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Meldung vom: | Verfasser/in: Axel Burchardt
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Eine Kopfhaut aus Namibia, Schädel aus Tansania und Papua. Dies sind Beispiele für menschliche Überreste aus Sammlungen der Universität Jena, die während der Kolonialzeit nach Deutschland gebracht wurden. Umfangreiche Forschungen waren notwendig, um die genaue Herkunft und die Geschichte dieser menschlichen Überreste nachvollziehen zu können, denn die Identifizierung ist fast immer schwierig und aufwendig. Dieser Aufgabe, der sogenannten Provenienzforschung, stellt sich die Jenaer Universität seit Jahren. „Die Friedrich-Schiller-Universität ist sich der Verantwortung für ihre Sammlungsbestände sehr bewusst und deshalb äußerst bemüht, ihre Herkunft sorgfältig und umfassend zu klären“, sagt der Präsident der Universität Jena Prof. Dr. Walter Rosenthal. „Der Fokus liegt zunächst auf menschlichen Überresten, die nicht in eine Ausstellung, sondern in die Obhut der Nachfahren gehören“. Seit diesem Semester hat er dazu auch die Arbeitsgruppe „Koloniales Erbe und rassismuskritische Bildungsarbeit“ eingesetzt, der die Historiker Joachim Bauer und Stefan Gerber, der Biologiedidaktiker Uwe Hoßfeld und der Archäologe/Anthropologe Enrico Paust angehören, und die aus den Sammlungen und weiteren Bereichen der Universität unterstützt wird.
Das Expertenteam hat gerade neue Ergebnisse vorgelegt und sie für die interessierte Öffentlichkeit in der Publikation „Ernst Haeckels koloniale Schädel“ publiziert. Sie zeigt am Beispiel von acht Schädeln aus der ehemaligen Osteologischen Sammlung und dem Phyletischen Museum auf, welche Wege solche Sammlungsobjekte im 19. und 20. Jahrhundert genommen haben und welche Möglichkeiten und Grenzen es gibt, ihre Herkunft ein Jahrhundert später zu rekonstruieren.
Intensive Forschungen zu jedem Sammlungsteil notwendig
Grundlage der Publikation ist ein gerade abgeschlossenes Forschungsprojekt im Bereich Kultur- und Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten, das vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste gefördert wurde. In dem interdisziplinären Projekt ist anhand von acht menschlichen Schädeln aus dem Haeckel-Nachlass sowie der Osteologischen Sammlung die konkrete Provenienz detailliert erforscht worden. Sieben dieser Schädel konnten nach Akten-Recherchen in den Sammlungen gefunden und anthropologisch erfasst werden. Ermittelt werden konnte auch, dass Ernst Haeckel zwei Schädel beim Naturalienhandel J.F.G. Umlauff in Hamburg gekauft hatte. Auf welchem Weg die Schädel eines Papua und eines Massai allerdings zu Umlauff gelangt sind, konnte trotz intensiver Quellenarbeiten nicht abschließend geklärt werden. Unklar blieb auch, wo sich der von Haeckel gekaufte Massai-Schädel befindet, da er bisher nicht in den Beständen der Universität ermittelt werden konnte.
Es bleiben Fragen offen
Im Hinblick auf die sechs Schädel aus der Osteologischen Sammlung konnte für alle ein Eingang in die Sammlung zwischen 1930 und 1935 unter dem Ordinariat von Hans F. K. Günther – später „Rasse-Günther“ genannt – herausgestellt werden. Für drei Schädel von Massai lässt sich der genaue Weg nach Jena nicht nachvollziehen. Aufgrund der ermittelten Vorbesitzer, des Gouverneurs von Deutsch-Ostafrika Gustav Adolf Graf von Goetzen und des Malers Wilhelm Kuhnert, gilt allerdings ein Zusammenhang mit dem Maji-Maji-Aufstand als wahrscheinlich. Die drei Schädel der Papua lassen sich auf einen Einkauf von der Firma Umlauff sowie auf ein Geschenk des Kaiser-Wilhelm-Institutes zurückführen. Lediglich ein Schädel lässt sich in seiner Herkunft nicht näher eingrenzen.
Die in diesem Projekt erarbeiteten Erkenntnisse dienen als methodische Grundlage für eine kommende vollständige Aufarbeitung des Sammlungsgutes an der Universität Jena. Die in der Studie untersuchten Schädel sollen in ihre Herkunftsländer zurückgeführt werden, weshalb bereits Meldungen an das Auswärtige Amt und die Vertretungen der betroffenen Länder erfolgt sind.
Original-Publikation:
Enrico Paust, Carlies Maria Raddatz-Breidbach, Uwe Hoßfeld, Joachim Bauer, Stefan Gerber: Ernst Haeckels koloniale Schädel, Jenaer Archäologische Forschungen, Heft 8, Jena 2021, 4,50 Euro.
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