Wandern auf dem Israel National Trail

Hebrew University

Sommersemester 2023
Wandern auf dem Israel National Trail
Foto: Maria, Uni Jena

Maria, Bachelor Soziologie und Philosophie

Die Suche nach einer Unterkunft begann ich erst, nachdem ich in Jerusalem angekommen war. Glücklicherweise konnte ich die erste Zeit bei Bekannten vor Ort verbringen und mich von dort aus auf die Suche nach einer WG machen. Soweit ich das mitbekommen habe, läuft die Vergabe von WG-Zimmern in Jerusalem vorrangig auf Facebook und meist sehr kurzfristig ab, sodass es sein kann, dass man innerhalb weniger Tage plötzlich schon in ein Zimmer einziehen kann. Auf den englischen Facebook-Seiten war die Suche nicht sehr ergiebig, da dort kaum Angebote hochgeladen werden, dafür wurden in hebräischen, teils auch in arabischen Facebook-Gruppen täglich mehrere Anzeigen online gestellt. Mit Google-Übersetzer und Kontaktaufnahme auf Englisch kam ich dort ganz gut zurecht und hatte schließlich nach 4 Wochen (allerdings auch nicht durchgängig intensiver Suche) ein Zimmer in einer Zweier-WG im Zentrum der Stadt mit einer israelischen Mitbewohnerin. Das Zusammenwohnen mit einer Person von vor Ort habe ich sehr genossen, da ich auf diese Weise ihren Blick auf ihr Leben in Israel und speziell Jerusalem sowie über die Monate hinweg auch ihre israelischen und palästinensischen Freunde und ihre Familie kennenlernen konnte. Die meisten internationalen Studierenden, die ich kennengelernt habe, haben über die Uni organisiert in einem der Studierendenwohnheime gewohnt und dort, soweit ich das mitbekommen habe, auch gute Erfahrungen gemacht inmitten von lauter internationalen Studierenden in geteilten Apartments, welche allerdings recht teuer sind und preistechnisch deutlich über den Mieten von vielen WG-Zimmern in der Stadt liegen. Außerdem ist das Gelände zwar nah an der Uni, aber etwas entfernt vom Stadtzentrum.

Gut zum Aufhalten an langen Unitagen - der botanische Garten auf dem Unicampus

Foto: Maria, Uni Jena

Die meisten meiner Kurse habe ich an der zur Hebrew University gehörenden Rothberg International School belegt. Diese bietet Sprachkurse und Kurse verschiedener Fachrichtungen auf Englisch an. In den Kursen sind fast ausschließlich internationale Studierende und die Möglichkeit zur Kontaktaufnahme ist meist recht einfach, da sich alle in derselben sozialen Situation befinden und gerne neue Menschen kennenlernen möchten. An der Rothberg International School habe ich einen sehr nützlichen Kurs zum Hebräisch Lernen belegt („Practical Hebrew“). In den 4 Wochenstunden lernt man dort Hebräisch Lesen und Schreiben sowie grundlegende Grammatik und Wörter. Man kann sich damit zwar nicht wirklich unterhalten, wird aber für kleine Alltagssituationen mit den grundlegenden Vokabeln ausgestattet und insbesondere das Lesen können der Schrift hat mir oft weitergeholfen. Außerhalb der Rothberg-Kurse habe ich einen Philosophie-Kurs mit vorrangig israelischen Studierenden an der philosophischen Fakultät belegt. Während die Kurse an der Rothberg School meist auch fächerübergreifende Themen beinhalten, war der fachspezifische Fokus des Philosophie-Kurses inhaltlich für mich sehr interessant.

Jerusalem ist eine sehr facettenreiche und unglaublich spannende, aber auch herausfordernde Stadt. Zunächst gibt es einen starken Kontrast zwischen dem sehr sauberen und gut Instand gehaltenen jüdisch bewohnten und teils sehr touristisch belebten westlichen und dem mit offensichtlich geringeren finanziellen Mitteln ausgestatteten palästinensisch bewohnten östlichen Teil der Stadt. In Jerusalem zu wohnen kann allein dahingehend mit sehr unterschiedlichen Alltagserfahrungen einhergehen. Auffallend ist außerdem die starke militärische Präsenz an zentralen Orten der Stadt. Daran konnte ich mich bis zuletzt nicht gewöhnen, die Sichtbarkeit von Waffen wird über die Zeit aber doch normaler. Während Tel Aviv oft als liberale Stadt wahrgenommen wird, ist Jerusalem im Vergleich deutlich konservativer, was sich auch an der häufig sehr bedeckten Kleidung vieler orthodox jüdischer und auch muslimischer Menschen zeigt. Über die Zeit habe ich aber auch einige alternative, junge und subkulturelle Orte entdeckt, die eine angenehme Ergänzung darstellten. Oft war ich an meinen freien Tagen und Wochenenden auch außerhalb Jerusalems im ganzen Land sowie in Palästina unterwegs, was unglaublich bereichernd war, weil ich auf diese Weise mit sehr vielen Menschen in unterschiedlichen Lebenssituationen und mit verschiedenen Perspektiven auf das Land, die Politik und auch den Konflikt zwischen Israel und Palästina in Kontakt kam. Außerdem ist die Natur wirklich beeindruckend und sehr empfehlenswert für Wanderungen, Zelt- und Badeausflüge. Allerdings sollte man, wenn man für das Sommersemester in Jerusalem ist, im Idealfall vor Mai/Juni unterwegs sein, danach macht Reisen wegen der Hitze deutlich weniger Spaß. Für Reisen im ganzen Land ist außerdem gut zu wissen, dass es ein mehrmonatiges Studierendenabo für die Fahrt mit allen Bussen in den israelischen Städten und quer durch’s Land gibt. Wenn man ein bisschen unterwegs ist, rentiert sich das auf jeden Fall. In Palästina reist man dagegen meist mit sehr günstigen Sammeltaxis, die von den Checkpoints aus in verschiedene Städte fahren.

Sonnenaufgang über der Altstadt von Jerusalem

Foto: Maria, Uni Jena

Das Erasmus+ICM-Stipendium war in den Monaten finanziell eine wichtige Stütze, allerdings ist es lange nicht ausreichend für die hohen Kosten des Lebens und Wohnens in Israel. So liegen die Kosten für ein Zimmer zwischen ca. 550 und 800 Euro und auch Lebensmittel sind teils deutlich teurer als in Deutschland. Es ist daher sicherlich hilfreich, sich über weitere finanzielle Fördermöglichkeiten zu informieren.

Nach knapp sechs Monaten in Israel und Palästina bin ich nun voll von verschiedenen und sehr intensiven Eindrücken zurück und sehr froh über meine Wahl des Auslandssemesters in Jerusalem.

Wandern auf dem Israel National Trail

Foto: Maria, Uni Jena