Mueso de las culturas de Oaxaca

UNAM- Universidad Nacional Autonoma de Mexico

Sommersemester 2023
Mueso de las culturas de Oaxaca
Foto: Lucas, Uni Jena
  • UNAM- Universidad Nacional Autonoma de Mexico

Meldung vom:

Lucas, Bachelor Soziologie und Philosophie

Erfahrungen, Tipps und Hinweise

A) Aus Deutschland: Vorbereitung, Bewerbung und Wohnungssuche

Weil ich meine Zusage erst Mitte Dezember für den Semesterstart Ende Januar erhielt, kam Auszug usw. recht plötzlich, weil ich so lange nach der Bewerbung bereits mit einer Absage gerechnet hatte. Auch im Hinblick auf Flüge und kurzfristige Einkäufe kommt die Zusage sehr spät. Dies nur als Hinweis.

Denen, die zwei Fächer studieren, ist geraten, genau nachzufragen, für welche Fakultät die Bewerbung rausgeht. In meinem Fall hatte ich bei der Bewerbung sowohl einzelne Module für Soziologie wie auch Philosophie angegeben, allerdings ging diese Bewerbung nur an die Fakultät für Politikwissenschaften und nicht an die der Philosophie, obwohl ich diese eher gebraucht hätte. 

archeologische Zone Palenque
archeologische Zone Palenque
Foto: Lucas, Uni Jena

Bezüglich der Wohnungssuche sind Facebookgruppen zu empfehlen. In Kombination der Stichworte „rentar“, „depa“, „cuarto“ und „cdmx“ sollten mehrere Gruppen zu finden sein. Es gibt auch eigene Plattformen für die Wohnungssuche (so ungefähr wie „WG-gesucht“), allerdings waren auf diesen Seiten häufig Inserate veraltet oder ich musste lange auf Antworten warten bzw. gab es auch dubiose vorläufige Zahlungsanfragen usw. In jedem Fall sollte man die Wohnung besichtigen. Verglichen mit Deutschland war es recht unüblich, dass Mieter*innen keine eigene Mietverträge bzw. Untermietverträge hatten, was für zwei Freunde von mir zu Problemen führte. Beide wurden während des Semesters kurzfristig aufgefordert die Wohnung zu verlassen. Auf meiner Suche 2023 war mit einer Miete von ungefähr 250-350€ zu rechnen. Es war teilweise auch üblich, dass es verboten war, Besuch mit in Wohnungen zu nehmen.
Es gibt auch Wohnangebote seitens der Uni, das habe ich allerdings nicht in Anspruch genommen. Ich habe in einer WG mit Mexikaner*innen gewohnt und hatte den Eindruck, dass das WG-Leben individualistischer war, als ich es aus WGs in Deutschland kannte, aber hier kann es sich auch um einen Zufall handeln.

Die Einreise hat sich als sehr unkompliziert erwiesen und es war nur wichtig, darauf zu achten, ob ausreichend Tage für das Urlaubsvisum gestattet werden.

B) Vor Ort: Alltägliches

Ich habe Mexikaner_innen aus der Hauptstadt und anderen Teilen des Landes fast ausschließlich nett, hilfsbereit und als sehr gesprächsfreudig erfahren. Insgesamt kam ich durch das integrative Verhalten sehr gut mit Leuten aus Mexico in Kontakt und weiß nachhaltig die Gastfreundschaft sehr zu schätzen.

Die Preise in Supermärkten staffeln sich weniger nach Ketten (wie Netto, Kaufland, Aldi usw.) sondern eher nach Standorten in der Stadt bzw. je nach Region. Mein deutscher Lebensstandard mit viel Gemüse und Obst, war genauso teuer oder in manchen Supermärkten teurer als in Jena (das könnte allerdings auch mit der Inflation des Euros im Gegensatz zum mexikanischen Peso zusammenhängen, weil Vorgäner*innen es häufig als günstiger beschrieben hatten und einige Sachen findet man auch deutlich günstiger als in Deutschland, aber nicht zwingend die alltäglichen oder weil ich deutlich individualistischer organisiert war). Zu Empfehlen sind sogenannte „tianguis“ (Wochenmärkte), die nicht immer auf google zu finden sind. Auf diesen Märkten kann man sehr viele Lebensmittel und Weiteres günstig einkaufen. Am besten Leute fragen, die in der Nähe wohnen und einmal die Woche hingehen.  
An sehr vielen Orten der Stadt trifft man auf Straßenverkäufter*innen für Snacks oder Essen und darüber hinaus gibt es je nach Stadtviertel viele Restaurants und Cafés. Vegetarische und vegane Speisen schienen eher wie ein teuer Trend und weniger als alltägliche Alternative. Wer keine tierischen Produkte zu sich nimmt, wird wirklich eingeschränkt in der Öffentlichkeit essen können, aber mit Sicherheit die ein oder andere Leckerei finden.

Der Städtische Nahverkehr besteht aus unterschiedlichen öffentlichen Bussen und der Metro. Hinzu kommen private Busse. Um die unterschiedlichen Linien zu finden, eignet sich Google Maps, andere Anbieter wahrscheinlich auch. Allerdings verspätet sich der Nahverkehr, wenn es regnet oder zu Stoßzeiten, in denen es sein kann, dass Busse und U-Bahnen voll bzw. überfüllt sind. Das gleiche gilt ebenso für Uber und Taxis. Der städtische Nahverkehr fährt nur bis Mitternacht (00:00). Ich selbst bin viel Fahrrad gefahren und empfand den Verkehr nicht als gefährlich, da die Geschwindigkeitsbegrenzung niedriger als in Deutschland sind, aber ich trug immerzu eine Atemmaske, weil die Luftverschmutzung deutlich zu spüren war. 
Überregional fahren viele unterschiedliche Busunternehmen in unterschiedliche Richtung, für die es keine einheitliche App oder Webseite gab. Als ich mit Freunden in den Urlaub mit der günstigsten Verbindung fuhr, sind wir auf der Autobahn überfallen wurden und einige wurden ausgeraubt. Niemand wurde verletzt und mir wurde nichts gestohlen. Eine solche Geschichte habe ich kein zweites mal gehört.                                                              

In Mexico-Stadt gibt es viele gute Museen, in die Studierende Sonntag kostenlos reinkommen und das lohnt sich wirklich! Leider hatte ich mich nicht so viel mit nationalen Feiertagen beschäftigt und so bin ich eher in öffentliche Veranstaltungen und Feste herein gestolpert, als dass ich sie aktiv gesucht hätte.
Wie in jeder Stadt, hat jeder Stadtteil seinen eigenen Charme. Ich kann hier nur für Coyoacan sprechen, wo ich gewohnt habe: Einerseits soll die Gegend sehr sicher gewesen sein und der koloniale Baustil war sehr schön, andererseits gab es auch viele Touristen und entsprechend hohe Preise sowie die ein oder andere Hipster-Variation mexikanischer Küche.
Auf dem zentralen Platz im Zentrum (Zocalo) finden ab und an kostenlose Konzerte weltberühmter Künstler*innen statt, für die man allerdings viel Gedränge in Kauf nehmen muss. Vor allem die spanisch-sprechenden Austauschstudis haben oft von sehr vielen kulturellen Veranstaltungen gewusst.

Das Nachtleben ist vielfältig und mit ein bisschen Suche sollte man Orte für jeden Geschmack und Stil finden. Beispielsweise gibt es ganze Straßen mit mehreren Clubs in ähnlichem Stil so wie die „Zona rosa“. Wichtig dabei ist, dass die städtischen Verkehrsmittel nach Mitternacht nicht mehr fahren, weshalb es praktisch ist, Nachhausewege und eventuelle Uber/Taxi-Kosten vorher zu prüfen.                                                                

Wasser aus der Leitung sollte nicht getrunken werden; ich würde auch das Wasser aus dem Wasserspender der UNAM nicht empfehlen. Auf viele relevante Infos zur Hygiene wird eine Einführungsveranstaltung hinweisen und ich empfehle sehr, diese ernst zu nehmen und meinte, dies weitestgehend getan zu haben.

Ich war in diesem halben Jahr wahrscheinlich so oft krank, wie in den letzten drei Jahren in Deutschland. Auch andere internationale Studierende hatten vor allem Magendarm- und Verdauungsprobleme oder Infektionskrankheiten. Ich selbst lag zwar öfter 2-3 Tage flach, habe aber keine andauernden Nachwirkungen und während des Aufenthalts auch keine langfristigen gesundheitlichen Probleme gehabt.

Kirche in der Stadt Puebla
Kirche in der Stadt Puebla
Foto: Lucas, Uni Jena

C) Die Uni: UNAM

Die Kommunikation mit der UNAM lief über Whatsappchats und E-mails. Die UNAM hat ein sehr großes Gelände und das uni-eigene Bussystem fährt zeitlich unregelmäßig, aber häufig am Tag. Es gibt zahlreiche Bildungsangebote, worauf allerdings auch bei den Einführungstagen hingewiesen wird. Die Uni hat doppelt so viele Studierende wie Jena Einwohner hat. Dementsprechend breit ist das Angebot, ich war aber mit den Kursen schon gut ausgelastet.

Eine meiner Motivationen des Auslandsjahres war auch die Vorstellung, dass es grundlegend andere politische Diskurse in Mexiko gäbe und auch, dass die Uni sich inhaltlich deutlich von der in Deutschland unterscheiden würde. Dies war nicht der Fall. Ganz im Gegenteil war ich ziemlich überrascht, dass der klassische Kanon an beiden Universitäten gleich ist; ich entsprechend also auch viele deutsche Autoren der Soziologie auf spanisch gelesen habe. Modernere Autoren, die behandelt wurden, sind auch deutlich diverser als die europäischen Klassiker gewesen, aber das ist ja an das FSU auch so. Diskurse um soziologische Themen an der Uni und unter den Studierenden habe ich so wahrgenommen, als wären es eben globale und nicht spezifisch deutsche oder mexikanische, weil auch diese annähernd gleich waren. In bestimmten politischen Praxen und Realitäten herrschten allerdings doch deutliche Unterschiede zu Jena.

Spezifisch für die Fakultät der Politikwissenschaften empfand ich, dass sich das Außengelände der Uni nicht zum Lernen anbietet und es von Studierenden auch nur sehr selten zum Studieren genutzt wird. Dafür ist der Campus aber ein guter Ort, um Leute kennenzulernen oder eine Pause zu machen. Aufgrund von studentischen Veranstaltungen und verschiedener Proteste ist der Campus sehr belebt und meinem Eindruck nach ein Ort politischer Partizipation. Fürs Lernen gibt es ja aber auch an anderen Fakultäten Bibliotheken.
Überrascht hatte mich, dass ein belegtes Seminar meist zwei Sitzungen in der Woche hat. Also hätte man mit 4 Seminaren 8 Sitzungen in der Woche, zu der jeweils Stoff vorbereitet werden soll. Das ganze Semester über werden in unterschiedlichen Lehrstilen viele Einzelaufgaben gesammelt, die zusammen mit Abschlussarbeiten die Note bilden. Bekannte von mir hatten teils auch sehr einfache Kurse mit wenigen Aufgaben. Andere Studiengänge der UNAM an der Fakultät für politische Wissenschaften und an anderen Fakultäten waren teilweise noch mal ganz anders strukturiert als die Soziologie. Im Vergleich zu meinem Studium in Jena empfand ich die Zeit während des Semesters durch die vielen Abgaben und die Fremdsprache als anstrengender und die Prüfungsphase als weniger anstrengend, weil es meist Zusammenfassungen aus dem Semester waren. Innerhalb der Soziologie kam mir das Studium an der UNAM anspruchsvoller und schwieriger als an der FSU vor. Das wird seine Gründe sicherlich in der Sprachbarriere aber auch an fehlendem lokalem Wissen für die eigene Reproduktion und fehlendem Wissen über die Funktionsweise der Universität haben.   

Ein Teil des Campus für Politikwissenschaften
Ein Teil des Campus für Politikwissenschaften
Foto: Lucas, Uni Jena

D) Fazit      

Aufgrund der großen ökonomischen Ungleichheiten in Mexico lohnt es sich im Hinblick auf Sicherheit und Kosten immer, sich bewusst zu sein, wo man sich gerade befindet bzw. wohin man unterwegs ist. Rückwirkend würde ich einen Aufenthalt von zwei Semestern empfehlen, weil ich mich zwar gegen Ende hin gut zurechtgefunden habe, aber das Gefühl hatte, dass ich auch mein Leben kurzfristig und recht individualistisch organisiert habe, was ich nicht ganz so genossen habe, weil so häufig der Bezug zu Orten und Menschen durch Konsum vermittelt war. Inhaltlich war ich sehr zufrieden mit dem Studium, auch wenn anfangs mein Spanisch noch etwas eingerostet war und ich während des Semesters oft Probleme hatte, den Anforderungen gerecht zu werden und ich so formell Schwierigkeiten hatte. Durch die mexikanische Gastfreundschaft und auch weil es an der sehr großen Uni viele Studierende im Austausch aus allen möglichen Ländern gab, war es für mich einfach, während des Aufenthaltes Leute kennenzulernen und auch einige Freunde zu finden.

Mueso de las culturas de Oaxaca
Mueso de las culturas de Oaxaca
Foto: Lucas, Uni Jena