Southbourne Beach

Interkulturelle Erfahrungen im Auslandssemester – Meine Tipps

Interkulturelle Kompetenzen im Auslandssemester erlernen
Southbourne Beach
Foto: Jessica Alt

Interkulturelle Erfahrungen im Auslandssemester

Zeigefinger, welcher auf die Weltkarte zeigt
Zeigefinger, welcher auf die Weltkarte zeigt
Foto: pixabay.com

Ihr werdet in eurem Auslandssemester nicht nur Menschen aus dem Zielland kennenlernen. Andere Erasmus-Studierende kommen aus aller Welt in das Zielland und möchten ein Auslandssemester absolvieren. Wenn unterschiedliche Kulturen aufeinandertreffen, ist dies eine wertvolle Erfahrung, aus welcher ihr interkulturelle Kompetenz erlernen könnt. Eine Kompetenz, die insbesondere im Lehrkräfteberuf eine unentbehrliche Fähigkeit darstellt. Jedoch kann das Aufeinandertreffen verschiedener Kulturen zu Momenten der Unsicherheit führen. Ich möchte euch meine Tipps vorstellen, wie ich mit diesen Momenten umgegangen bin und interkulturelle Kompetenzen aufbauen konnte.

Edward T. Hall (1976) beschreibt Kultur als einen Eisberg. Ungefähr zehn Prozent dieses Eisbergs befinden sich auf der Oberfläche und sind für Außenstehende sichtbar. Darunter zählen beispielsweise Musik, Kunst, bestimmte Gerichte, Feiertage und Traditionen. Diese bilden jedoch nur die sichtbare Spitze des Eisbergs ab. Circa 90 Prozent der Kultur befinden sich unterhalb dieser Oberfläche. Sie sind nicht sichtbar für uns und ausschließlich nach langer Interaktion innerhalb einer Kultur spürbar. Darunter zählen unbewusste Regeln, Attitüden, nonverbale Kommunikation, das Zeigen von Emotionen und persönliches Zeit-, und Raumempfinden. Diese Dinge besitzen einen emotionalen Wert für die Menschen innerhalb einer bestimmten Kultur.

  • Hände, die sich beinahe berühren
    Foto: pixabay.com
    1. Nähe/Distanz In manchen Kulturen (beispielsweise in Südamerika und im südlichen Europa) nimmt Nähe und physischer Kontakt eine hohe Bedeutung ein, insbesondere wenn es darum geht, Kontakte zu knüpfen und neue Menschen kennenzulernen. Diese Kulturen stehen im Kontrast zu Kulturen (beispielsweise in Mitteleuropa), in welchen eher eine Distanz eingenommen und physischer Kontakt vermieden wird. In meinem Auslandssemester hat dieser Unterschied für einige Momente der Unsicherheit und des Unwohlseins geführt, da Nähe und körperlicher Kontakt nicht richtig gedeutet werden konnte. Nach einem Gespräch mit der Austauschstudierenden konnte jedoch ein beidseitiger Moment der Unsicherheit festgestellt werden, da nicht nur Nähe ein Moment des Unwohlseins auslösen kann, sondern Distanz ebenfalls als Ablehnung verstanden wurde. Ein Gespräch mit den Beteiligten sorgte jedoch dafür, dass diese Momente auf kulturelle Unterschiede zurückgeführt werden konnten. Folglich empfehle ich jedem, der in einer solchen Situation ist, das Gespräch zu suchen, da nur auf diese Weise ein gemeinsames Verständnis erreicht werden kann. Dieses Verständnis bildet die Grundlage der interkulturellen Kompetenz.
  • Wecker auf einem Schreibtisch
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    2. Zeitwahrnehmung Verschiedene Kulturen besitzen unterschiedliche Wahrnehmungen und Einstellungen gegenüber Zeit. Während es für mich in meinem Auslandssemester üblich war, pünktlich und circa zehn Minuten vor dem Seminarbeginn im Kursraum zu sitzen, kamen englische Studierende meistens genau zu der Seminarzeit oder ein paar Minuten später in den Kursraum. Dies sind nur geringe Unterschiede, die in meinem Auslandssemester keine Momente der Unsicherheit ausgelöst haben, aber mir dennoch aufgefallen sind. Je nachdem in welchem Zielland ihr euer Auslandssemester verbringt, können diese Unterschiede größer ausfallen und zu Vertrauensverlust, Missverständnissen und Beleidigungen führen. Meine Empfehlung ist, dass ihr euch zuvor über die Zeitwahrnehmung in eurem Zielland informiert (beispielsweise durch Erfahrungsberichte), damit ihr Momente der Unsicherheit vermeiden sowie euer Verhalten anpassen könnt.
  • Legofiguren sitzen zusammen an einem runden Tisch
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    3. Konversation und Pausen In manchen Kulturen gelten Pausen/Stille zwischen Sprechakten als Zeichen des Nachdenkens (beispielsweise in manchen asiatischen Ländern). Es wird beispielsweise als höflich betrachtet, wenn nach einer Frage eine Pause stattfindet, weil dies ein Zeichen ist, dass über die Frage nachgedacht und reflektiert wurde. Dieses Verhältnis zwischen Konversation und Pausen steht Kulturen gegenüber, in welchen überlappende und kontinuierliche Konversation stattfindet. Meine Freundin aus Hongkong wies mich in einem Gespräch auf diesen Unterschied hin, da ihr auffiel, dass ich schnell auf Fragen antwortete und teilweise auch Überlappungen stattfanden. Mir hingegen fiel kein Unterschied auf, da es für mich üblich ist, Pausen in einem Gespräch zu vermeiden, da diese oft als unangenehm empfunden werden.

Persönliche Einblicke

Weltkarte
Weltkarte
Foto: pixabay.com

Wie meine kurzen Einblicke zeigen, ist das gemeinsame, klärende Gespräch eine effektive Möglichkeit, gemeinsames Verständnis zu erzeugen und Momente der Unsicherheit aufzuklären. Das Treffen in einer neutralen Sphäre, welche als Austauschmoment dient, ist unentbehrlich für den Aufbau interkultureller Kompetenz. Jeder von uns trägt eine kulturelle Prägung in sich, die wir oft schwer verändern und benennen können. Dabei hilft das klärende Gespräch nicht nur, etwas über andere Kulturen zu erfahren, sondern auch etwas über die eigene kulturelle Prägung. Offenheit und das Ziel der gemeinsamen Problemlösung sollten die Grundlage dieses Gesprächs sein, welches uns ebenfalls ermöglicht positiv und reflektiert über Kultur zu sprechen.