Gesellschaftliche "Zauberformel" im Fokus der Forschung
Mit dem Aufstieg der Nachhaltigkeit zu einem der wirkmächtigsten Begriffe der Gegenwart hat sich auch die Nachhaltigkeitsforschung verändert. Die Reduktion auf primär ökologische Fragestellungen ist längst der Einsicht gewichen, dass sich in der aktuellen Krise der Nachhaltigkeit ökologische, ökonomische, soziale und kulturelle Fragen verschränken.
Dementsprechend vielfältig ist auch die Landschaft der Nachhaltigkeitsforschung geworden: Während in naturwissenschaftlichen Disziplinen bspw. biogeochemische Zusammenhänge im Erdsystem untersucht und die Auswirkungen des globalen Umweltwandels modelliert werden, setzen sich die Sozial-, Kultur- und Geisteswissenschaften z. B. mit den strukturellen Gründen gegenwärtiger Produktions- und Konsummuster auseinander oder untersuchen künstlerische Visionen ökologischer Zukünfte. Die verschiedenen Forschungsrichtungen und Ansätze unterscheiden sich dabei nicht nur in Bezug auf ihren Gegenstand und ihr Erkenntnisinteresse, sondern auch hinsichtlich ihres Wissenschaftsverständnisses und ihres normativen Anspruchs.
Die Ringvorlesung bietet einen Einblick in aktuelle Fragen, zentrale Themen und Kontroversen der Nachhaltigkeitsforschung und stellt unterschiedliche disziplinäre Zugänge zu Nachhaltigkeitsproblemen vor. Die Veranstaltung ist offen für Interessierte aller Fachrichtungen und Studiengänge.
Die Ringvorlesung findet Donnerstags von 16–18 Uhr c. t. im HS E028 am Ernst-Abbe-Platz 8 statt (der Raum befindet sich unterhalb der Mensa am Campus). Die Teilnahme ist offen für alle Interessierten. Studierende, die sich die Veranstaltung für das Zertifikatsprogramm Nachhaltigkeit anrechnen lassen möchten, können sich auf Friedolin über das Vorlesungsverzeichnis (Veranstaltungen im Bereich NachhaltigkeitExterner Link) anmelden und erhalten Zugang zum Moodle-Kurs mit weiterführenden Informationen und Materialien.
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24.10.2024 | Chemie – Energie – Nachhaltigkeit: Neue Materialien für zukünftiges Energiemanagement (Prof. Dr. Martin Oschatz)
Die Erforschung und Entwicklung nachhaltiger Materialien spielt eine Schlüsselrolle für die Transformation zur Nachhaltigkeit. Ein zentraler Aspekt ist dabei die Umstellung industrieller Prozesse auf eine alternative Energieversorgung und kohlenstoffneutrale Chemikalien. Für eine nachhaltige Energieversorgung werden kohlenstoffneutrale Konzepte benötigt, die neue Anforderungen an Materialien und Prozesse stellen. Im Beitrag werden grundlegende Konzepte chemischer Prozesse für die Herstellung von Grundchemikalien, die auf erneuerbaren Energien beruhen, vorgestellt und bewertet. Beispielhaft werden die elektrochemische Herstellung von Düngemitteln sowie die Abscheidung von Kohlenstoffdioxid und alternative Batteriesysteme diskutiert.
Prof. Dr. Martin Oschatz ist Inhaber des Lehrstuhls für Chemie der Materialien für Energieanwendungen an der Friedrich-Schiller-Universität. Mehr Informationen finden Sie hier.
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07.11.2024 | Citizen Science – gemeinsam forschen! (Prof. Dr. Aletta Bonn)
Citizen Science, oder auch Bürgerforschung, hat eine lange Tradition in Biodiversitäts- und Nachhaltigkeitsforschung, und ermöglicht innovative partizipative Forschung gemeinsam mit interessierten gesellschaftlichen Akteuren. Dies kann die sozio-ökologische Relevanz des Forschungsprojektes schärfen und einen Beitrag zu gesellschaftlicher Ermächtigung und auch Wissenschaftsverständnis liefern. Die Stärkung von Citizen Science ist auch Bestandteil des Koalitionsvertrags der Bundesregierung und ein wichtiges Instrument moderner Forschung. Anhand konkreter Forschungsprojekte werden die Möglichkeiten und Herausforderungen von Citizen Science erläutert und diskutiert.
Prof. Dr. Aletta Bonn hat die Professur für Ecosystem Services an der Friedrich-Schiller-Universität inne und ist Leiterin des Departments Biodiversität und Mensch am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung Leipzig. Mehr Informationen finden Sie hierExterner Link.
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21.11.2024 | Energie miteinander teilen: Energy Sharing (Prof. i.R. Dr. Reinhard Guthke)
Viele Menschen möchten selbstbestimmt, autonom, "selbstwirksam" leben. Sie möchten nicht nur Konsumenten, sondern auch Produzenten, also "Prosumer" sein. Weit verbreitet ist dieser Wunsch nach Unabhängigkeit besonders bei der Versorgung mit Energie. Wer ein eigenes Dach über dem Kopf hat, kann seinen Bedarf an Elektrizität mit einer eigenen Photovoltaik (PV)-Anlage zumindest teilweise decken. Für die Eigenversorgung mit einer PV-Anlage auf einem Mehrfamilienhaus gibt es den "Mieterstrom" und – seit 2024 – auch die "Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung". In beiden Fällen darf jedoch das öffentliche Stromnetz nicht genutzt werden. Damit ist die Eigenversorgung im Winter wegen der geringeren Sonneneinstrahlung eingeschränkt, denn für die gemeinschaftliche Eigenversorgung mit Strom aus Windenergieanlagen, die im Winter besonders viel Energie liefern, wird man das öffentliche Stromnetz nutzen müssen. Hierfür hat die Europäische Union den Mitgliedsländern seit 2018 das Konzept des Teilens von gemeinschaftlich gewonnener elektrischer Energie, das "Energy Sharing", aufgetragen. Einige Ländern, wie Österreich und Italien, haben die entsprechende EU-Richtlinie umgesetzt. In Deutschland ist "Energy Sharing" bisher rechtlich leider noch nicht ermöglicht. Der Deutsche Bundestag und die Bundesregierung wollen noch 2024/2025 "Energy Sharing" ermöglichen. Im Vortrag wird über den aktuellen Stand dieses Vorhabens berichtet.
Prof. i.R. Dr. Reinhard Guthke ist Vorsitzender des BürgerEnergie Thüringen e.V. und Vorsitzender des Aufsichtsrats der BürgerEnergie Jena eG.
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12.12.2024 | Wie nachhaltig ist Wasserstoff? Herausforderungen und Widersprüche beim Aufbau globaler Wasserstofflieferketten (PD Dr. Anne Tittor)
Wasserstoff gilt als zentraler Baustein der Dekarbonisierung, insbesondere für Bereiche, die einen hohen CO2-Ausstoß verursachen und schwer zu elektrifizieren sind, wie die Stahlindustrie oder der Schwertransport. Zugleich werden verschiedenste weitere Anwendungen diskutiert und erprobt wie der Einsatz von efuels, das Einspeisen in lokale Wärmenetze etc, die mitunter wenig sinnvoll und nicht nachhaltig sind. Deutschland plant zukünftig etwa zwei Drittel des im Land benötigten Wasserstoffs zu importieren, um seine Wirtschaft klimaneutral zu machen. Allerdings werden beim Aufbau der entsprechenden Lieferketten extraktivistische Muster fortgesetzt, die in den Exportländern im Globalen Süden eine eigenständige grüne Industriepolitik erschweren und sozial-ökologische Risiken und Konflikte verursachen. Vor diesem Hintergrund diskutiert der Beitrag, wie nachhaltig Wasserstoff ist und veranschaulicht die aktuellen, widersprüchlichen Dynamiken mit Blick auf Deutschland und Europa sowie die anvisierten Exportländer Argentinien und Chile.
PD Dr. Anne Tittor ist Co-Leiterin der JRT03 "Eigentum an genetischen Ressourcen" am Sonderforschungsbereich 294 "Strukturwandel des Eigentums". Mehr Informationen finden Sie hierExterner Link.
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19.12.2024 | Besinnliche Besinnungslosigkeit – Oberflächen und Abgründe guter pädagogischer Vorsätze (Dr. Steffen Hamborg)
Nicht erst in Zeiten von Klimakrise, Nachhaltigkeit und Transformation wird das große pädagogische Wort geschwungen. Steffen Hamborg nimmt uns in seinem Vortrag mit auf einen bildungsphilosophischen Streifzug von erstaunlicher Aktualität durch historische Auf-, Um- und Abbrüche utopischen Denkens in und über Pädagogik. Mit dergestalt geschärftem Blick offenbaren sich tiefe Risse und Abgründe in gegenwärtigen Ansätzen, die Bildung als "Wegbereiter", "Grundlage" oder "Schlüsselinstrument" der Krisenbewältigung und einer nachhaltigen Entwicklung proklamieren. Ob Friedrich Schiller uns zusammen mit rekonstruktiver Bildungs- und Erziehungsforschung sowie einer philosophischen wie professionsethischen Wendung auf die Praxis wieder zur Besinnung verhelfen kann?
Dr. Steffen Hamborg ist wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Fachgruppe Allgemeine Pädagogik der Carl-von-Ossietzky-Universität Oldenburg. Mehr Informationen finden Sie hierExterner Link.
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09.01.2025 | Gelungener Klimaschutz: Die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit (Prof. Dr. Andreas Freytag)
Im Vortrag werden die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit in der Klimapolitik beleuchtet: ökologisch, ökonomisch und sozial. Es wird gezeigt, dass Klimapolitik, die diese Dimensionen nicht ganzheitlich berücksichtigt, zum Scheitern verurteilt ist. Nach einer allgemeinen Charakterisierung des Klimaproblems als Allmendeproblem werden die drei Dimensionen im Detail vorgestellt. Anschließend werden verschiedene Instrumente der Klimapolitik analysiert. Dabei wird deutlich, dass effektiver Klimaschutz nur dann realisierbar ist, wenn er für die Menschen attraktiv gestaltet wird, was wesentliche Auswirkungen auf die Auswahl der klimapolitischen Maßnahmen hat.
Prof. Dr. Andreas Freytag hat den Lehrstuhl für Wirtschaftspolitik an der Friedrich-Schiller-Universität inne. Mehr Informationen finden Sie hier.
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16.01.2025 | Kreisläufe auf geologischem Zeitmaßstab und die Bewohnbarkeit des Planeten (Prof. Dr. Christoph Heubeck)
Die Kurzbeschreibung des Vortrags wird in Kürze veröffentlicht.
Prof. Dr. Christoph Heubeck hat den Lehrstuhl für Allgemeine und Historische Geologie an der Friedrich-Schiller-Universität inne. Mehr Informationen finden Sie hier.
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30.01.2025 | Nachhaltigkeit im Wassermanagement: Eine bewertungssoziologische Betrachtung der Thüringer Niedrigwasserstrategie (Dr. Diana Lindner)
Im Vortrag wird aufgezeigt, dass die klimabedingte Anpassungsstrategie der "Thüringer Niedrigwasserstrategie" mit einer Priorisierung der Trinkwasserversorgung einhergeht. Diese Priorisierung spiegelt eine spezifische Bewertung von Wasser als existenzielle Ressource wider, die kurzfristig gerechtfertigt erscheint, um aufkommende Nutzungskonkurrenzen einzuhegen. Ob diese Priorisierung jedoch langfristig eine nachhaltige Nutzungsstrategie gewährleistet oder mögliche Spannungen zwischen sozialen, ökologischen und ökonomischen Zielen hervorruft, soll anhand ausgewählter Maßnahmen der Niedrigwasserstrategie kritisch diskutiert werden.
Dr. Diana Lindner ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Allgemeine und Theoretische Soziologie der Friedrich-Schiller-Universität und im Thüringer Wasser-Innovationscluster ThWIC. Mehr Informationen finden Sie hier.
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