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Meldung vom: | Verfasser/in: Anna Boldyreva
Ich wurde in Moskau geboren und habe mein ganzes Leben in Russland gelebt. Mit 18 Jahren bin ich nach Deutschland umgezogen. Mein erster Wohnort in Deutschland war Köthen. Das ist eine kleine Stadt in Sachsen-Anhalt. Dort habe ich am Studienkolleg studiert.
Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass die ersten Monate die schwierigste Zeit ist. Alles ist für dich neu und ungewohnt. Damals wusste ich nicht, wie man in Deutschland eine Anmeldung macht, ein Bankkonto eröffnet und welche Dokumente ich für den Aufenthaltstitel benötige. In den ersten Monaten im neuen Land entsteht bei jeder Schwierigkeit immer der Wunsch, nach Hause zurückzukehren. Zu Hause ist alles bekannt und die Eltern sind in der Nähe, um zu helfen. Aber wie kämpfe ich gegen das Heimweh?
Was mir in Köthen sehr geholfen hat, waren Menschen aus meinem Heimatland oder Menschen, die meine Muttersprache sprechen. Wenn du die Möglichkeit hast, mit jemandem in deiner Muttersprache zu sprechen, fühlst du ein Stück Heimat in deiner Nähe. Ihr erlebt gemeinsam alle Schwierigkeiten und helft euch gegenseitig, euch einzuleben. Da Köthen für viele meiner Freunde die erste Stadt in Deutschland war, wussten wir alle nicht, wie es ist, ohne Eltern selbstständig zu leben. Wir haben alle unser Zuhause vermisst, aber wir haben uns gegenseitig unterstützt und versucht, nur an Gutes zu denken.
Wenn ich Heimweh habe, gehe ich sehr oft in Geschäfte mit Lebensmitteln aus meinem Heimatland. Wenn ich bekannte Produkte sehe, die ich die ersten 18 Jahre meines Lebens gegessen habe, fühle ich mich wie zu Hause.
In Köthen haben sich meine russischsprachigen Freunde und ich getroffen und gemeinsam osteuropäische Gerichte aus unseren Kulturen gekocht. Das Kochen verbindet sehr und man fühlt sich nicht mehr so allein.
Wenn du gute Freunde findest, wirst du immer weniger den Wunsch haben, nach Hause zurückzukehren.
Das Heimweh nach meinen Eltern wird immer bei mir sein, aber ich weiß, dass auch wenn ich in Russland geblieben wäre, ich mit ungefähr 20-25 Jahren bei meinen Eltern ausgezogen wäre und allein leben würde. Das hätte ich so oder so tun müssen.
Ich telefoniere ziemlich oft mit meiner Mutter, fast jeden Tag. Wir können über alles sprechen. Natürlich ersetzen Telefonate keine persönlichen Gespräche, aber wir können immer gemeinsam in die Türkei reisen und uns dort treffen
Es ist auch wichtig für mich zu verstehen, dass Misserfolge immer passieren können, egal ob es in deinem Heimatland ist oder nicht. Es lohnt sich nicht, sich zu ärgern und nach Hause zu fliegen. Es gibt keine unlösbaren Probleme. Jeder Misserfolg macht uns stärker und erwachsener. In den 2 Jahren in Deutschland habe ich bereits so viel erlebt, wie Menschen in ihren Heimatländern in 5-7 Jahren nicht erleben. Diese Erfahrung ist sehr wichtig.
Mit der Zeit wird der Wunsch, nach Hause zurückzukehren, immer weniger. Man gewöhnt sich daran, was einen umgibt und beginnt, seinen neuen Freundeskreis aufzubauen. Natürlich wird das neue Leben stark von dem in der Heimat abweichen, aber das bedeutet nicht, dass es schlechter ist, es ist einfach anders.
Jetzt kann ich sagen, dass ich mit meinem Leben in Deutschland voll zufrieden bin. Natürlich musste ich viele Schwierigkeiten überwinden, um endlich ein Gleichgewicht zu finden, aber es hat sich definitiv gelohnt. Habt keine Angst zu probieren, ihr könnt immer in euer Heimatland zurückkehren, aber diese Erfahrungen und neuen Eindrücke sind unvergesslich.