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Der Fokus meines Auslandssemesters lag auf einem politikwissenschaftlichen Studium, wobei ich spannende Seminare im Teilbereich der „Internationalen Beziehungen“ belegen durfte. Dies ist sehr zu empfehlen, da der Südkaukasus und somit auch Georgien ein konfliktgeladenes und sehr nahbares Gefühl für politische Auseinandersetzungen und Konflikte bietet und man in dieser Umgebung nochmal ein ganz neues Bild und unterschiedliche Perspektiven zum weltpolitischen Geschehen vermittelt bekommt. Meine belegten Seminare lebten von einer großen Diskussionsbereitschaft, aufeinandertreffenden Ansichten und Vorerfahrungen und unterschieden sich meines Gefühls nach stark von hiesigen Formaten, da Auseinandersetzung und Recherche sehr spontan und selbstbestimmt gestaltet wurden und bei gemeinsamen Treffen der Fokus auf einem regen mündlichen Austausch lag.
Allerdings sei bereits zu sagen, dass viele Mastermodule erst gegen Abend stattfinden, da viele einheimische Studierende bereits Jobs nachgehen, um das Studium zu finanzieren. Auch werden viele englisch-sprachige Kurse ausschließlich für Auslandsstudierende angeboten, wodurch man nur schwer mit „locals“ in Kontakt kommt und durchaus einige Kurse nicht zustande kommen, falls zu geringe Nachfrage besteht. So erging es mir leider mit meinem Kunstgeschichts-Seminar und erziehungswissenschaftlichen Modulen, sodass ich lediglich im Bereich der Politikwissenschaften unterwegs war.
In dieser Zeit habe ich noch einmal intensiver das Leben in Tbilisi genossen und die Stadt und ihre vielen Schätze entdeckt. Tbilisi bietet sowohl eine angesagte Club-Szene, wird als Second-Hand und Vintage-Stadt gefeiert und man findet in vielen Teilen der Stadt versteckte Lädchen, süße Kaffees und viele kreative Geister. Was man allerdings deutlich merkt, dass das Stadtbild sich im vergangenen Jahr stark gewandelt hat. Die Solidarität für die Ukraine spielt eine offensichtliche und große Rolle und man wird an vielen Hauswänden darauf aufmerksam gemacht. Gleichzeitig ist der Wohnungsmarkt explodiert und sowohl Mietpreise als auch Kosten für das tägliche Leben sind deutlich gestiegen, seitdem auch die Zuwanderung aus Russland stark zugenommen hat.
Die Universität bietet Wohnheimplätze an, welche allerdings deutlich außerhalb des eigentlichen Stadtgeschehens liegen. Daher empfehle ich bei AirBnb, myhome.ge oder in Facebookgruppen nach kleinen Appartements oder WGs Ausschau zu halten, welche in den Stadtteilen Vera, Mtatsminda oder Sololaki gelegen sind. Es kann Sinn machen, sich erstmal für die ersten Wochen eine Unterkunft zu suchen und dann vor Ort ein Gefühl für die Stadt zu bekommen. Meiner Erfahrung nach ergeben sich auch viele WG-Konstellationen, sobald man ausländische Mitstudierende kennenlernt und gemeinsam sucht.