Digitale Gewalt schadet Menschen

Leitfaden digitale Gewalt

Informationen zum Umgang mit digitaler Gewalt 
Digitale Gewalt schadet Menschen
Illustration: Shutterstock Illustration/greeny.mm

Was ist digitale Gewalt?

Der Begriff „digitale Gewalt“ umfasst verschiedene Arten von geschlechtsspezifischer Gewalt, die mithilfe von technischen Geräten und digitalen Medien wie Handys, Apps, Internetanwendungen und E-Mails ausgeübt werden, beispielsweise auf Online-Portalen oder sozialen Plattformen. Oft tritt digitale Gewalt nicht isoliert auf, sondern häufig ist dies eine Fortsetzung oder Ergänzung von bereits bestehenden Gewaltverhältnissen und -dynamiken. Es ist wichtig zu betonen, dass die betroffene Person keine Schuld an dem trägt, was ihr passiert ist. Es gibt Möglichkeiten, dagegen vorzugehen und Unterstützung zu erhalten.


Formen digitaler Gewalt:

Cyberstalking

Stalking bezieht sich auf das absichtliche, wiederholte und hartnäckige Verfolgen und Belästigen einer Person über einen längeren Zeitraum hinweg. Dies geschieht gegen den Willen der betroffenen Person und kann sich in Form von Belästigung, Verfolgung, Bedrohung, Nötigung oder Erpressung äußern. Cyberstalking ist eine spezielle Form des Stalkings, bei der die Täter:innen digitale Medien wie E-Mails, Messenger-Nachrichten, Chat-Beiträge oder soziale Netzwerke nutzen, um ihre Opfer zu belästigen und zu verfolgen.

Bildbasierte sexualisierte Gewalt

Bildbasierte sexualisierte Gewalt bezieht sich auf die Verbreitung von intimen Bildern oder Videos einer Person ohne deren Einverständnis. Dies kann beispielsweise durch das Teilen von privaten Aufnahmen oder Sexting-Nachrichten geschehen. Wenn eine Person damit droht, diese Bilder zu veröffentlichen oder an andere weiterzuleiten, dann ist das nicht nur ein massiver Vertrauensbruch, sondern auch eine Straftat.

Cybermobbing

Cybermobbing bezieht sich auf das Schikanieren, Ausgrenzen, Beleidigen oder Verspotten einer Person über einen längeren Zeitraum durch elektronische Kommunikationsmittel wie E-Mails, Messenger-Nachrichten oder Posts in sozialen Netzwerken. Mobbing kann jedoch auch als Mischform auftreten welche sowohl digital und offline stattfinden kann, z.B. durch das Verbreiten von Gerüchten oder Lügen. Manchmal werden Fakeprofile angelegt, um Unwahrheiten über eine Person zu verbreiten und „Hassgruppen“ auf sozialen Netzwerken gegründet, um eine Person zu demütigen.

Identitätsdiebstahl

Wenn jemand einen Account unter Ihren Namen und mit Ihrem Bild erstellt und dort unangemessene Inhalte hochlädt oder teilt oder andere beleidigt, wird dies als Identitätsdiebstahl bezeichnet. Dies kann z.B. auf sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter oder Instagram geschehen, wenn ein falsches Profil erstellt wird und der Eindruck entsteht, dass Sie selbst diese Dinge gepostet haben.

Doxing

Unter Doxing ist die Veröffentlichung von sensiblen Daten gemeint wie z.B. E-Mail-Adresse, Telefonnummer, Adresse, Arbeitsstelle, Geburtsdatum, usw.
Die Veröffentlichung von persönlichen Daten einer Person geht oft einher mit einem Aufruf, dieser Person Schaden zuzufügen, indem sie bedroht oder belästigt wird.

Hatespeech und seine intersektionelle Charakteristik

Hatespeech bezieht sich auf öffentliche Beschimpfungen, Abwertungen oder Bedrohungen von Menschen im Internet oder auf Aufrufe zur Gewalt. Dazu gehören auch Vergewaltigungsdrohungen und Aufforderungen zum Suizid. Wenn solche aggressiven Nachrichten gleichzeitig von einer großen Anzahl von Menschen als Reaktion auf einen bestimmten Post oder Artikel im Netz gesendet werden, spricht man oft von einem Hatestorm.

Folgen digitaler Gewalt

Von digitaler Gewalt betroffene Menschen haben das Gefühl, dass Täter:innen und die Bedrohung allgegenwärtig sind (im Mail-Postfach, auf Facebook, vor dem Büro etc.). Emotionale Belastung, Stress und Angst sind die Folgen. Die psychischen Folgen können sich u.a. in Depressionen und Panikattacken äußern. Digitale Gewalt kann dazu führen, dass sich Betroffene unsicher in ihrem Zuhause fühlen, den Wohnort wechseln, dass ihnen gekündigt wird und berufliche Nachteile entstehen. Oft ziehen sie sich auch aus dem Internet zurück, um weitere Belästigungen oder Datenmissbrauch zu vermeiden.

Cybergewalt hat somit Effekte auf die gesellschaftliche Teilhabe. Das Internet ist ein wichtiger Faktor sozialer Teilhabe – dies betrifft auch Aspekte der Bildung und der beruflichen Entfaltung – werden Frauen aus diesem Raum verdrängt und bewusst ferngehalten oder ziehen sich als Folge von Gewalt selbst zurück, schränkt das die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ein. 

Strategien im Umgang mit digitaler Gewalt

Es gibt verschiedene juristische Schritte, die man gegen digitale Angriffe unternehmen kann. Viele Attacken stellen Straftaten wie Beleidigung, Stalking, Identitätsdiebstahl oder Nötigung dar. Sich juristisch zu wehren kann ein wichtiger Schritt sein, um sich vor weiteren Angriffen zu schützen.

Bei Cyberstalking:

Wenn Sie gestalked werden, oder der Verdacht auf Spy-Ware besteht, dies sind beispielsweise Apps die ihren Standort abrufen können oder die Kamera aktivieren, können Sie zunächst folgendes tun:

  • Überprüfen und deaktivieren Sie die Standort-Einstellung auf ihren Geräten.
  • Überprüfen Sie, ob sich Apps auf ihrem Smartphone befinden, die Sie nicht kennen und löschen Sie diese gegebenenfalls.
  • Ändern Sie ihre Passwörter, um den Zugang zu ihren E-Mails und anderen Accounts zu verhindern. Neue Passwörter können auch bei sensiblen Accounts wie dem Bank-Account, dem Konto des Mobilfunkanbieters, Konten bei Amazon und Google u.ä. wichtig sein.
  • Nutzen Sie sichere Passwörter und gegebenenfalls einen Passwort-Manager. Ein Passwort-Manager ist eine Anwendung bzw. Dienst, welche die Verwaltung von Passwörtern und Zugangsdaten erleichtert. Er fungiert als sicherer Speicherort für alle ihre Passwörter und ermöglicht es Ihnen, starke, eindeutige Passwörter für verschiedene Online-Konten zu erstellen und zu speichern.
  • Falls notwendig, erstellen Sie neue Accounts, mit denen Sie E-Mails schreiben und soziale Netzwerke nutzen können. Wichtig: Nutzen Sie die Accounts nur an sicheren Geräten und nicht mit jenen, die überwacht werden. Sie können eine:n Freund:in fragen.
  • Richten Sie dort, wo es möglich ist, eine sogenannte Zwei-Faktor-Authentifizierung ein. Dies dient als Sicherheitsmechanismus, der zusätzlich Schutz für Ihre Online-Konten bietet, indem er neben dem Passwort einen zweiten Faktor zur Überprüfung ihrer Identität erfordert. Dadurch wird die Sicherheit erhöht, da ein:e potenzielle:r Angreifer:in nicht nur das Passwort kennen, sondern auch den zweiten Faktor besitzen müsste, um Zugriff auf ihr Konto zu erhalten.
  • Achten Sie darauf, dass ihre Webcam und die Kamera am Smartphone abgeklebt sind.

Bei bildbasierte sexualisierte Gewalt:

  • Fertigen Sie Screenshots von Chatverläufen an und dokumentieren Sie, wer die Aufnahmen hochgeladen oder weiterverbreitet hat.
  • Kontaktieren Sie die Webseiten-Betreiber:innen. Diese sind verpflichtet, die Bilder zu entfernen, die gegen den Willen der abgebildeten Person hochgeladen wurden. Hier finden Sie Hinweise, wie das Melden von Inhalten auf verschiedenen Netzwerken funktioniert.Externer Link
  • Fordern Sie ihr Recht ein. Auch wenn Sie zugestimmt haben, dass intime Fotos oder Videos gemacht werden, oder Sie Aufnahmen von sich verschickt haben: Diese dürfen ohne Ihre Zustimmung nicht weitergeleitet oder veröffentlicht werden.
  • Die Weitergabe von Aufnahmen gegen den Willen der abgebildeten Person ist strafbar und sowohl im Kunsturhebergesetz (§33 KUGExterner Link) als auch im Strafgesetzbuch geregelt (§ 201 StGBExterner Link). Das Einverständnis mit der Aufnahme beinhaltet niemals automatisch die Erlaubnis zur Weitergabe.

Bei Cybermobbing:

  • Grundsätzlich ist es ratsam, nicht auf Cybermobbing-Attacken zu antworten, da der oder die Täter:innen ansonsten motiviert werden könnten, weiter zu mobben.
  • Wichtig ist es, nicht alleine zu bleiben, sondern sich an eine Vertrauensperson zu wenden und mit ihrer Hilfe eine Unterstützungsgruppe aufzubauen. Die Gruppe kann sich online einmischen und beleidigende Bilder oder Videos kommentieren oder melden. Sie können sich selbstverständlich auch beim Gleichstellungsbüro melden.
  • Melden Sie die Cybermobbing-Attacke. Wichtig ist hierbei eine Begründung, warum der Inhalt entfernt werden soll, z.B. Beleidigung, unerlaubte Abbildung der eigenen Person oder Verletzung der Persönlichkeitsrechte.

Bei Identitätsdiebstahl:

Accounts im Namen anderer anzulegen, um Ihnen damit zu schaden oder zu verletzen, ist illegal und kann sogar strafrechtliche Konsequenzen haben. Wenn ihre Online-Identität gestohlen oder ihr Account gehackt wurde, können Sie sich dagegen wehren.

  • Informieren Sie die Verantwortlichen der Plattform und fordern Sie diese auf, den Account zu löschen oder zu deaktivieren.
  • Bei Identitätsdiebstahl und Identitätsmissbrauch greifen eine Reihe von Straftatbeständen. Wenn Sie überlegen, juristisch gegen die Täter vorzugehen, können Sie sich auf folgende Straftatbestände beziehen:

Bevor Sie Anzeige bei der Polizei erstatten, ist es sinnvoll, sich anwaltlich beraten zu lassen. Dies ist häufig mit Kosten verbunden. In einer Beratungsstelle erhalten Sie Informationen darüber, wie Sie kostengünstig eine Rechtsberatung erhalten können, z.B. mithilfe eines Antrags auf Beratungshilfe. Hierfür können Sie sich an der Rechtsberatung des Studierendenwerkes ThüringenExterner Link oder die Verbraucherzentrale JenaExterner Link wenden.


Bei Doxing:

Wenn die Daten bereits veröffentlicht sind und daraufhin Beleidigungen und Drohungen folgen, oder jemand dazu aufruft, Gewalt gegen Sie anzuwenden, sind rechtliche Schritte gegen den Verursacher möglich. Auch gegen die Verfasser:innen der Beleidigungen und Drohungen kann u.a. Anzeige wegen Beleidigung, Verleumdung oder Übler Nachrede erstattet werden.

  • Bevor rechtliche Schritte eingeleitet werden, ist es immer ratsam, vorher eine Rechtsberatung zu kontaktieren.
  • Fordern sie die Betreiber:innen der Plattformen auf, die Inhalte zu löschen. Denken Sie daran, vorher einen Screenshot anzufertigen und weitere Beweise zu sichern, damit bei einer späteren Anzeige Beweise vorliegen.

Bei Hatespeech:

  • Suchen Sie sich Unterstützung. In einer solchen Situation wirkt es entlastend, nicht alleine zu bleiben und sich einen Unterstützer:innenkreis aufzubauen. 
  • Blockieren Sie Personen, die Hatespeech verbreiten. 
  • Unterstützen Sie Andere und seien Sie solidarisch mit Betroffenen.
  • Nutzen Sie eines der Beratungsangebote, die unten verlinkt sind.

 

Für eine Anzeige und Strafverfolgung ist es allerdings wichtig, die Nachrichten oder Inhalte zu dokumentieren. Wie Sie richtig dokumentieren, können Sie hier  Externer Link erfahren.

Beratungsangebote und Ansprechpartner:innen 

  • IIn Fällen von sexualisierter Belästigung ist das Gleichstellungsbüro der Friedrich-Schiller-Universität eine Beratungsstelle: Meldeformular
  • Alle Arten von Diskriminierung oder Benachteiligung an der Universität können Sie (auf Wunsch anonym) im Meldeformular des Diversitätsbüros gemeldet werden: Meldeformular
  • Für Frauen in akuten häuslichen Gewaltsituationen ist das Jenaer Frauenzentrum jederzeit erreichbar: Jenaer Frauenhaus e.V.Externer LinkExterner LinkExterner Link (Notruf: 0177 - 4787 052; Fischergasse 2, 07743 Jena; 036 41 44 98 72)
  • Gleichstellungsreferat der Studierendenrats: Studierendenrat der FSU JenaExterner Link
  • In Lebensbedrohlichen Situationen rufen Sie die Polizei an: 110

Weitere Anlaufstellen


Psychosoziale Beratung des Studienwerkes ThüringenExterner Link

Rechtsberatung des Studierendenwerkes ThüringenExterner Link

Frauenzentrum TOWANDA Jena e.V. Externer Link

Hass im NetzExterner Link

HateaidExterner Link

Anti-Stalking-ProjektExterner Link

 

Aktuelle Publikationen

UNFPA: Technology-facilitated Gender-based Violence: Making All Spaces Safe (2021)Externer Link

BFF: Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe,
Nivedita Prasad (Hg.) (2021): Geschlechtsspezifische Gewalt in Zeiten der Digitalisierung Externer Link

Döring, Nicola; Rohangis Mohseni, M. (2020): Digitale interpersonale Gewalt und Aggression: Forschungsstand und medienpädagogische HerausforderungenExterner Link

Flyer: BFF: Sicher mit SmartphoneExterner Link
Broschüre: Digitale Welten - Digitale Medien - Digitale GewaltExterner Link

Quelle: Text basiert auf den Inhalt der Frauen Gegen Gewalt e.V. Durch das Gleichstellungsbüro 2023 an die Situation auf Universitätsebene angepasst.