieben und helfe bei weiteren Fragen gerne allen Interessent*innen.