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Die negativen Erfahrungen und der geringe Mehrwert von dem hier berichtet wird, sind subjektive Wahrnehmungen einer einzelnen Person. Auch wenn andere Personen während des Praktikums die Arbeitsumgebung als genauso toxisch und ungesund wahrgenommen haben, so kann ich hier doch nur meine Meinung wiedergeben und jede/ jeder muss selbst entscheiden, ob sich ein solches Praktikum lohnt.
Australien als Reiseziel lohnt sich hingegen definitiv, es ist umwerfend schön und die Menschen sind viel netter und hilfsbereiter viele Teile Deutschlands.
Aufgaben und Tätigkeiten
Mein Praktikum umfasste eine Vielzahl an Aufgaben, wovon manche ein Teil meiner täglichen Pflichten waren, während andere Aufgaben spezifische Tätigkeiten und Wissen umfassten. Generell lassen sich die Aufgaben als typische Bürotätigkeiten einer stark bürokratisieren deutschen Verwaltung beschreiben.
Dies beinhaltete die übermäßige Nutzung von Ausdrucken sowie inneren Mailverkehr bei jeglichen Angelegenheiten in der Botschaft. Eine routinemäßige Arbeit während meiner Zeit in Canberra war das Erstellen der täglichen Presseauswertung mit den aktuellen Neuigkeiten in Bezug auf bestimmte Themen (z.B. The Voice Referendum, AUKUS oder Green Hydrogen) sowie einzelne Bereiche (wie Verteidigung, Energie, Wirtschaft und Klima, Innenpolitik, USA, China und Deutschland), womit sowohl die Angestellten in der Botschaft und die Zentrale in Berlin über alle wichtigen Entwicklungen auf dem Laufenden gehalten worden. Ein zentrales Projekt, an dem ich mitwirken durfte, war die Organisation zur Feier des Tag der Deutschen Einheit, welcher in Australien am 19. Oktober 2023 zelebriert wurde. Hierbei war es meine Aufgabe, unter Supervision meiner Mentorin, die Terminplanung mit auszuarbeiten, die Datenbank für die einzuladenden Gäste zu aktualisieren sowie ein Social-Media-Backdrop zu gestalten und in Auftrag zu geben.
Hierbei zeigte sich die Ineffektivität der bürokratischen und Top-Down Hierarchie der Botschaft sowie die Unfähigkeit grundlegende Entscheidungen selbstständig zu treffen. Die Auswahl des Motives war schnell geklärt, doch die Angst eine Entscheidung zu treffen führte zum Stillgang des Vorhaben, der mehrfachen Änderung des Motives, um schlussendlich doch das ursprüngliche Bild zu drucken, aber mit der Konsequenz, dass die Leinwand viel zu spät geliefert werden konnte. Meine Mentorin sowie ich haben dabei mehrfach drauf hingewiesen, dass es eine Deadline von Seiten der Lieferanten gebe, welche zu beachten ist. Am Ende war niemand in der Lage die Fehler einzusehen und stattdessen wurde ein Versagen bei uns sowie dem Lieferanten gesucht. Zum Ende des Praktikums durfte ich bei der Organisierung und Planung der „Windows to the World“ Veranstaltung mithelfen. Hierbei handelt es sich um einen Tag der offenen Tür bei Botschaften, die lokale Bevölkerung Canberras hat dabei die Möglichkeit sich anzumelden und einen Rundgang durch die Botschaft zu bekommen. Einige Botschaften haben dabei ein riesiges Programm angeboten. Ich durfte beim Aufbau, dem Dekorieren, dem Verteilen von Goodies und der Zubereitung von Erfrischungen helfen sowie dem Rundgang durch das Gelände innewohnen. Auch die anschließende Social-Media-Verarbeitung des Events lag bei mir, unter Aufsicht meiner Mentorin und dem Referatsleiter.
Auch kleinere Aufgaben wie das Versenden von Post beziehungsweise das Zusammenstellen eines Paketes war Teil meines Praktikums. Einige etwas klischeehafte Tätigkeiten ließen sich nicht vermeiden und so musste ich eine Inventarliste über alle Streumittel (Werbegeschenke/ Giveaways) der Botschaft anfertigen, häufiger Zettel kopieren oder vernichten oder der Referatsleitung Gebäck aus der Küche holen. Darüber hinaus gehört die Pflege von Kontaktdatenbanken und die Erstellung einer Übersicht über alle wichtigen/ großen australischen Medien und den Medienhäuser Vanuatus, Naurus, Salomonen und Papua-Neuguinea zu meinen Aufgaben. Seltener bekam ich auch Aufgaben, die einen indirekten Bezug zu meinem Studiengang hatten. So etwa Recherchen zu außenpolitischen Fragestellungen wie zum Beispiel die Haltung der Medien sowie der Umgang australischer Hochschulen mit Studierenden des China Scholarship Councils oder Australiens Interesse an europäischen (insbesondere an deutschen) Rüstungsgütern. Diese durfte ich dann in Form kleiner Analysen oder Berichte an die zuständigen Stellen in Botschaft weiterleiten und verarbeiteten die Informationen für Berlin.
Als Teil des Pressereferats gehörte Social- Media-Arbeit zu den wichtigsten Aufgaben meines Praktikums. Hierbei haben wir mit unseren Referatsleiter die Themen für die wöchentlichen Posts ausgesucht und besprochen sowie den zeitlichen Rahmen für deren Veröffentlichung festgelegt. Danach durfte ich unter Leitung meiner Mentorin die Posts selbstständig entwerfen und visuell gestalten. Hierbei habe ich mich immer mit meiner Mentorin abgesprochen, um so die ideale Form eines Posts (Eyecatcher) zu wählen und die passende diplomatische Sprache zu nutzen. Zudem musste ich als Teil des Referats auch an Workshops und Webinaren teilnehmen, deren Inhalt sich weniger mit meinem Studium schnitten, aber wichtige Fortbildungsinhalte für die Referate besaßen. Des Öfteren hat der Referatsleiter Termine im Haus, auswärts oder per Zoom und WebEx. Dabei durfte ich bei der Organisation der Termine mithelfen, hierbei ging es um das Koordinieren der Termine, deren Eintragung in den Kalender sowie Vorbereitung von Materialen und Informationen passend zum Thema des Termins.
Auch die Vorbereitung des Konferenzraums mit Speisen und Getränken, das spätere Aufräumen und Anfertigen von Mitschriften in Form von Protokollen/ Berichten fiel in meinen Tätigkeitsbereich. Dementsprechend musste ich auch den Laptop für die anstehenden Zoom-Meetings des Referatsleiters einrichten und vorbereiten. Durch die Eigeninitiative anderer Referatsleitungen konnte ich gelegentlich auch Aufgaben außerhalb des Presse- und Kulturreferats erledigen. Das Falling Walls Australia Finale fiel genau in meine Praktikumszeitraum, so dass ich hierfür Zeit bekam mich mit der Thematik auseinander zu setzen und eine passende Rede für die Ständige Vertreterin der Botschafterin zu schreiben. Ebenso durfte ich am Tag des Finales vor Ort anwesend sein, um als Teil der Delegation die Deutsche Botschaft zu repräsentieren und viele interessante Akademikerinnen und Professorinnen kennenzulernen. Dies war aber keine reine Vergnügungsveranstaltung, ein Teil meiner Verpflichtung war auch das Fotografieren der Finalistinnen sowie der Siegerin, aber insbesondere die Erstellung einiger Fotos der Ständigen Vertreterin während der Veranstaltung.
Das Wirtschaftsreferat betraute mich zudem mit einer eigenen Aufgabe, hierbei ging es um die Erstellung einer Übersicht zur alljährlichen Canberra International Riesling Challenge. Zusätzlich sollte ich eine Rede formulieren, die die Botschafterin bei der Übergabe des Preises gehalten hätte. Dies Aufgabe wurde von mir nur teilweise erfüllt, da ich dann mit Covid-19 erkrankte und erst nach Ende des Wettbewerbs mein Praktikum fortführen konnte.
Fazit
Das Praktikum in Canberra war insgesamt sehr enttäuschend und brachte mir nur begrenzten Mehrwert für mein politikwissenschaftliches Studium. Der Arbeitsalltag in der Botschaft war geprägt von einer starken Bürokratie und einem hohen Maß an Routineaufgaben. Die Tätigkeiten waren häufig auf administrative Aufgaben und Protokollarbeiten beschränkt.
Dies ermöglichte mir wenig Einblick in die praktischen Aspekte der politischen Analyse und Forschung, was ich mir von einem politikwissenschaftlichen Praktikum erhofft hatte. Im Verlauf meines Praktikums hatte ich nur begrenzte Gelegenheiten zur direkten Interaktion mit politischen Entscheidungsträgern, selbst die Botschafterin durfte ich nur zweimal insgesamt treffen, einmal zu Beginn und dann am letzten Tag des Praktikums. Das Fehlen dieser direkten Einblicke in politische Prozesse und Entscheidungsfindungen begrenzte meinen Lerneffekt erheblich. Das Praktikum bot wenig Vielfalt in Bezug auf politische Themen.
Die Aufgaben konzentrierten sich stark auf die Beziehungen zwischen Deutschland und Australien, was für mein breit angelegtes politikwissenschaftliches Studium zwar sehr interessant, aber auch sehr spezifisch war. Andere wichtige Themenbereiche wurden vernachlässigt. Die Botschaft schien nicht darauf ausgerichtet zu sein, Praktikanten aktiv in umfassendere Projekte oder Analysen einzubeziehen. Eines meiner Hauptziele war es, einen tieferen Einblick in die internationale Politik zu gewinnen. Leider bot das Praktikum nur begrenzte Möglichkeiten, globale politische Zusammenhänge zu verstehen und zu analysieren. Als Student im Bereich der Politikwissenschaft könnte ich argumentieren, dass ein Praktikum an einer Botschaft möglicherweise nicht die erforderliche Breite an Erfahrungen bietet, um die spezifischen Schwerpunkte ihres Studiums abzudecken. Genau dies trifft meiner Meinung nach auch hier zu.
Die Arbeit hatte wenig mit dem im Studium erlernten Wissen und Fähigkeit zu tun. Rückblickend sehe ich nicht, dass das Praktikum an der Botschaft mir die erforderliche Breite an Erfahrungen geboten hat, um den spezifischen Schwerpunkt meines Studiums abzudecken. Vielmehr grenzte die Arbeit an die klassischen Büroarbeiten einer Verwaltung, wofür eine Ausbildung wohl der bessere Weg wäre anstelle eines Studiums. Während meines Praktikum fiel mir auf, dass es gravierende Unterschiede in der Hierarchie und den sozialen Strukturen der Botschaft gibt. Zwar kann ich nicht persönlich sagen, ob dies ein spezifisches Problem der Deutschen Botschaft in Canberra ist oder ob dies ein generelles Phänomen an Auslandsvertretungen ist. Auch ich habe diese Unterschiede wahrgenommen, weshalb ich das Praktikum mit vielen negativen Erinnerungen in Erinnerung halte. Hierbei wurde mir nicht nur mehrfach von meinem Referatsleiter verdeutlicht welche Stellung ich habe und wo er selbst steht, sondern auch das Interesse am Vermitteln von Wissen und Fähigkeiten schien nicht vorhanden zu sein. Vielmehr verlangte man, dass ich neben meinen Tätigkeiten selbstständig die Arbeitsweise des Auswärtigen Amtes und einer Auslandsvertretung erlerne.
Ich hatte Glück eine Mentorin zu haben, die mir dort half, den Rücken stärkte und sich für mich einsetzte. Nicht nur war meinem Referatsleiter nicht klar, das ich im Masterstudiengang Politikwissenschaft studiere, vielmehr herrschte die Vorstellung ich sein ein Schüler ohne jegliches Wissen oder Fähigkeiten. In der ganzen Zeit dort bekam ich nicht nur das Gefühl vermittelt dumm und unfähig zu sein, sobald ich nachfragen stellte, wurde ich ständig heruntergemacht, auch wenn ich Prozesse hinterfragte oder Entscheidungen beziehungsweise Arbeitsweisen kritisierte. Eigenständiges Denken und Verbesserungsvorschläge waren nicht erwünscht, vielmehr erhoffte man sich jemanden der stillschweigend alles hinnahm und ohne etwas zu hinterfragen erledigt. Hierbei sei angemerkt, dass sich dies nur auf die Referatsleitung meiner Abteilung bezieht. Da ich bei den anderen Referaten kaum mitarbeiten durfte, weiß ich nichts über deren Führungsstil.
Der Führungsstil des Referatsleiters, unter dem ich arbeiten musste, bestand aus Befehlen, Kommandieren, Anbrüllen und der Kontrolllosigkeit seiner Gefühle. Dies hat zu Unzufriedenheit im Referat, aber auch darüber hinaus bei den anderen Referentinnen und der Botschaftsleitung geführt. Die ganze Arbeitsumgebung lässt sich als toxisch, beleidigend und herabwürdigend beschreiben, die gesammelten Erfahrungen haben keinen großen Mehrwert. Es hat mir zwar einen tieferen Einblick in eine öffentliche Verwaltung gegeben, doch von einer Ergänzung zu dem Wissen aus dem Studium kann nicht die Rede sein. Viel mehr ist mir jetzt klar geworden, in welche Richtung ich nachdem Studium nicht gehen möchte und somit nach einem anderen Karriereweg für die Zukunft suchen werde. Einige Andere könnten die Arbeit in einer Botschaft als äußerst wertvoll für ihre zukünftige Karriere in der Diplomatie oder internationalen Beziehungen betrachten, während ich möglicherweise mehr die Herausforderungen und Einschränkungen sehe. Jede/ jeder wird seine eigenen Prioritäten und Perspektiven haben, wenn es um die Bewertung des Praktikums geht. Die begrenzte thematische Vielfalt, eintönige Aufgaben und die fehlenden Möglichkeiten zur beruflichen Entwicklung haben meine Erwartungen nicht erfüllt und meinen Gesamteindruck des Praktikums stark beeinträchtigt.