Meldung vom: | Verfasser/in: Ute Schönfelder
Zur Original-Meldung
Klima, Krieg, Corona – die Gegenwart ist geprägt von großen gesellschaftlichen Krisen. Nicht wenige Menschen leiden darunter, fühlen sich ohnmächtig und gestresst. Für Kinder und Jugendliche sind solche Krisen häufig noch bedrohlicher, weiß Prof. Dr. Julia Asbrand von der Universität Jena. „Gerade jüngere Kinder sind sensibel gegenüber Krisen und Bedrohungen, die von außen kommen, und erleben sie viel unmittelbarer als Erwachsene.“ So sei in vielen Studien gezeigt worden, dass zum Beispiel die Corona-Pandemie mit einem hohen Anstieg psychischer Belastung bei Kindern, Jugendlichen – und deren Eltern verbunden sei, sagt die Psychologin und Psychotherapeutin, die kürzlich zur Professorin für Klinische Psychologie des Kindes- und Jugendalters ernannt worden ist.
Julia Asbrand und ihr Team erforschen, wie sich gesellschaftliche Krisen auf die Psyche von Kindern und Jugendlichen auswirken können und mit welchen therapeutischen Interventionen diesen wirksam begegnet werden kann. Der Bedarf dafür ist groß. Nicht nur, weil Krisen häufig weitere Krisen nach sich ziehen, sondern auch und gerade, weil präventive und psychotherapeutische Angebote in Deutschland bislang nur unzureichend verfügbar sind. Um diese Situation zu verbessern, engagiert sich die 37-Jährige, die im Wintersemester von der Humboldt-Universität Berlin nach Jena wechselte, auch in der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGPs), die regelmäßig ein öffentliches digitales Fachforum für Klinische Kinder- und Jugendpsychologie für die breite Öffentlichkeit, Medien und Politik anbietet, das Julia Asbrand gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen koordiniert (https://www.dgps.de/schwerpunkte/fachforum-klinische-kinder-und-jugendpsychologie)Externer Link.
Nicht allein das unmittelbare Erleben von Krisenerfahrungen macht Kinder und Jugendliche anfälliger für psychische Störungen, die Ängste, Depressionen oder Essstörungen nach sich ziehen können. „Globale Krisen wie etwa die Klimakrise werden Kinder und Jugendliche auch viel länger und stärker betreffen als heutige Erwachsene“, so Asbrand. Die Generation der heute Zehnjährigen wird den Klimaveränderungen mit steigenden Temperaturen, Trockenheit und Wetterextremen über einen wesentlichen Zeitraum ihres Lebens ausgesetzt sein – mit allen gesundheitlichen Folgen. „Wenn wir das Klima schützen, bewahren wir die junge Generation vor diesen Folgen und tragen damit auch zu ihrer psychischen Gesundheit bei.“
Neben Krisenerfahrungen und ihren Auswirkungen auf die Psyche befasst sich Julia Asbrand vor allem mit Angststörungen, den häufigsten psychischen Störungen bei Kindern und Jugendlichen, wie sozialen Ängsten, Phobien und Panikstörungen. „Etwa 10 Prozent aller Kinder und Jugendlichen sind betroffen“. Julia Asbrand hat in Freiburg Psychologie studiert und dort auch promoviert, als Postdoc gearbeitet und ihre Psychotherapieausbildung abgeschlossen. An der Humboldt-Uni, wo sie von 2020 bis 2023 eine Juniorprofessur innehatte, hat sie eine Spezialambulanz für Kinder, Jugendliche und Familien aufgebaut und geleitet. Bevor sie dem Ruf an die Uni Jena folgte, hat sie Ruf-Angebote an die Uni Hamburg und die Uni Mainz abgelehnt. Ausschlaggebend für ihre Entscheidung für die Uni Jena seien sowohl potentielle Kooperationen an der Uni, Ausstattung und Infrastruktur gewesen, als auch, dass Jena Teil des „Deutschen Zentrums für Psychische Gesundheit“ ist. „Das eröffnet mir und meinem Team interessante Kooperationsmöglichkeiten“, sagt Asbrand.
Kooperieren will die Psychologin in Jena nicht nur mit Fachkolleginnen und -kollegen der Uni, sondern auch mit Kindern und Jugendlichen selbst. Dazu baut sie aktuell einen neuen partizipativen Schwerpunkt ihrer Forschung auf, in dem Kinder und Jugendliche sowie Eltern und Bezugspersonen sich direkt in Forschungsthemen einbringen und an der Auswertung von Forschungsergebnissen beteiligen können. „Dieses Angebot ist mir sehr wichtig, da wir Forschung für die Gesellschaft machen und die Interessen der Betroffenen unmittelbar berücksichtigen wollen.“ Außerdem möchte sie damit bei Kindern und Jugendlichen Kompetenzen aufbauen, die eigene psychologische Gesundheit wahr- und ernstzunehmen.
nach Vereinbarung