Erfahrungsbericht Chung-Ang University

Chung-Ang University

Akademisches Jahr 2022/23
Erfahrungsbericht Chung-Ang University
Foto: Luisa, Uni Jena
  • Chung-Ang University

Meldung vom:

Luisa, Bachelor Biochemie

Es ist wahrscheinlich schwierig ein ganzes Jahr in einen Bericht zu packen und dabei der
Erfahrung noch gerecht zu werden. Alles in allem kann ich aber trotzdem vorab schon mal sagen (selbst wenn es sehr klischeehaft klingt), dass es eines der besten Jahre bisher in meinem Leben war. Weil diese Erfahrungsberichte meiner Meinung nach am meisten bringen, wenn sie praktisch und voller Tipps sind, fokussiere ich mich ziemlich auf Uni und das Dormitory. Ich habe im Dorm auf dem Campus gelebt und studiere Biochemie (so viel vielleicht mal zu meinem Hintergrund). Das Dorm war ein Erlebnis. Horror wenn es um die Organisation geht, aber eine echt gute Möglichkeit seine Freunde jeden Tag zu sehen, selbst wenn sie was anderes studieren. In den Policies wurde einiges geändert mittlerweile, aber trotzdem bleibt es spannend:

  • Infos zu Zahlungen kommen nur wenige Tage vor der Zahlungsdeadline
  • Regeln sind Regeln und Deadlines sind Deadlines…da ist wirklich kein Spielraum
  • curfew (1:00-5:00 Uhr) und monthly room inspections können teilweise sehr nerven
  • manchmal bekommt man ein paar Infos einfach nicht…warum weis keiner so genau
  • Fragen per Mail werden kaum fallspeziefisch beantwortet
  • die Anmeldung, dass man einen Platz bekommt ist ein emotionaler Rolercoster und ein Zittern
  • das Bad in 308 hat keine Badtür, 309 schon (aber normalerweise kommen alle
    Auslandsstudierende in 308)
  • die Dusche und die Klimaanlage waren in fast allen Zimmern verschimmelt (kann man aber mit ein bisschen Arbeit selbst richten; einfach bei Daiso Silikon kaufen und putzen)

Aber wenn ihr einen roommate habt, mit dem ihr sehr gut auskommt, ist es eine echt super
Erfahrung. Man lebt direkt auf dem Campus und hat nur 5 min Laufzeit zu den classes. In den common-rooms auf jedem floor trifft man teilweise auch echt noch nette Leute und das
vereinfacht auch ziemlich das Freunde-Finden in einem neuen Land. Das sollte man nicht
unterschätzen. Also selbst wenn man die Punkte betrachtet, die ich genannt habe, ist es das
Leben dort auf jeden Fall wert. Das Geld spricht auch dafür. Was für mich auch ein sehr positiver Punkt war, war das Angebot an Afterschool Programmen. Man hatte verschiedene
Sportrichtungen, die man wählen und nur für 30.000 Won pro Semester besuchen konnte. Das Ganze ist auch exklusiv für Bewohner/innen des Dorms und das Angebot geht von Yoga, Pilates und Fußball über einen K-Pop Tanzkurs und Badminton. Ich war im Tanzkurs und es hat wirklich mega viel Spaß gemacht. Ich wäre am liebsten nie gegangen. Die Kurse sind alle auf koreanisch, aber gerade sowas wie Tanzen geht auch sehr gut ohne Sprachkenntnisse zu belegen. Die meisten geben sich auch Mühe das Wichtigste auf Englisch noch mal zu erklären, also lasst euch davon nicht abschrecken.

Genug zum Dorm. In meiner Erinnerung wird alles ziemlich knapp. Bis man die Dokumente von der Chung-Ang bekommt und dann endlich das Visum beantragen kann, vergeht schon einige Zeit, die ich lieber sicher in der Tasche gehabt hätte. Allerdings geht sich alles normalerweise aus. Also selbst wenn ihr euch stresst, lasst euch hier sagen, dass das kein Einzelfall ist! Weil wir gerade über Dokumente sprechen: man muss ja learning-agreement und diverse andere Dokumente vom internationalen Büro der Chung-Ang unterschreiben lassen. Holt euch da am besten Hilfe vom IB in Jena, weil mir und auch anderen haben sie nie geantwortet.
Vielleicht mal was zum bank-account: man kann sich dort einen machen lassen und anscheinend ist das auch gar nicht so schwierig. Ich hatte nur meine Visa-Karte für das Jahr und konnte deshalb auch nichts im Internet bestellen oder keine Tickets für Konzerte auf den domestic Seiten kaufen. Man kommt damit klar, so viel dazu. Also ich musste dann zumindest nicht durch die Bürokratie gehen das wieder zu kündigen oder zu eröffnen in the first place. Ist, denke ich, jedem selber überlassen.
Die Krankenversicherung bekommt ihr sofort mit Einreise, allerdings gilt sie erst ab dem ersten Monat, den ihr bezahlt. Da der Brief mit der Rechnung erst sehr spät kommt (so nach zwei drei Monaten nach Ankunft), ist es für Leute, die nur ein Semester kommen, vielleicht besser, die zu kündigen und selbst eine zu besorgen. (Falls man keinen koreanischen Bank-Account hat, muss man diese auch per Bargeld in der Bank bezahlen.)

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Foto: Luisa, Uni Jena

Wenn man Naturwissenschaften studiert, kann man sich darauf gefasst machen, dass man
ziemlich alleine in den englischen Vorlesungen sitzt. Die Auswahl ist auch sehr begrenzt. Ich
hatte mich dazu entschieden, verschiedene Vorlesungen auch aus anderen Studienrichtungen zu belegen, um mir mal etwas breiteres Wissen anzueignen, musste allerdings deshalb auch ein Jahr an mein Studium dranhängen. Es gibt auch generelle Kurse, in denen dann nur
Auslandsstudierende sitzen, die extra für diese zugeschnitten sind, mit teilweise echt spannenden Themen. Solange ihr das mit eurem/eurer Studiengangsverantwortlichen ausmacht, könnt ihr eigentlich alles wählen. Man muss mindestens 5 Kurse belegen, allerdings solange ihr euch nicht alle anrechnen lassen wollt, ist bestehen zwar sehr erwünscht, hat allerdings keine Konsequenzen falls nicht. Ich hatte Immunologie, Neurobio und Applied Life Science und rückblickend kann ich alle Vorlesungen eigentlich empfehlen. Neurobio war sehr einfach und die Inhalte waren fast alle eher eine Wiederholung von schon bekanntem Wissen. Immunologie war ziemlich viel Arbeit, weil er uns für die Vorlesung ein ganzes Textbuch hat lesen lassen. Ohne dieses hätte man auch gar nichts verstanden aus seiner Vorlesung. Applied Life Science war am ehesten vergleichbar mit dem Arbeitsaufwand an der Uni Jena. Relativ viel Arbeit und sehr viel Lernstoff für die Finals. Generell muss ich allerdings sagen, dass das Niveau eher niedriger ist, als das im Biochemie Bachelor an der Uni in Jena. Also für mich war es universitär ein eher entspanntes Jahr. In meinem Studiengang gab es auch die Möglichkeit ein WildCard Modul zu belegen, das heißt ich konnte mir sogar zwei außerstudiengangliche Veranstaltungen anrechnen lassen. Erkundigt euch da am besten mal ein bisschen nach euren Möglichkeiten.

Generell kann ich sehr empfehlen vor der Ankunft auf jeden Fall schon die Basics der Sprache zu lernen. Man tut sich einfach viel leichter. In Seoul wird in den öffentlichen Verkehrsmitteln zwar auch alles auf Englisch durchgesagt, aber man kann sich nie darauf verlassen, dass man Englisch überall findet. Auf NaverMaps (ist eine der einzigen Karten-Apps, die irgendwie sinnvoll dort ist) steht manchmal der englische Name der Haltestelle auch nicht drinnen. Also wenn ihr die Zeichen lesen könnt, ist das schon ein großes Plus! Normalerweise findet man auch nicht so viele Menschen, die abseits der touristischen Wege gerne auf Englisch kommunizieren bzw. auch einfach Englisch nie so richtig gesprochen haben. Meine Empfehlung ist auch einen Sprachkurs an der Uni zu machen, wenn ihr noch ein paar einfach verdiente credits braucht.
Der Campus an sich war echt richtig schön und ist auf einem Hügel gelegen. Es gibt eine
Rolltreppe, die den Hügel hochgeht, allerdings wird die Abends immer ausgeschalten…dann
muss man laufen. Man hat quasi alles am Campus, was man zum Leben braucht. Zwei Cus
(convenient stores), Cafés, Frisör, Restaurants, Mensa, Olive Young (wie ne Drogerie).
Es gibt auch ein Schulfestival einmal pro Semester, wo verschiedene bekanntere K-Artists
kommen. Um dort Tickets zu bekommen, stellt man sich normalerweise schon morgens in eine Schlange unten vor dem front-gate an. Manchmal kann man dafür auch classes skippen ;)
Es gilt sowieso: nach drei unentschuldigten Fehlstunden ist der Kurs meistens schon mit nichtbestanden zu bewerten. Das ist, denke ich, der größte Unterschied zu Deutschland. Die
Anwesenheitspflicht war für mich selbst kein großes Ding, weil ich sowieso eine Vorlesungsgängerin bin, aber das muss einem auf jeden Fall bewusst sein. Wenn ihr zum Beispiel auch gegen die Dorm-Regeln verstoßt und penalty points sammelt, geht das, je nachdem wie viele ihr habt, auch auf eure Noten. Also das Dorm und die Uni sind da ziemlich stark verflochten. Ihr kommt zum Beispiel auch nur mit Eingabe eurer Studierenden-Nummer und Hand-Scan überhaupt zum Aufzug und zu eurem Zimmer.

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Foto: Luisa, Uni Jena

Der Campus liegt mit der U-Bahnlinie 9 eigentlich immer nur so maximal eine Stunde von den main Stadtbezirken und Attraktionen entfernt und auch die Busverbindungen sind eigentliche alle auch recht gut. In direkter Umgebung gibt es Nodeul-Island, was ein sehr heißer Tipp für Picknicks und escapes in etwas Grün ist. Mit dem Bus ist die Han-gang Insel nur ca. eine Viertelstunde entfernt und wenn man sich chicken mitnimmt, lässt sich auch der ein oder andere Abend wirklich sehr gut dort verbringen. Hier allerdings noch der Tipp, genug Mückenspray mitzunehmen, weil aus irgendeinem Grund ist Seoul voll mit diesen Tierchen.
Wenn ihr gerne reist, sind Jeju-do und Busan ein ziemliches must. Ich war selbst dort und es war echt traumhaft. Falls ihr ein Jahr bleibt, sind die Semesterferien (wenn ihr in Korea bleibt) eine super Gelegenheit. Ich war in den Winterferien auf Jeju und obwohl es Winter hätte sein sollen, war es eine echt gute Möglichkeit den -16 Grad in Seoul zu entfliehen und stattdessen bei angenehmen 10 Grad im Pulli am Meer entlangzuradeln. Die domestic flights dorthin sind auch, wenn ihr früh genug bucht, wirklich günstig. Aber hier als Vorwarnung: NaverMaps zeigt auf der Insel kaum Buszeiten an und es fährt auch nicht so regelmäßig was wie in Seoul. Ist nicht unbedingt problematisch, aber man muss seinen Tag genauer planen. Falls euer Budget etwas höher ist, könnt ihr auch mit dem Taxi über die Insel fahren. Die App KakaoT ist da der Beste Anlaufpunkt. Dort kann man Taxis aus der Umgebung anfragen und entweder direkt in der App vorher oder Bar im Nachhinein bezahlen. Ich hab den Service selbst auch ein paar mal genutzt

Mensaessen: also ich kann wahrscheinlich nicht für alle sprechen, aber das Essen ist wirklich nicht so schlecht, wie viele sagen. Ich bin zwar auch nicht wählerisch, aber sie geben sich echt Mühe, in der Dorm-Cafeteria Abwechslung reinzubringen. Klar nach einem Dreiviertel Jahr kann man manches auch nicht mehr sehen, aber selbst wenn das so ist, läuft man schnell runter und holt sich was anderes, also um Versorgung braucht ihr euch keine Sorgen zu machen.
Ich hatte selbst vor meinem Auslandsjahr viele Erfahrungsberichte gelesen und um ehrlich zu sein, haben mir die etwas den Mut genommen, weil dort ziemlich viel negatives berichtet wurde. Deshalb lasst euch an der Stelle sagen: die Chung-Ang ist eine echt nice Uni und Seoul eine tolle Stadt. Es gibt viel zu erleben und im Grunde geben sich alle Mühe. Die GLAMs sind da, um euch zu helfen und ich bin sogar immer noch mit meinem GLAM befreundet. Ihr bekommt auch Chancen vom Dorm koreanische Studierende kennenzulernen und euch etwas auszutauschen und werdet auch sicher so euren Weg in die Kultur finden. Es war ein sehr schönes Jahr für mich und die Uni und der Campus haben dazu beigetragen, deshalb kann ich jedem empfehlen, dort hin zu gehen. Meiner Meinung nach ist auch ein ganzes Jahr fast ein Muss. So viele Freunde von mir haben es bereut, nur ein Semester geblieben zu sein, deshalb lasst euch das nochmal durch den Kopf gehen!

Luisa hat auch als Auslandsbotschafterin der Uni Jena einen Blog verfasst. Den Link dazu findet man hier

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Foto: Luisa, Uni Jena