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Die chinesische Volkswirtschaft ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen. Als internationaler Impulsgeber und Handels- sowie Kooperationspartner für Forschung und Innovation nimmt die Volksrepublik einen wichtigen Platz in der Welt ein. Wegen innen- und geopolitischer Entwicklungen wächst das Unbehagen im Umgang mit China, das Land wird zunehmend als systemischer Wettbewerber und Rivale wahrgenommen. Die Vereinigten Staaten und Europa suchen nach dem richtigen Umgang mit dem „Reich der Mitte“. Eine Entwicklung, die Universitäten und Forschungseinrichtungen nicht unberührt lässt, weil es vielfältige Wissenschaftskooperationen mit China gibt. Gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) etabliert die Friedrich-Schiller-Universität Jena deshalb eine China-Kompetenz-Plattform für Hochschulen und Forschungseinrichtungen in Thüringen. Für die nächsten drei Jahre sind knapp 500.000 Euro bewilligt; aktuell wird die Plattform „ChinaKooPThüringen“ aufgebaut.
Kooperation nur im Einklang mit ethisch-akademischen Grundsätzen
„Unser Anliegen ist es, die China-Kompetenz der deutschen Akteure zu erhöhen, sie für den bewussten und kritischen Umgang mit China zu sensibilisieren, weil das eine wesentliche Voraussetzung für eine Kooperation im Einklang mit ethisch-akademischen Grundsätzen ist“, sagt Prof. Dr. Walter Rosenthal. Der Präsident der Friedrich-Schiller-Universität Jena betont, dass es solide Kriterien als Basis einer wissenschaftlichen Zusammenarbeit geben müsse. Dr. Claudia Hillinger, die Leiterin des Internationalen Büros der Universität Jena, nennt die akademische Freiheit als einen der Grundsätze, die nicht zur Disposition stehen dürfen. „China bleibt für uns in vielen Forschungsbereichen jedoch ein Partner“, sagt Claudia Hillinger. Angestrebt werde dabei eine Partnerschaft auf Augenhöhe, ein gegenseitiges Geben und Nehmen. Weil sich die Rahmenbedingungen im Verhältnis zu China stetig ändern, sei die neue Kompetenz-Plattform ein wichtiges Instrument, in das Wissen von Expertinnen und Experten der Universität Jena ebenso einfließt wie externe Expertise. Beteiligt sind u. a. Prof. Dr. Christoph Vatter von der Interkulturellen Wirtschaftskommunikation, der Sozialgeograph Jun.-Prof. Dr. Simon Runkel und der Wirtschaftswissenschaftler Prof. Dr. Andreas Freytag. „Zum regionalen Netzwerk gehören die Thüringer Hochschulen sowie außeruniversitäre Forschungsinstitute, die Landesentwicklungsgesellschaft, die Stadt Jena und Deutsch-Chinesische Vereine“, sagt Claudia Hillinger.
Ein „Flying Office“ und Qualifizierungsprogramme
Gegenwärtig wird die neue China-Kompetenz-Plattform institutionell und personell etabliert. In einem ersten Arbeitsschritt wird ermittelt, welchen Bedarf und welche Erfahrungen Forscherinnen und Forscher sowie Verwaltungen an den Thüringer Hochschulen und den außeruniversitären Forschungsinstituten im Umgang mit China haben. Daraus werden die Inhalte für Qualifizierungs- und Zertifikatsprogramme zur China-Kompetenz abgeleitet, zudem eine passgenaue China-Strategie. In diese Strategie werden Fragen rund um den Schutz geistigen Eigentums und die Problematik mit Dual-Use – der Nutzung von (wissenschaftlichen) Erkenntnissen, Technologien oder Gütern sowohl zu zivilen als auch zu militärischen Zwecken – aufgenommen. Wird Dual-Use in unserem Forschungsverständnis ausgeklammert, bleibt es doch ein Muss im chinesischen Wissenschaftssystem und wird explizit gefordert. Das belastet immer wieder Forschungskooperationen und zwingt zu einer tieferen Auseinandersetzung mit dem Partner China.
Über einen Train-the-Trainer-Ansatz sollen daher Formate zur Entwicklung von China-Kompetenz für die Region erschlossen werden, die als Querschnittsangebot für alle Zielgruppen zugeschnitten sind. Wie Claudia Hillinger erläutert, gehe es um ein Grundverständnis für Landeskunde, Sprache, Kultur und Entwicklungen in Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft sowie die ethische und interkulturelle Dimension der Zusammenarbeit. Installiert werde zudem ein „Flying Office“, eine Informationsstelle, die flexibel an verschiedenen Hochschulstandorten berät, was den Austausch in der Region stärkt. „Die Fragen der China-Strategie und Kooperation betreffen ja alle Hochschulen und sie weisen über China hinaus auf andere Länder“, sagt Claudia Hillinger. Am Ende des Projekts sollten alle Wissenslücken geschlossen und die Akteure zu einer differenzierten Zusammenarbeit mit China befähigt sein. Über die China-Kompetenz-Plattform steht das erarbeitete Wissen über die Projektlaufzeit hinaus zur Verfügung.