Erfahrungsbericht, Staatlichen Universität der Republik Moldau

Staatlichen Universität der Republik Moldau

Wintersemester 2023/23
Erfahrungsbericht, Staatlichen Universität der Republik Moldau
Foto: Student Uni Jena

Im Wintersemester 2022/23 verbrachte ich 4 Monate an der Staatlichen Universität der Republik Moldau in Chișinău. Für mich war das Semester in Chișinău trotz aller Herausforderungen letztlich eine gute Gelegenheit entsprechend meiner Interessen völlig frei und ungestört zu arbeiten und ein zu Unrecht vergessenes und sehr faszinierendes Land kennenzulernen. Wer sich ebenfalls für ein Semester in Moldau interessiert und kein Rumänisch spricht, sollte sich jedoch mental darauf vorbereiten, in einer Art Onlinesemester zu landen.

Erfahrungsbericht, Staatlichen Universität der Republik Moldau

Foto: Student Uni Jena

Leben in Chișinău & Unterkunft

Chişinău ist eine (für eine Hauptstadt) recht kompakte und sehr grüne Stadt. Sie vereint eine Vielzahl architektonischer Stile und ist auch generell sehr vielfältig – mir hat das Leben in Chișinău sehr gefallen. Lebensmittel, Restaurants und Cafés sind im Schnitt zwar etwas günstiger als in Deutschland, angesichts des niedrigen Lohnniveaus jedoch ziemlich teuer - vom Stipendium blieb jedenfalls nichts übrig. Dafür ist das Angebot vielfältig und lässt kaum etwas vermissen. Und auch wenn ich vom Rest des Landes aufgrund der zahlreichen und sehr unberechenbaren Besuche im Migrationsamt leider nur we-nig sehen konnte, war der Aufenthalt in Moldova an sich eine durchweg schöne Erfahrung.
Generell spricht kaum jemand auch nur etwas Englisch (selbst am Flughafen oder im Migrationsbüro nicht). Russisch ist sehr weit verbreitet, die überwältigende Mehrzahl der Menschen in Chişinău ist zweisprachig. In Geschäften und allgemein zwischen Fremden ist Russisch fast immer die zur Anspra-che zunächst gewählte Sprache, in öffentlichen Einrichtungen dominiert Rumänisch, auf Wunsch wird aber auch Russisch gesprochen. Es kann aber gerade im rumänisch-patriotisch gesinnten Umfeld der Universität vereinzelt vorkommen, dass Russisch ganz bewusst nur passiv verstanden und konsequent auf Rumänisch geantwortet wird.
Das Internationale Büro vermittelt Zweibettzimmer auf Wunsch auch ohne Zimmernachbarn zu einem monatlichen Preis von rund 90€. Bezahlt wird vor der Abreise an der Kasse im Unihauptgebäude, die Details sind vorher mit der Wohnheimadministratorin zu regeln. Die Zimmer befinden sich in einem der modernsten Wohnheime der Stadt und liegen 30-40 Minuten Fußweg/Busfahrt von der Universität ent-fernt. Das Wohnheim ist vermutlich angenehmer als so manche deutschen Heime und sehr gepflegt – nur gutes Wifi fehlt.

Erfahrungsbericht, Staatlichen Universität der Republik Moldau

Foto: Student Uni Jena

Organisation

Die Universität empfängt pro Semester eine:n, maximal zwei Studierende von europäischen Universitäten. Die meisten der internationalen Studierenden stammen aus dem Nahen Osten und Asien und studieren in einigen wenigen Fachbereichen (Medizin, technische Berufe). Das bedeutet, dass nur diese Fakultäten über Erfahrungen verfügen. Folge dieser Situation ist, dass die Verfahren meistens wenig routiniert ablaufen und die Mitarbeitenden oft selbst ratlos sind. Auch wenn es außerdem den Anschein hat, dass die Kommunikation mit der Universität auf Englisch möglich ist, ist es besser, es direkt mit Russisch bzw. Rumänisch zu versuchen, so lassen sich Un-/Missverständnisse reduzieren. Englisch sprechen können (oder wollen) die meisten Mitarbeitenden des Internationalen Büros nämlich nicht.
Das Learning Agreement erfordert keine Absprache mit der Ansprechperson an der Fakultät. Es ist daher sinnvoll, das LA selbständig entsprechend der Modulpläne auf der Homepage der Uni auszufüllen und dann zur Unterzeichnung an das Internationale Büro der USM zu senden. Alle Informationen sind am besten bei den jeweiligen Dozierenden zu erfragen – und man sollte vom IB und von der Ansprechperson an der Fakultät weder schnelle noch vollständige Antworten erwarten.

Lehre

Die Unterrichtssprache ist Rumänisch. Auch unter den Dozierenden sind (aktive) Englischkenntnisse selten, auf Russisch oder vereinzelt Französisch ist Kommunikation aber auf jeden Fall möglich. Wenn man kein Rumänisch spricht, erfolgt das Studium weitgehend selbstständig. Insgesamt lassen einem die Lehrenden dabei – positiv formuliert – sehr viel Freiheit. Am Ende der Veranstaltungen stehen »Re-ferate« - sechs- bis zehnseitige Abhandlungen zu einem vereinzelt vorgegebenen, meistens aber frei gewählten Thema.
Das Lehrformat (Seminar/Vorlesung/Übung) unterscheidet sich von Veranstaltung zu Veranstaltung. Teilweise sind mehrere Lehrende für eine Veranstaltung verantwortlich, manche Veranstaltungen sind auf zwei Semester ausgelegt. Da diese Informationen anhand der Modulpläne nicht ersichtlich (und auch den Koordinatoren nicht bekannt) sind, sollte man sich auf Überraschungen gefasst machen. Die erteilten ECTS spiegeln oft nicht den tatsächlichen Arbeitsaufwand - mal zum eigenen Vor-, mal zum eigenen Nachteil - ein Gespräch mit den zuständigen Dozierenden kann hier Abhilfe schaffen.
Das Sprachkursangebot der Universität ist überschaubar. Regulär unterrichtet werden Englisch, Fran-zösisch, Russisch und Spanisch. Die Sprachkurse sind jedoch - wie ich praktischerweise erst nach meiner Ankunft erfuhr - inhaltlich auf die Ausbildung von Übersetzer:innen/Philolog:innen ausgerichtet und für ein breiteres Publikum daher wohl eher ungeeignet. Rumänischkurse werden nicht angeboten, die Russischlehre geht von einem praktisch muttersprachlichen Niveau aus und ist damit auch nicht so recht brauchbar.
Zusätzlich dazu wird Onlineunterricht in Polnisch und Türkisch angeboten, ein Anrechnung der ECTS ist hier auch für Austauschstudierende grundsätzlich möglich. Zumindest der Polnischunterricht findet in sehr kleinen Gruppen statt und ist schon allein deshalb empfehlenswert. Wenn die Teilnahme an Sprachkursen gewünscht ist, sollte man sich nach der Ankunft an der Universität direkt persönlich im Dekanat der philologischen Fakultät (Str. M. Kogălniceanu 65 (Block III) Raum 216) melden und nicht auf die Unterstützung des/der Koordinator:in hoffen und warten.

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Foto: Student Uni Jena

Aufenthaltsgenehmigung

Für die Einreise ist kein Visum erforderlich. Die Aufenthaltserlaubnis (разрешение на жительство, ein Schreiben) erfordert neben einer vollkommen unüberschaubaren Masse an Dokumenten, die die Universität ausstellt, auch ein zunächst durch das Bundesamt für Justiz überbeglaubigtes Führungszeugnis. Für den Erwerb der notwendigen Dokumente in Deutschland und Moldova und die Gebühren bei der Antragsstellung sollte man mit ≈125€ kalkulieren. Und Achtung: der Antrag auf Erteilung der Auf-enthaltserlaubnis muss spätestens 30 Tage vor Ablauf der 90 Tage Visafreiheit gestellt werden, ansonsten wird eine Strafzahlung (mindestens 750 MDL) fällig. Nach Erhalt der Aufenthaltserlaubnis kann man dann den Aufenthaltstitel (вид на жительство, eine Plastikkarte) beantragen. Dieser Schritt erfordert das Einreichen eines neuerlichen, durch die Universität abgestempelten und unterschriebenen Dokumentenstapels und kostet, in Abhängigkeit von der gewünschten Bearbeitungsdauer, zwischen 400 MDL und 1100 MDL.