Teppichpython

James Cook University

Sommersemester 2023
Teppichpython
Foto: Antonia, Uni Jena
Information

Antonia hat ihren Aufenthalt an der James Cook University als Freemover selbst organisiert

Antonia, Master Evolution, Ecology and Systematics

Als ich 2008 ein working holiday Jahr in Australien verbrachte, war mir klar, dass ich unbedingt zurückkehren wollte in dieses wunderbar vielfältige Land. Es dauerte etwas länger als gedacht, aber dafür konnte ich meinen Aufenthalt mit meinem Studium verbinden, was ein großes Glück war. Ursprünglich hatte ich vor, meinen gesamten Bachelor in Australien zu machen, was jedoch mangels 70.000 € Kleingeld für die Studiengebühren leider nicht möglich war. Zwar war mein Aufenthalt mit einem Semester nun sehr viel kürzer, aber dafür finanziell stemmbar. Dank Auslands-BAföG und das PROMOS Stipendium hatte ich keine finanziellen Probleme und konnte mich auf die Inhalte des Studiums konzentrieren. Da ich als Freemover unterwegs war, also das Auslandssemester nicht im Rahmen eines Programms wie Erasmus stattfand, gab es einiges zu organisieren, aber auch hier gab es Hilfe: vom Ranke-Heinemann Institut, welches zwischen Studenten, welche in Australien, Neuseeland oder den USA studieren wollen, und den Universitäten vermitteln.

Etwas kompliziert war die Organisation vorher, da ich nicht genau abschätzen konnte, welcher Schritt wie lange dauert. Natürlich muss man zuerst auf die Zusage der Universität warten, bevor man einen Flug bucht. Nachdem ich das Angebot der Uni hatte (Offer of Enrolment), konnte ich den Flug buchen und musste auch schon einen Teil der Studiengebühren bezahlen. Erst mit der Bestätigung über die Anzahlung der Studiengebühren konnte man dann das Visum beantragen. Das hatte einige Wochen in Anspruch genommen, ich habe die Bestätigung erst eine Woche vor dem Abflug erhalten. Die Beantragung des Visums darf man nicht unterschätzen, man muss sehr viele Angaben machen und Dokumente einreichen, was deutlich zeitintensiver war, als ich erwartet hatte. Es war deutlich aufwändiger als die Bewerbung an der Universität. Normalerweise erhält man das Visum wohl fast augenblicklich nach der Beantragung, nur bei mir war dies leider nicht der Fall. Vielleicht lag es daran, dass ich nicht allein, sondern mit meinem Partner und Kind kam und die Hauptsorge von Australien ist, dass Studenten nach dem Studium illegal im Land bleiben. Wenn man also mit der Familie kommt, muss man nachweisen und glaubhaft machen, dass man Australien wieder verlässt. In den Tagen vor dem Abflug saßen wir also wie auf glühenden Kohlen und warteten auf unser Visum. Um den Flug antreten zu können, haben wir daher einen kleinen Trick angewendet: Wir haben Touristenvisa beantragt, die wir auch tatsächlich sofort erhielten. Damit konnten wir einreisen und in den zwei Monaten, die wir vorher noch das Land bereisten, auf das Studentenvisum warten. Ich empfehle unbedingt, sich vor dem Semesterbeginn und hinterher Zeit zu nehmen, um das Land zu bereisen. Das Studentenvisum ist ein paar Wochen vor Studienbeginn gültig und verliert ca. einen Monat nach dem offiziellen Semesterende (was 3-4 Wochen nach der letzten Prüfung ist) seine Gültigkeit. Man kann auch schon vorher mit Touristenvisum im Land sein. Wichtig ist dabei zu beachten, dass die Krankenversicherung, welche über die Universität läuft, erst ein oder zwei Wochen vor Semesterbeginn gültig ist und bis Ablauf des Visums gilt. Möchte man also vorher Reisen, muss man eine separate Krankenversicherung abschließen. Es gibt die Möglichkeit, die studentische OSHC (Overseas Student Health Cover) für einen längeren Zeitraum abzuschließen, aber dies ist deutlich teurer als sich über eine deutsche Krankenversicherung zu versichern. Wir hatten daher eine Auslandsreiseversicherung über die DKV abgeschlossen. Wärmstens empfehlen kann ich die australische App „Sonder“, über welche man 24/7 Hilfe zu medizinischen Themen und mental wellbeing erhält. Andere Funktionen sind Tipps und Kommunikationsmöglichkeit zu Mitarbeitern bei Heimweh, beim Einleben und „check on me“ und „track my journey“, also zum Beispiel als Begleitung beim Heimweg, wenn man sich nachts irgendwo nicht sicher fühlt oder nicht weiß, wohin man geraten ist. Zu medizinischen Fragen habe ich die App öfter genutzt, als ich mir nicht sicher war, ob ich zum Arzt gehen soll oder Hinweise zu Problemen benötigte. Man chattet oder telefoniert mit Krankenschwestern, welche die Symptome und alle wichtigen Aspekte erfragen und ich war wirklich jedes Mal sehr froh und dankbar für die Hilfe, welche mehrere Arztbesuche und damit viel von meiner und von der ärztlichen Zeit ersparte.

Mein Sohn Oskar mit Kängurus
Mein Sohn Oskar mit Kängurus
Foto: Antonia, Uni Jena

Einen Campervan für unsere 2-monatige Reise vor Semesterbeginn zu buchen war leider sehr schwierig, da erst wenige Monate vor unserer Ankunft Australien seine Grenzen nach langjährigem Lockdown wieder öffnete und damit in dieser Zeit sehr viele Besucher kamen. Viele Mietautounternehmen mussten jedoch während der Corona-Phase(n) einen Großteil ihrer Fahrzeuge verkaufen, da keine Touristen von Übersee kamen, somit herrschte ein ziemlicher Mangel. Glücklicherweise fanden wir ein Gefährt über die Webseite Camplify, wo man die Fahrzeuge von Privatpersonen mieten kann. In dem Bundesstaat Victoria fuhren wir die Great Ocean Road entlang, verbrachten Zeit im gemäßigten Regenwald des Otway National Parkes, an der gesamten Küste, den Bergen (Grampians) und kurz im heißen Outback. Wir fanden viele für Australien typische Tiere wie Kängurus, Koalas, Wombats, Echidnas, Emus, Schlangen, Koockaburras und überall lautstarke und farbenprächtige Papageien. Auch wurden wir von gastfreundlichen Australiern eingeladen und genossen die Freundlichkeit und Herzlichkeit der Einheimischen.

In dem zwischen Regenwald und Great Barrier Reef gelegenen Cairns, der Stadt im Nordosten Queenslands, wo ich an der James Cook University studierte, war es schwül-heiß, da wir in der Regenzeit dort ankamen. Die Hitze und vor allem die Luftfeuchtigkeit können einen wirklich umhauen und wir akklimatisierten uns langsam mit Hilfe der überall vorhandenen Klimaanlagen. Eine Unterkunft zu finden war sehr schwer. Als Familie konnten wir nicht in der Unterkunft der Universität unterkommen. Da Queensland lockerere Corona-Bestimmungen hatte, gab es viel Zuzug von Australiern aus anderen Bundesländern, weshalb es einen enormen Wohnungsmangel gibt. Mit Kleinkind war man in vielen Unterkünften nicht erwünscht und Agenturen, welche ganze Wohnungen und Häuser vermieten, waren absolut unzuverlässig. Die ersten paar Wochen wohnten wir in Smithfield, gleich beim Uni-Campus, der etwa eine halbe Stunde nördlich von Cairns liegt. Dort gibt es außer einem Wohngebiet und der Uni nicht viel anderes und gerade ohne Auto ist man etwas abgeschnitten. Wenn man sich absolut nur auf die Uni konzentrieren will, ist es daher sicher gut in der Nähe der Uni oder auf dem Campus zu wohnen, weil man keine Ablenkung hat. Für uns mit Kleinkind war es allerdings in Cairns selbst sehr viel besser, wo wir bald eine andere Bleibe fanden. Es gibt einen herausragend großen, vielseitigen und wirklich toll gemachten Spielplatz "Muddy's Playground", der sehr viel von den Einheimischen genutzt wird und den auch wir fast täglich besucht haben.

ich, mein Partner und mein Kind im Otway National Park
ich, mein Partner und mein Kind im Otway National Park
Foto: Antonia, Uni Jena

Nun zur Uni selbst. Auffallend sind die sehr gute Ausstattung, moderne Räumlichkeiten und die exzellente, zügige Kommunikation mit den Studenten. Personalnot scheint es dank guter Bezahlung, finanziert durch die hohen Studiengebühren, nicht zu geben. Auch ist ganz Australien schon deutlich besser digitalisiert als Deutschland. Außerhalb der Uni haben uns besonders das deutlich größere Datenvolumen und die bessere Empfangsqualität des Handys, sowie das quasi überall mögliche kontaktlose Bezahlen mit dem Handy das Leben erleichtert. Sogar am Flohmarktstand und der Kasse des Vertrauens am unbesetzten Bananen-Verkaufsstand an der Autobahn konnte man bequem kontaktlos bezahlen. Auch die Uni ist sehr digital aufgestellt, es gibt eine nützliche App, mit der man sich neben vielen anderen Funktionen auch live durch den Campus navigieren kann.
Freundliche und kompetente Hilfe erhält man neben den üblichen Wegen an der JCU auch ohne Wartezeiten via Chat. Ebenfalls positiv aufgefallen sind mir die vielen verschiedenen Hilfsangebote, welche entweder von der Uni selbst, genauer gesagt von der Bibliothek auf dem Campus, dem separaten Learning Center in der Bibliothek oder einer kooperierenden App kommen. Die Beratungsangebote betreffen sowohl private Probleme zu Themen wie mental wellbeing (psychisches Wohlbefinden), Heimweh oder finanzielle Nöte. Aber natürlich gibt es auch Hilfestellung bei Hausarbeiten, welche man auf Grammatik und Rechtschreibung kontrollieren lassen kann. Oder wenn man gar nicht weiß, was von einem verlangt wird, kann man eine kleine Starthilfe bekommen, indem die Aufgabenstellung und die dazugehörigen Erwartungen näher erklärt werden. Zusätzlich gibt es Workshops zu vielen Themen, von denen ich einen wahrgenommen habe, der in die Software Endnote einführt. Dies ist für die dortigen Hausarbeiten wie Literaturanalysen hilfreich gewesen und wird mir auch das Schreiben meiner Masterarbeit erleichtern. Auch die Kommunikation mit den Lehrenden war sehr gut. Für jedes gewählte Modul erhält man pünktlich zum Start eine subject outline: Umfangreiche Informationen in einer PDF-Datei, welche die Ansprechpersonen, allgemeine Informationen zum Modul, Erwartungen und Details zu jeder Aufgabe enthält. Eigentlich klingt dies selbstverständlich, doch leider ist es in Deutschland nicht immer so und es kam vor, dass ich in manchen Modulen in Deutschland nur sehr sparsam und schwammig mündliche Informationen zu der einzigen benoteten Aufgabe des Moduls erhielt. Interessant finde ich, dass in der subject outline auch die Anpassungen zum Vorjahr aufgrund von Feedback der Studenten mit angegeben sind. In vielen Bereichen der Uni wird oft nach Feedback gefragt und dies auch tatsächlich beachtet und eingebunden, was sie nicht zu einer in Bürokratie gefangenen, starren Institution macht.

Aborigini smoke ceremony zur Begrüßung der Studierenden an der James Cook University
Aborigini smoke ceremony zur Begrüßung der Studierenden an der James Cook University
Foto: Antonia, Uni Jena

Eine weitere positive Besonderheit im Vergleich zu den zwei deutschen Unis, an denen ich war, ist die Zusammensetzung der Modulnote. In Deutschland bestand diese bei mir fast ausschließlich aus der einzigen Note der Abschlussprüfung. Selbst wenn man vorher sehr umfangreiche Aufgaben mit viel Arbeit geleistet hat, waren diese oft nur Voraussetzung für das Bestehen und sind nicht in die Note mit eingeflossen. An der JCU setzte sich jede Modulnote aus mindestens 3, maximal 14 einzelnen Aufgaben zusammen. So hat man einen viel besseren Einfluss auf die Note und ist nicht von einer einzigen Leistung abhängig. Die einzelnen Aufgaben hatten Gewichtungen von 3 bis 40 %, die Abschlussprüfung oder -aufgabe hingegen machte nur zwischen 25 und 40 % (je nach Modul) aus. So wird auch der Leistungsdruck, der hinter jeder Aufgabe steht, deutlich verringert. Der Nachteil war allerdings der Umfang mancher Aufgaben. Denn einige waren so aufwendig wie eine normale Abschlussprüfung hierzulande, was natürlich äußerst stressig ist, wenn man insgesamt für alle Module über 20 dieser einzelnen Aufgaben über das Semester hinweg verteilt hat.
Ich habe die Module „Australian Terrestrial Diversity“, „Wildlife Ecology and Management” und “Conservation Biology” belegt und war sehr zufrieden. Die Vorlesungen bestanden in allen Modulen aus Videos, welche auf eine Lernplattform geladen wurden, sodass man sich selbstständig seine Zeit einteilt. Zu den Praktika gehörte ein mehrtägiger Field Trip ins Outback, wo Daten über die dort lebenden Tiere gesammelt wurden, teilweise durch Fangen der kleineren Tiere, teilweise durch Sichtungen, Wildkameras und akustische Bestimmungen der Vögel. In einem anderen Modul fingen wir Tiere in dem am Campus angrenzenden Regenwald und bestimmten diese im Labor. In Conservation Biology bestanden die praktischen Übungen aus dem Erlernen von wichtiger Software, die zum Beispiel den Aussterbeprozess bedrohter Arten modelliert oder wie und wo die Errichtung von Schutzgebieten am sinnvollsten ist. Alle Vorlesungen fand ich durchweg sehr spannend, da sie meinem Interessengebieten mehr entsprechen als Themen in Deutschland!

Universitätsleben -Melomys, Skinkbestimmung und Kennzeichnung der Fallen
Universitätsleben -Melomys, Skinkbestimmung und Kennzeichnung der Fallen
Foto: Antoina, Uni Jena

Obwohl ich nur drei von normalerweise vier angedachten Modulen belegt habe, war das Semester sehr stressig. Dass es bei weitem nicht so entspannt war, wie ich es erhofft hatte, lag auch daran, dass mein Kind nicht in die Kita gegangen ist. Dies lag hauptsächlich an den hohen Kosten von knapp 100 € pro Tag, teilweise aber auch daran, dass Kitas keinen Platz hatten und wir es dann ganz ohne Kinderbetreuung gewagt haben. Mein Partner arbeitete 30 Stunden die Woche abends für seine deutsche Firma im Homeoffice und ich versuchte bis zum frühen Nachmittag alles für die Uni zu schaffen, damit ich das Kind ab dann übernehmen konnte. Hätte ich vorher gewusst, wie stressig die Uni wird, hätte ich mich vielleicht noch mehr nach einer Kita umgeschaut, um wenigstens einen Tag Kinderbetreuung in der Woche zu haben. Aber auch Kommilitonen ohne Kind waren teilweise ziemlich überfordert mit dem Arbeitsaufwand, was natürlich auch von den Modulen abhängt, die man wählt. Die viele Arbeit spiegelt sich glücklicherweise nicht nur in meinen Noten wider, sondern ich habe auch von einem sehr bekannten Professor die Mitarbeit in seiner Arbeitsgruppe angeboten bekommen, sollte ich nach Australien zurückkehren.

Boyds forest dragon
Boyds forest dragon
Foto: Antonia, Uni Jena

Das Leben in Australien hat sich seit meinem letzten Besuch durchaus verändert. Ich habe das Gefühl, das Land ist sehr amerikanisch geworden, wo sehr große Autos und Boote wichtig sind und sehr viel Essen frittiert wird. In Queensland gibt es außer in der größten Stadt Brisbane kaum brauchbaren Nahverkehr, und die gesamte Infrastruktur ist auf Autos ausgerichtet, weshalb es ohne Auto sehr schwer ist. Dafür ist es auch wie Europa multikultureller geworden, denn es kommen viele Asiaten zum studieren und arbeiten. Daher gibt es in Cairns auch eine etablierte indische Community, welche die Stadt kulinarisch bereichern und bunte Feste, wie das Holi-Fest feiern. Obwohl es in der Region besonders viele Aborigines gibt, haben wir von dieser Lebensweise leider nicht viel mitbekommen, da der Staat sie zwangsweise in für sie errichteten, sehr schlichten Dörfern unterbringt. Das Thema Aborigines wird unter Australiern sehr kontrovers diskutiert und man hört viele verschiedene Ansichten. Die moderne, sesshafte Lebensweise scheint mit dieser uralten Kultur kaum kompatibel zu sein und es gibt einige Konflikte. Leider scheint kaum politischer Wille zu bestehen daran etwas zu verändern. In meinem Modul Wildlife management lernte ich, dass das heutige Fehlen ihrer Landschaftspflege und Naturschutz, zum Beispiel durch viele kleine, kontrollierte Feuer, die Natur in Australien massiv verändert hat.
Da es während des Semesters nicht möglich war, viel zu erkunden, empfehle ich allen, die ebenfalls ein Auslandssemester hier machen wollen, das Visum wirklich voll auszunutzen und vorher UND hinterher zu reisen. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass man nicht nochmal so schnell diesen weiten Weg um die Welt kommt. So endete auch unsere Zeit in Australien mit abermaligen Reisen, dieses Mal in der Umgebung von Cairns. Genauer gesagt haben wir zwei spektakuläre Weltnaturerben angeschaut: Die Wet tropics und das Great Barrier Reef. Dort konnte ich tolle Reptilien finden, zum Beispiel Teppichpythons (siehe Titelfoto), wie ich sie in Deutschland im Terrarium halte. Um Campingplätze, Trinkwasser, Sehenswürdigkeiten und öffentliche Sanitäranlagen zu finden, ist die App Wikicamps in Australien sehr hilfreich.

Noch ein Tipp zu guter Letzt: Sucht euch eine zuverlässige Person, die sich um eure Post in Deutschland kümmert. Auch wenn ihr nichts Wichtiges erwartet, kann etwas zugestellt werden und eine Frist ablaufen.