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Meldung vom: | Verfasser/in: Laura Weißert
„Quantenmechanik ist anders als das, was uns im Alltag begegnet und sie ist auch schwer mathematisch zu beschreiben“, sagt Prof. Dr. Martin Gärttner. „Wenn wir Quantensysteme mit vielen Teilchen am Computer simulieren wollen, dann ist das schwieriger als bei klassischen Systemen – und das hindert uns daran, manche Phänomene zu verstehen, die z. B. in der Festkörperphysik oder Hochenergiephysik auftreten.“ Um solche Quantensysteme, die sich nur eingeschränkt im Labor untersuchen oder am Computer simulieren lassen, zu erforschen, braucht es die Quantensimulation. Und genau damit beschäftigt sich Gärttner, der seit September 2023 Professor für Theorie der Quanteninformation (mit Tenure Track) an der Universität Jena ist.
„Die Idee ist, dass wir Quantensysteme im Labor in einer kontrollierten Umgebung nachbauen und dann praktisch dieses Quantenexperiment als Simulator nutzen können statt eines klassischen Computers“, erklärt der Physiker. Als Theoretiker ist Gärttner vor allem an den quanteninformationstheoretischen Grundlagen interessiert – das Experiment betreiben am Ende andere. Seine Aufgabe sieht er darin, Methoden zu finden, um die Quantensimulatoren besser zu verstehen und so effizienter zu machen.
Auch wenn er in der Grundlagenforschung zu Hause ist, sind es nicht nur reine Neugier und der Spaß, Neues zu entdecken oder Theorien zu erweitern, die Martin Gärttner antreiben: „Für mich ist es schon auch eine Motivation, zu wissen, dass ich an einem Thema arbeite, das Auswirkungen auf gesellschaftlich relevante Technologien hat – auch, wenn ich nicht selbst ‚hands-on‘ einen Beitrag dazu leiste.“ Anwendungen, die durch Quanteneffekte verbessert werden können, sind beispielsweise Kryptographie, Sensorik oder Bildgebung. „Ein großes Thema ist natürlich auch Quantencomputing, auch hier in Jena gibt es Anstrengungen, mit Photonen Quantencomputer zu bauen“, sagt Gärttner. „Aber bei allen Plattformen für Quantencomputing gibt es technische Hindernisse, die noch überwunden werden müssen – es bleibt also noch viel zu tun.“
Jena als neue Basis
Der 38-Jährige, der ursprünglich aus der Nähe von Heilbronn kommt, freut sich, seine Forschung nun an der Friedrich-Schiller-Universität fortsetzen zu können. „Hier sind so viele junge Menschen, die tolle Sachen machen und es ist so viel in Bewegung, gerade auf dem Gebiet der Quantentechnologie.“ Mit nach Jena gezogen ist Gärttners Arbeitsgruppe, die er an der Universität Heidelberg aufgebaut hat. Hier hat er auch Physik studiert und später promoviert, sammelte aber zwischendurch auch Auslandserfahrungen. Nach dem Studium inklusive Auslandssemester in Melbourne (Australien) absolvierte Gärttner einen Forschungsaufenthalt im spanischen Granada und nach seiner Promotion verbrachte er als Postdoc mehr als zwei Jahre am Forschungsinstitut JILA in Boulder (USA), bevor er 2017 an seinen Studienort zurückkehrte. „Heidelberg war immer meine Basis – jetzt ist es Jena.“
Der Ruf an die Friedrich-Schiller-Universität kam genau zum richtigen Zeitpunkt, sagt Martin Gärttner. Hier hat der zweifache Vater die langfristige Perspektive, die er sich gewünscht hat. „Die Wissenschaft ist eben ein pyramidales System und nicht jeder schafft es am Ende, eine Professur zu kriegen. Ich hatte auch Phasen, in denen ich daran gezweifelt habe, ob ich das noch weitermachen will“, erinnert er sich. Umso glücklicher ist er, nun in Jena zu sein, wo er gerne ein Kompetenzzentrum für Quanteninformation mit aufbauen möchte. Außerdem gibt es Bemühungen, an der Uni Jena einen Studiengang für Quantentechnologien zu etablieren. „Wenn das Erfolg hat, will ich mich natürlich auch daran beteiligen, indem ich entsprechende Vorlesungen ausarbeite und durchführe.“
Studierende für die Forschung begeistern
In seinen Lehrveranstaltungen legt Gärttner besonders viel Wert auf das forschungsorientierte Lernen, indem er etwa Übungsaufgaben in aktuelle Forschungskontexte einbettet. „Das motiviert, denn dann weiß man, warum man etwas lernt und wozu das gut ist.“ Auch die kleinen Programmierübungen, die er in die Vorlesungen integriert, kommen bei den Studierenden gut an. Statt 90 Minuten Tafelvortrag will er die Teilnehmenden dazu animieren, sich aktiv zu beteiligen. Entgegen kommt ihm dabei, dass die Physikalisch-Astronomische Fakultät in Jena um einiges kleiner ist als die in Heidelberg. „Das ist zwar schon eine Umstellung, aber es macht Spaß, mit einer kleineren Gruppe zu arbeiten – da kann man ganz anders auf die Einzelnen eingehen.“
In Jena haben sich Gärttner und seine Familie gut eingelebt. Seine Freizeit verbringt der 38-Jährige am liebsten an der frischen Luft, z. B. beim Joggen oder Fahrradfahren. Nur eines vermisst er in der Stadt an der Saale: „Ich bin ein Bergmensch – leider bin ich jetzt etwas zu weit weg von den Alpen. Aber um Jena herum kann man auch schön wandern.“