Meldung vom: | Verfasser/in: Stephan Laudien
Oberflächlich betrachtet scheint die arabische Welt ein homogener Raum zu sein, doch näher betrachtet erweist sich dieser Eindruck als Chimäre. Da gibt es Länder wie Katar, die unermesslich reich sind und bitterarme Staaten wie den Jemen. Als ebenso vielfältig stellt sich das Arabische heraus; eine Sprache, die zahlreiche Dialekte kennt und als Hochsprache eher theoretisch existiert. „Die Sprache ist der Schlüssel zur Kultur“, sagt Prof. Dr. Frank Weigelt. Der 47-jährige gebürtige Oldenburger ist neuer Professor für Arabistik mit dem Schwerpunkt für Klassisches Arabisch an der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
Hochsprache und Dialekt Hand in Hand
Für Frank Weigelt steht die arabische Sprache im Fokus, wobei er Hochsprache und Dialekte gleichermaßen in seine Arbeit einbezieht. In der ganzen arabischen Welt verstanden werden das syrische und das ägyptische Arabisch, die sich vor allem durch Fernsehen und Popmusik verbreiten. Die Vermittlung von Sprachkenntnissen sei ein wichtiger Teil seiner Arbeit, sagt Frank Weigelt. Darüber hinaus möchte er gern die Chancen nutzen, die sich an der Universität Jena über Fachgrenzen hinweg bieten: „Mein Anliegen ist es, über die Grenzen der Disziplinen hinweg die Fäden zusammenzuführen.“ Spannende Überschneidungen gebe es etwa mit der Theologie, der Philosophie und der Interkulturellen Wirtschaftskommunikation. Ohne die Religion sei die arabische Welt kaum zu verstehen, so Frank Weigelt: „Der Islam wird meist als verbindende Klammer angesehen.“ Doch den einen Islam gebe es nicht. Zwar sei beispielsweise die Alltagssprache tief mit religiösen Formeln durchdrungen, doch spiegele das keineswegs immer die tatsächliche Religiosität der Sprecher wider. Oft sei kaum auszumachen, in welchen Aspekten die Religion die arabische Kultur prägt, und wo es wiederum die Kultur ist, die auf die Religion einwirkt. Hinzu komme, dass trotz großer Glaubensunterschiede Muslime und Christen in der arabischen Welt vielfach die gleichen religiösen Wendungen gebrauchen. „Die Religion, egal welcher Art, ist ganz selbstverständlich vorhanden, das ist ein großer Unterschied zu unserer Situation in Europa“, so Weigelt.
Starke Überschneidungen von Islam und Christentum
Die starken Überschneidungen von Islam und Christentum seien ihm schon während der Arbeit an seiner Dissertation bewusst geworden, sagt Prof. Weigelt. Die Arbeit über einen arabischen Kommentar zu einem Bibeltext hat er im norwegischen Bergen fertiggestellt. „Muslime, Juden und Christen haben sich im Mittelalter intensiv miteinander befasst. Die Brücke war die arabische Sprache. So hatten die Gelehrten über die Religionsgrenzen hinweg alle an einer gemeinsamen Kultur teil“, sagt Frank Weigelt
Studiert hat Frank Weigelt zunächst Theologie in Bethel bei Bielefeld. Sein Hebräisch-Unterricht weckte das Interesse an Sprachen. Von Bethel aus ging es für ein Jahr nach Jerusalem, wo Weigelt Neuhebräisch lernte. Nächste Station war Leipzig, ein Magisterstudium in Arabistik. Danach ging es an die Freie Universität Berlin als Assistent für semitische Sprachen und zudem als Dolmetscher für das Goethe-Institut. Davor lebte Frank Weigelt ein Jahr in Damaskus, wo er begann, den syrischen Dialekt des Arabischen zu lernen. Den Feinschliff gaben später syrische Flüchtlinge in Deutschland. Über die Stationen Bergen (Norwegen) und Halle/Saale kam Frank Weigelt schließlich als wissenschaftlicher Mitarbeiter nach Marburg und wechselte dann an die Friedrich-Schiller-Universität.
Aktuell arbeitet Frank Weigelt an einer Studie zur arabischen Höflichkeit. Viel stärker als das Deutsche sei die arabische Umgangssprache von Redewendungen und Höflichkeitsfloskeln geprägt, ohne die es unmöglich ist, angemessen zu kommunizieren. Dabei gehe es nicht nur darum, die sprachlichen Mittel zu beherrschen, sondern auch die kulturellen Konzepte zu verstehen, die dahinterstehen. Darüber hinaus arbeitet er mit der Forschungsbibliothek Gotha zusammen, wo er in einem gemeinsamen Projekt eine Sammlung von arabischen Briefen aus dem 18. Jahrhundert untersuchen möchte.
Jena selbst gefalle ihm, sagt Frank Weigelt, die Menschen seien freundlich. Und er hofft, hier Zeit für sein Hobby zu haben: Weigelt sammelt mechanische Schreibmaschinen mit exotischen Schriften. Das Prunkstück seiner Sammlung ist ein indisches Modell mit Hindi-Tastenfeld. Auch sonst setzt er auf analoge Technik. Alte Filme im 16mm-Format führt er in seinem privaten Filmclub vor.