- University Of Calgary
Meldung vom:
Der Aufenthalt von Johannes wurde durch das TASSEP-Prgramm ermöglicht.
Calgary?! - Nie gehört!
Calgary ist mit ca. 1,6 Mio. Einwohnern eine der beiden Großstädte in Alberta (welches selbst schon 1,5-mal so groß ist wie Deutschland) und wird als eine der lebenswertesten Städte Nordamerikas gehandelt. Im Gegensatz zu deutschen Großstädten ist es allerdings nicht so dicht besiedelt, weshalb es eine riesige Fläche einnimmt. Im Allgemeinen lässt der ÖPNV sehr zu wünschen übrig (ein Uber bzw. Taxi pro Woche zu nutzen ist ganz normal, aber auch nicht sehr teuer), allerdings ist direkt bei der Universität eine C-Train Station, die einen schnell nach Downtown bringt. Dort ist es zwischen den Wolkenkratzern schön, sich die viele Kunst anzuschauen, einkaufen zu gehen oder den Calgary Flames im Stadion beim Eishockey zuzuschauen. Leider gibt es nicht viele Clubs für einen Freitag Abend (man beachte: das war der Stand am Ende des zweiten Jahres der Pandemie) und man muss immer mit Zug oder Taxi hinfahren, dafür sind die Partys in der Residence umso besser.
Calgary nennt sich selbst das Tor zu den Rocky Mountains, was auf jeden Fall zutrifft: In nur 1h Autofahrt ist man im berühmten Banff und dem nach dem Ort benannten National Park. Eine halbe Stunde weiter befindet sich DER See Kanadas: Lake Louise. Für Outdoor-begeisterte ist Calgary also definitiv das beste Ziel für ein Auslandssemester. Und fast schon unschlagbar ist die Möglichkeit, mit etwas Glück.. direkt vor der Haustür die Nordlichter zu beobachten.
Leben auf dem Campus
Direkt bei der Uni auf dem Campus zu wohnen hat sehr viele Vorteile. Es gibt den sogenannten Dining Center, die Mensa der Uni, die von 7 bis 23 Uhr durchgehend ein all-you-can-eat anbietet. Der Einzeleintritt ist leider recht teuer (Frühstück 11$, Mittag 16$ und Abendessen 19$), man kann sich allerdings auch einen Mealplan kaufen. Im ersten Semester hatte ich den 7day-Mealplan und bin damit eigentlich immer essen gegangen, habe kaum selber gekocht und Essen eingekauft oder etwas bestellt. In Summe habe ich ca. 250 Eintritte genutzt. Im zweiten Semester hatte ich die 120 Swipes was ungefähr einmal am Tag entspricht. Mit einem Müsli am Morgen, einem Snack am Nachmittag und einem ausgiebigen Abendessen ging das auch sehr einfach und günstig.
Ich würde auf jeden Fall empfehlen einen Mealplan zu erwerben, da es sich bei eigentlich allen Austauschstudierenden dort etabliert hat, mindestens einmal am Tag zusammen essen zu gehen. Man trifft dort immer Freunde, mit denen man zusammen sitzt oder man verabredet sich gleich dafür. Das ist wahrscheinlich das, was ich jetzt am meisten vermisse: Jeden Tag mit den Freunden zusammen zu essen.
Ansonsten gibt es auf dem Campus sehr, sehr viele Sportangebote- alle für Studierenden kostenlos: Schwimmbad, Eislaufen, Fitnesscenter sowie Squash- und Racquetballfelder, eine Kletter- und eine Boulderhalle und Hallen für sämtliche Ball- und Teamsports. Außerdem werden auch eine unzählige Menge an Sportkursen für sehr wenig Geld angeboten. Und weil alles eben in 100m Entfernung ist, habe ich dieses Angebot ausgiebig genutzt.
Weil die Freunde meist im selben Haus oder vielleicht im nächsten Zimmer wohnen, kann man sich super leicht treffen und mal kurz vorbeischauen. Wenn man nicht gerade zum Club oder Einkaufen (nächster Supermarkt ca. 20min laufen) will, verbringt man eigentlich den ganzen Tag auf dem Campus.
Am Wochenende habe ich im September und Oktober sehr viele Wanderungen und Roadtrips in den Bergen gemacht, dafür lohnt es sich, in eine der vielen Facebookgruppen (Stichworte Hiking und Calgary) zu posten oder auf Nachrichten zu antworten. So finden sich sehr leicht Mitfahrgelegenheiten und man lernt neue Leute und vor allem Kanadier kennen. Ab November sind die Skigebiete offen, was ich auch genutzt habe und mit meiner Saisonkarte ca. 10 Mal skifahren war. Leider wird es erst Richtung Juni wieder warm genug, um wandern zu gehen (Banff Sunshine hat bis Mitte Mai geöffnet!).
Wie bin ich dazu gekommen?
Da ich Physik im Bachelor studiere, stand mir das TASSEP-Program (The Trans-Atlantic Science Student Exchange Program) zur Verfügung. Mit diesem Programm stehen europäischen Studierenden eine nicht allzu große aber ausreichende Anzahl an Gastuniversitäten in den USA und Kanada zur Auswahl. Die Bewerbung dafür ist sehr leicht und einfach auszufüllen. Ein großer Vorteil des Programms ist es, dass die Heimuniversität die ausreichenden Sprachkenntnisse überprüfen muss. Somit musste ich keinen Toefl-Test oder vergleichbares bezahlen oder gar dafür üben, sondern konnte beim Sprachenzentrum unkompliziert einen Englisch-Test machen, der auch für die Bewerbung für das PROMOS-Stipendium ausgereicht hat. Nachdem ich zur Bewerbungsfrist am 15.01.2021 meine Unterlagen eingereicht hatte, habe ich schon am 10.2.2021 meine Zusage bekommen.
Anmelden und Einschreiben bei der UoC
Sobald man die Zusage für den Austausch hat, sollte man sich so schnell es geht für die Residence bewerben. Am besten noch im Februar oder bis spätestens Ende März erledigen. Nachdem man sich einen Account bei der Uni erstellt hat, kann man sich schon für die Wohnheime anmelden. Das geht noch bevor man sich offiziell bei der Universität eingeschrieben hat und sollte man auch unbedingt davor tun. Mir wurde für das Einschreiben ein Dokument zugeschickt in dem Schritt für Schritt beschrieben steht, wie das geht. Wenn das geklappt hat, kann man sich online in dem Student Center für die Kurse anmelden. Das sollte man bis Ende April erledigt haben, denn ansonsten sind die Kurse schon voll und man kann möglicherweise nicht mehr seinen Wunschkurs belegen. Falls man auch für das Wintersemester (Januar-April) bleibt, kann man sich zu diesem Zeitpunkt auch schon für diese Kurse einschreiben, was auch sehr zu empfehlen ist.
Ich empfand zwar den ganzen Prozess als sehr anstrengend, dass sollte aber einen nicht beunruhigen, denn im Juni und Juli wird es deutlich weniger aufwändig. Erst mit der Vorbereitung auf die Abreise muss wieder einiges organisiert und Informationen gesammelt werden.
Wahl der Residence
Ich selbst habe in Aurora im zweiten Stock zusammen mit einem Mitbewohner (auch Austauschstudent aus Spanien) gewohnt.
Ich kann es gut verstehen, wenn einem die Kosten für einen Wohnheimplatz als teuer erscheinen, aber ich kann es nur wärmstens empfehlen, diese Kosten zu tragen. Natürlich kann man auch off-campus, also in einer normalen WG wohnen, das ist aber nicht unbedingt günstiger. Außerdem sind eigentlich alle Austauschstudierenden aus der ganzen Welt in den Wohnheimen untergebracht. Wenn man selbst auch dort wohnt, ist es sehr leicht Anschluss und Freunde zu finden. Ich glaube, dass das nicht so einfach ist, wenn man sich selbst eine WG suchen muss. Und auch die Organisation mit Mietvertrag und umziehen stelle ich mir als sehr kompliziert vor.
Es gibt auf dem Campus mehrere Wohnhäuser, die alle zentral von dem Residence Service unterhalten werden. In Rundle und Kananaskis sind eigentlich ausschließlich first-year students. Die beiden Häuser sind zwar günstig, jedoch teilt man sich das Zimmer mit einem Mitbewohner und es gibt nur eine Gemeinschaftsküche und ein Gemeinschaftsbad auf dem Flur. Yamnuska ist wie auch Cascade schon etwas moderner gehalten, aber mehr für second-year gedacht. Olympus und Glacier sind sehr alte Gebäude. Die Wohnungen haben zwar ein sehr großes Wohnzimmer (in dem auch mal gut 30 Leute feiern können) allerdings sind die Wände kaum schalldicht und sowohl Küche als auch Bad meist in die Jahre gekommen. Aurora und Crowsnest sind die beiden neusten Gebäude. Das macht sich auch deutlich in der Sauberkeit und Modernität bemerkbar, aber leider auch im Preis. Allerdings sind hier nur third- und fourth-year students untergebracht, sodass man sich hier unter gleichaltrigen befindet. Crowsnest ist leider nicht an das unterirdische Tunnelsystem angeschlossen, welches man bei -40°C Außentemperatur zu schätzen lernt. Meinem Empfinden nach fand das meiste Leben in Aurora und Olympus statt, das kann aber auch sehr von seinen Freunden abhängen und kann gut von Jahr zu Jahr und verschiedenen Freundeskreisen anhängen.
Ankommen in Kanada
Die Vorlesungen begannen am 7.9.2021 und ich bin am 30.8.2021 angekommen. Ich kann empfehlen, zwischen 10 bis 7 Tage vor Vorlesungsbeginn anzukommen, denn es findet schon sehr viel an Vernetzung und Events in diesen Tagen statt.
Zur Vorbereitung und auch während des Aufenthaltes gibt es von dem International Student Service (ISS) einige sehr empfehlenswerte Workshops. Diese finden ab circa Mitte Juli statt und bieten zugleich die erste Möglichkeit Kontakt zu anderen aufzubauen, auch wenn dies nicht das Ziel der Workshops ist. Außerdem gibt es auf der Webseite des ISS auch sehr viele Informationen zu allen Bereichen und wenn man etwas mal nicht findet, antworten sie auch sehr zügig. Generell sollte man überhaupt keine Angst haben nachzufragen: Die Kanadier sind wirklich sehr nett und wollen helfen, wo es geht. Da das Land und vor allem die Universität ein Schmelztiegel der Kulturen ist, wissen alle, wie es ist, in einem unbekannten Land anzukommen und kennen die Sorgen und Nöte. Ich habe mich dort nie verloren oder alleine gefühlt.
Wetter
Calgary liegt auf über 1000müNN und ist sehr, sehr sonnig. Es gibt kaum Niederschlag und meist blauen Himmel, dafür weht oft ein recht starker Wind. Im Herbst kann es auch noch gut 20°C haben, während es dann bis zum Dezember hin auf -30°C abkühlt. Die Schneemenge hängt von den Jahren ab, mal 2m mal auch nur 30cm. Ab und zu gibt ein sogenannter Chinook , ein warmer Fön, eine Pause von der Kälte und beschert eine warme Woche von um die 0°C. Calgary liegt zwar auf dem gleichen Breitengrad wie Mannheim, allerdings liegt es deutlich näher am magnetischen Nordpol, weshalb man mehrmals die Gelegenheit hat, die Nordlichter zu beobachten.
Reading Week
In der Mitte von jedem Semester gibt es eine sogenannte reading week, in der man eigentlich Hausarbeiten schreiben soll oder schon mal anfangen kann, für die Finals zu lernen. Das haben allerdings die wenigsten gemacht, sodass ich mit Freunden zusammen nach Hawaii geflogen bin. Das klingt aus deutscher Sicht vielleicht ein bisschen absurd, aber von dort aus sind es eben „nur“ noch 6h Flug und deutlich günstiger als aus Europa. Diese Idee war wohl so gut, dass sehr viele weitere Austauschstudierende im folgenden Semester dann auch dorthin gegangen sind. Edmonton hat sich als ein langweiliges Reiseziel herausgestellt, weshalb es auch von Einwohnern Calgarys liebevoll Deadmonton genannt wird.
Studium
Ich habe mein Auslandssemester im 7. & 8. Semester meines Bachelorstudiums gemacht. Ich hatte schon alle Vorlesungen gehört und ECTS gesammelt und musste nur noch meine Bachelorarbeit schreiben. Ich fand diese Situation sehr gut, da ich somit nicht unbedingt bestimmte Vorlesungen besuchen und vor allem bestehen musste. So konnte ich mich in verschiedenen Fakultäten für unterschiedlichste Vorlesungen einschreiben und hatte auch nicht den Druck auf gute Noten zu lernen.
Kosten
Kanada ist insgesamt ein sehr teures Land. Essen und Wohnen sind sehr teuer. Ich habe über den ganzen Aufenthalt meine Kosten zusammen geschrieben. Für mich kam heraus, dass Wohnen und Mealplan ca. 1.000€ im Monat kosten.
Ich habe mir in Kanada bei der RBC ein Bankkonto eröffnet, um die Wechselgebühren oder Kreditkartengebühren zu sparen. Das hat sich als lohnenswert herausgestellt, wenn man nicht nur ein Semester in Kanada verbringt.
Ansprechpartner
Ich möchte so viele wie möglich dabei unterstützen, die selbe schöne Erfahrung zu machen und genauso schöne Erlebnisse, wie ich sie hatte. Falls also Fragen zu Calgary, Kanada oder generell einem Auslandssemester aufgekommen sind, stehe ich gerne persöhnlich zur Verfügung. Die Kontaktdaten, um mich zu erreichen, können Sie im Internationalen Büro der FSU erfragen.