Meldung vom:
Nun ist ein Teil meines Praktikums um, die ersten vier Wochen sind vorbei. An dieser Stelle will ich nun etwas über meine bisherige Zeit in Canberra erzählen. Ein erstes Feedback über die Arbeit und das Land.
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Bisheriger Eindruck
- Begrenzte Praxisrelevanz für mein Studienschwerpunkte: Die Arbeit bisher hat wenig mit dem im Studium erlernten Wissen und Fähigkeit zu tun. Ich sehe nicht, dass das Praktikum an der Botschaft die erforderliche Breite an Erfahrungen bietet, um den spezifischen Schwerpunkt meines Studiums abzudecken. Vielmehr grenzt die Arbeit an klassische Büroarbeit einer Verwaltung, dabei scheinen auch gravierende Unterschiede in der Hierarchie und den sozialen Strukturen der Botschaft zu bestehen.
- Bürokratischer Charakter des Botschaftsumfelds: Die Arbeitsumgebung in der Botschaft ist sehr bürokratisch und formell. Auch wenn der Umgang zwischen den Angestellten sehr höflich und entspannt ist, man sich gerne per "Du" grüßst und ohne Anzug oder formelle Kleidung zur Arbeit erscheinen darf, so gibt es doch feste Hierarchiestrukturen. Die gesamte Arbeit besteht mehr aus administrativen Tätigkeiten, diplomatischen Protokollen und altmodischen Arbeitsweisen. Jegliche Kommunikation wird entweder per Mail oder Telefon geführt, anstatt einen kleinen Gang zum nächsten Büro zu machen. Der Papierverbrauch ist unfassbar hoch, gleich gilt für die Masse an Dokumenten die vernichtet werden müssen. Entscheidungen werden nicht getroffen, sondern immer nur verschoben, da niemand sich traut selbstständig zu agieren. Hierbei meine ich keine diplomatischen Entscheidungen, sondern Entscheidung zu Events, Social-Media oder der Gestaltung der Botschaft.
- Begrenzte Möglichkeit zur direkten Interaktion mit politischen Akteuren: Die Natur der Arbeit in der Botschaft besteht weniger aus direkten Interaktionen mit politischen Entscheidungsträgern und politischen Prozessen, vielmehr aus diskreten Lobbyismus, Bewerbung von Veranstaltungen und Akteuren, der Organisationen von Events sowie dem schreiben von Berichten.
- Mangel an praktischer Vielfalt: Das Praktikum ist viel zu spezifisch und wenig vielfältig, ich verbringe meine Zeit ausschließlich mit Aufgaben für das Presse- und Kulturreferat. Selten gibt es mal Ausnahmen, auch wenn es ursprünglich hieß ich würde alle Bereiche der diplomatischen Arbeit kennenlernen. Das begrenzte Spektrum der Aufgaben in dieser diplomatischen Vertretung führt dazu, dass ich keine breite Palette politischer Erfahrungen sammeln kann. Ich bin mir nicht sicher, ob sich eine Karrie beim Auswärtigen Amt lohnt.
- Konkurrenzkampf: Dies ist vielleicht eine rein subjektive Einschätzung, aber es scheint mir so, als würde zwischen den Diplomatinnen/ Referatsleiterinnen ein starker Konkurrenzkampf herrschen. Jede/ jeder versucht die Gunst der Botschafterin zu gewinnen, dabei wird mit den eigenen Arbeitsbereichen geprahlt beziehungsweise deren Wichtigkeit hervorgehoben und gleichzeitig sich über die anderen Referate hinterrücks beschwert.
Es ist wichtig zu beachten, dass diese Punkte stark von meiner individuellen Wahrnehmung und Beobachtung abhängen.
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Aufgaben/ Tätigkeiten
Ein Großteil der Arbeit an der Botschaft habe ich zum Teil mit abwechslungsreichen, aber des Öfteren auch mit routinemäßigen und zum Teil sehr langweiligen Tätigkeiten verbracht. Eine meiner wichtigsten und wohl auch nervigsten Aufgabe ist die morgendliche Presseauswertung für die Mirarbeiter:innen der Botschaft sowie das Auswärtige Amt. Dabei gehe ich durch mehrere australische Zeitungen, Magazine und Think Tanks, überfliege die wichtigen Meldungen/ Beiträge und suche jene heraus, die für die Botschaft und für die Zentrale in Berlin interessant sein könnten. Dabei achte ich auf den Deutschlandbezug in den Artikeln sowie deren Wichtigkeit in Australien und jeglichen Verbindungen zur deutschen Wirtschaft, dem euroatlantischem Militärbündnis oder den Aktivitäten konkurrierender Staaten im Indo-Pazifik und in Ozeanien.
Darüberhinaus gehören zu meinen Aufgaben auch die typischen Praktikumstätigkeiten wie Recherchen durchführen zu bestimmten Themen, Mitschriften anfertigen von Meetings oder Workshops, Terminplanungen eintragen sowie Entwürfe anfertigen. Da ich im Referat für Presse und Kultur untergebracht bin, gehört zu meinen Aufgaben auch das Mitplanen von Events an der Botschaft wie zum Beispiel die Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit. Eine ziemlich typische und alltägliche Aufgabe ist das Erstellen von Social-Media-Posts für Twitter und Facebook zu bestimmten politischen, aber auch informativen und lustigen Themen. Eine etwas langweilige Arbeit war das durchführen eines Inventars der Werbegeschenke und Materialen der Botschaft sowie das aktualisieren und ergänzen von Kontaktlisten.
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Erste Highlights
Zu meinem Glück durfte ich aber auch Aufgaben für andere Stellen wie das Referat für Wissenschaft und Forschung erledigen. Dazu gehörten das erstellen von Informationsmaterial und Posts für den Social-Media Kanal der Botschaft, das Schreiben einer Rede für Ständige Vertreterin der Botschafterin zum Falling Walls Finale in Australien sowie das Begleiten der Referatsletung zu bestimmten Events. Auch die Kommunikation zu Personen außerhalb der Botschaft gehört zu meine Aufgaben. Zudem durfte ich auch bei auswärtigen Terminen meinen Referatsleiter begleiten, an Besprechungen und themenspezifischen Sitzungen teilnehmen sowie später dazu passende Mitschriften in Form eines Berichtes anfertigen. Eine etwas untypsiche Aufgabe war das Erstellen einer Technikbeschaffungsliste, mit der dringend nötige Anschaffungen für das Referat besorgt werden soll, damit die Social-Media Arbeit professioneller und schneller funktioniert.
Ein paar der spannenderen Aufgaben
- Treffen mit den Mitgliedern des Vereines der "Jenning Germans"
- Essen im Harmonie German Club (sieht sehr nach einer Kneipe im Dorf oder einem Lokal in Bayern aus)
- Beleitung zum Falling Walls Finale Australien in Canberra
- Filmvorstellung des Dokumentarfilms "Merkel" im ANU Kino
- Teilnahme an einem Social-Media Workshop und einem Symposium zu Regionalentwicklungen in Asien/ Pazifik
- Persönliches Gespräch und Treffen mit der designierten Botschafterin
- Videodreh zum Amtsantritt der Botschafterin für Twitter/ X
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Freizeit
Bisher habe ich kaum etwas von Australien entdecken können, doch schon bald werde ich ein paar Orte außerhalb der Hauptstadt besuchen. Seit meiner Ankunft habe ich nur Canberra erkunden können, was erstaunlich schön und sehr interessant ist. Obwohl die Stadt für die Größe viele Hochschulen (teilweise die besten des Landes sowie mit internationalen Prestige) aufweist und dementsprechend auch einen großen Anteil an Studierenden sowie internationalen Studierenden besitzt, ist die Stadt eher für ältere und insbesondere Vollzeitbeschäftigte gemacht. Das Nachtleben ist doch sehr begrenzt und Bars und Klubs schleißen erstaunlich frühzeitig, was vielleicht aber auch an der Jahreszeit liegen könnte.
In den letzten paar Wochen habe ich die Landschaften um die Stadt als auch die Parks und Naturschutzgebiete besichtigt. Dabei konnte ich doch sehr viele verschiedene Tiere beobachten, insbesondere aber sehr viele Kängurus, die man in der Stadt an vielen Orten antreffen kann. Während einer Wanderung auf die Spitze des Mount Ainslie, habe ich zu meinem Bedauern auch viele Kleintiere und eine Schlange kennengelernt. Es gab auch eine Fahrt zum Black Mountain, von dem man einen sehr weitläufigen Ausblick auf die Stadt und die umliegenden Gebirge hat. Darüberhinaus habe ich verschiedene Sehenswürdigkeiten in Canberra besucht, um so die Stadt besser kennenzulernen.
Einige der bisher besichtigten Sehenswürdigkeiten:
- National Convention Centre
- Australien War Memorial
- George Cross Memorial
- Victoria Cross Memorial
- National Library of Australia
- Parliament House
- Old Parliament House
- Floriad (sowas wie die Landes-/Bundesgartenschau, nur mit mehr Konsum und Fahrgeschäften)
- Kings Avenue Bridge
- Anzac Parade
- Goverment House
- Mount Ainslie
- Black Mountain
- Old Bus Depot Market (Flohmarkt und Craftsmarkt)
- City Hill
- Canberra Outlet