Die Gewinnerinnen des Novalispreises 2022: Dr. Joanna Raisbeck (l.) und Dr. Klara Schubenz.

Interdisziplinäre Auseinandersetzungen mit der Romantik

Joanna Raisbeck (Oxford) und Klara Schubenz (Konstanz/Mainz) erhalten den Novalis-Preis 2022 für innovative Forschungen zur europäischen Romantik
Die Gewinnerinnen des Novalispreises 2022: Dr. Joanna Raisbeck (l.) und Dr. Klara Schubenz.
Foto: John Cairns (l.); privat
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Meldung vom: | Verfasser/in: Stephan Laudien
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Die Wissenschaftlerinnen Dr. Joanna Raisbeck (Oxford) und Dr. Klara Schu­benz (Konstanz/Mainz) haben den renommierten Novalis-Preis für innovative Forschungen zur europäischen Romantik erhalten. Die mit je 2.500 Euro dotierten Auszeichnungen, die die Universität Jena verleiht, wurden Anfang Mai in der Taufkirche Friedrich von Hardenbergs (Novalis) in Wiederstedt übergeben. Den Rahmen für die Ehrung gab eine Festveranstaltung anlässlich des 250. Geburtstages des Dichters. Zugleich wurde der 30. Geburtstag der Inter­nationalen Novalis-Gesellschaft began­gen. Deren Präsident Prof. Dr. Nicholas Saul (Durham University) begrüßte zahlreiche Gäste aus Politik, Kultur, Wissenschaft und Gesellschaft. Grußworte sprachen Dr. Reiner Haseloff, Ministerpräsident des Landes Sachsen-Anhalt, und Prof. Dr. Walter Rosenthal, Präsident der Friedrich-Schiller-Universität Jena.

Karoline von Günderrode als Philosophin

Die von Joanna Raisbeck an der Universität Oxford eingereichte Arbeit „Poetic Metaphysics in Karoline von Günderrode“ rekonstruiert das Werk der romantischen Dichterin vor dem Hin­tergrund ihrer Auseinandersetzungen mit den philosophischen Strömungen ihrer Zeit. Rais­beck arbeitet heraus, dass die dichtende Philosophin bzw. philosophierende Dichterin Gün­derrode in der Nachfolge von Herders Spinoza-Rezeption eine spezifische Ausprägung des Pantheismus vertritt: einen Panentheismus. Dieses von Günderrode profilierte Konzept, wonach die Welt in Gott eingeschlossen ist, erlaubt es, bestimmte Positionen der Aufklärung, insbesondere den Gedanken der Perfektibilität sowie das Motiv einer Bestimmung des Menschen, aufzuheben und die späteren, materialistischen Tendenzen der Aufklärung zu inkludieren, ohne dabei in eine atheistisch materialistische Weltanschauung zu münden. Günderrodes Besonderheit liege, so Raisbeck, u. a. darin, „dass sie die Idee der Naturalisie­rung des Individuums bis zu dem Punkt vorantreibt, an dem die Natur und der Mensch keine getrennten Seinsordnungen mehr sind“.

Der Wald als Motiv der Romantik und als Wirtschaftsressource

Mit ihrer Studie „Der Wald in der Literatur des 19. Jahrhunderts. Geschichte einer romantisch-realistischen Ressource“ (Konstanz University Press 2020) zeichnet Klara Schubenz eine in­ter­disziplinäre Verflechtungsgeschichte zwischen der Arbeit am Imaginären des Waldes und seiner realgeschichtlichen Rolle als Ressource im Übergang vom agrarischen zum industriel­len Zeitalter. Dabei berücksichtigt die Untersuchung, die im Konstanzer Graduiertenkolleg „Das Reale in der Moderne“ entstanden ist, eine Vielzahl von außerliterarischen Quellen aus der Umwelt-, Rechts-, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. „Literaturgeschichtliche Prozesse“, so heißt es bei Schubenz, „sollen hier nicht als Folge gesellschaftlichen Wandels verstanden werden, sondern in komplexer Ko-Evolution mit diesen.“ Aufgezeigt wird die Wirkmacht ro­man­tischer Waldnarrative innerhalb der Literatur des 19. Jahrhunderts. Dabei finden die Re­sonanzen und Spiegelungen eine besondere Aufmerksamkeit, die romantische Erzählmuster in der Literatur des Realismus gewinnen. „Romantik und Realismus zeigen sich“, so die for­schungsleitende These, „als vielfältig miteinander verwobener Großkomplex.

Blütenstaub-Preis 2022 für Schülerinnen und Schüler aus Berlin

Im Rahmen der Festveranstaltung wurde auch der Blütenstaub-Preis für Schüler bzw. Stu­dierende vergeben. Die mit 500 Euro dotierte Auszeichnung ging in diesem Jahr an Abitu­rientinnen und Abiturienten vom Berliner Rosa-Luxemburg-Gymnasium. Begleitet vom Walter-Benjamin-Archiv und dem Vermittlungsprogramm KUNSTWELTEN der Akademie der Künste Berlin setzten sich die Schüler und Schülerinnen mit Leben und Werk Walter Benjamins aus­ein­ander, der sich 1940 auf der Flucht vor den Nationalsozialisten im spanischen Portbou das Leben nahm. Entstanden ist bei dieser Spurensuche der Film „Die Reise nach Port­bou/Auf der Suche nach Walter Benjamin“.

Der Novalis-Preis und der Blütenstaub-Preis werden alle zwei Jahre von der Friedrich-Schiller-Universität Jena/Forschungsstelle Europäische Romantik in Kooperation mit der Inter­natio­nalen Novalis-Gesellschaft/Forschungsstätte für Frühromantik verliehen.  

Kontakt:

Helmut Hühn, Dr.
Leitung der Forschungsstelle Europäische Romantik (gemeinsam mit Prof. Johannes Grave) / Leitung Schillers Gartenhaus
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Professur neuere Kunstgeschichte
Schillers Gartenhaus
Schillergäßchen 2
07743 Jena Google Maps – LageplanExterner Link
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