- Michigan State University
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Mitte August ging es dann endlich los. Zuerst wollte ich natürlich noch was vom Land sehen und meinen Sommer ein bisschen genießen, bevor es mit Studieren weiterging. Ich besuchte New York und Boston – beide Städte kann ich allen, die die USA besuchen, nur ans Herz legen. Am 23. August ging es dann weiter über Washington DC nach Lansing, Michigan. Mein erster Tag war aufregend, anstrengend und heiß – es waren angenehme 35 Grad und 200% Luftfeuchtigkeit. Nach 20 Minuten Uber-Fahrt wurde ich vor meinem Wohnheim abgesetzt, konnte mir den Schlüssel abholen und mein ganzes Gepäck in den 6. Stock schleppen. Glücklicherweise war meine Mitbewohnerin ein richtiger Goldschatz und wir haben uns von Anfang an gut verstanden, was auch essentiell ist, wenn man sich fünf Monate lang ein Zimmer teilt. Einige meiner Freund*innen hatten sich für das etwas preisintensivere Einzelzimmer entschieden, was definitiv seine Vorteile hatte. Allerdings bereue ich auch diese Entscheidung nicht, denn so habe ich die ultimative College-Erfahrung machen können. Es muss jedoch gesagt werden, dass man sich über den Mangel an Privatsphäre und Ruhe für diese Zeit im Voraus bewusst sein muss. Ich hatte mich aber darauf eingestellt und deswegen war es fein für mich.
Die ersten fünf Tage an der MSU waren komplett für uns durchgeplant. Es gab unzählige Pflicht- und ebenso viele freiwillige Veranstaltungen um die anderen Austauschstudierenden kennenzulernen, den Campus zu erkunden, und alles Wissenswerte über die MSU und Michigan im Allgemeinen zu erfahren. Am ersten Samstag nahm ich an einem Ausflug an den Lake Michigan teil, der vom International Office organisiert wurde. Ich kann zukünftigen Austauschstudierenden nur empfehlen, alle Veranstaltungen mitzunehmen, denn hier knüpft man Kontakte, kommt mal vom Campus runter und sieht auch etwas außerhalb der Studi-Bubble. An diesem Tag habe ich Freundschaften geschlossen, die meine gesamte Zeit in den USA geprägt haben und auch darüber hinaus bestehen. Wir spielten Beachvolleyball und Cornhole, ein traditionelles Spiel im Mittleren Westen. Außerdem besuchten wir noch das nahegelegene Städtchen Holland, welches berühmt für eine wirklich ekelhaft süße Süßigkeit ist – Chocolate Fudge.
Zum Thema Essen – die Mehrheit der Wohnheimplätze sind zwingend an den Kauf eines Dining Plans geknüpft. Dieser beinhaltet 24/7 All You Can Eat Buffet. Außerdem kann man sich 12 (!) Mal in der Woche sogenannte Combos in den campuseigenen Supermärkten, den Spartys, holen. Das sind einfach Kombinationen aus verschiedenen Snacks (ein Getränk, etwas Süßes und etwas Herzhaftes). Ebenfalls auf dem Campus ansässig und im Dining Plan inklusive sind Starbucks, Panera, Subway und Panda Express. Hungrig ist man an der MSU also wirklich nie. Allerdings habe ich das Kochen in meiner Zeit dort schon manchmal vermisst. Solltet ihr euch entscheiden, „off campus“ zu wohnen, also in einer Wohnung oder sogar einer Verbindung in East Lansing, dann müsst ihr den Dining Plan nicht kaufen, könnt aber auch nicht mit in die Dining Halls. Rückblickend bin ich froh, dass ich ihn hatte, ganz davon abgesehen, dass mein Wohnheim ihn sowieso vorgeschrieben hat. Man muss sich halt wirklich gar keine Gedanken ums Essen machen und kann die Aufmerksamkeit auf die vielen andere Aspekte des Campuslebens richten…
Zum Beispiel den Sport. Das ist vermutlich das Thema, wonach ich am meisten gefragt wurde, seit ich zurück bin. Die Michigan State University ist bekannt für ihr großes Football-Programm und auch das Basketballteam erfreut sich großer Beliebtheit. Ich habe mir das allererste Footballspiel der Saison angesehen und ich kann definitiv empfehlen, diese Erfahrung einmal mitzumachen. Es ist wirklich nicht mit deutschen Sportereignissen zu vergleichen. Vorher wird stundenlang Tailgating betrieben, also man versammelt sich mit den Locals rund um das Stadion, trinkt und isst und mischt sich unter die Leute. Die meisten Amerikaner*innen, die ich kennengelernt habe sind unfassbar gastfreundlich und nehmen euch super gerne in ihre Runden auf. Besonders als Nicht-Amerikanerin wird man mit viel Interesse begrüßt und die Bemerkung „Oh, I have never had that before.“, sorgt dafür, dass man von jedem Snack mal probieren darf. Auch bei den Basketball- und Eishockeyspielen später im Semester hatte ich viel Spaß. Es geht mehr um das Entertainment und das Event an sich, als um den Sport, aber die Spiele haben regelmäßig Einheimische aus dem Umland angezogen und so konnte man auch mal wieder andere Menschen außerhalb der Studibubble kennenlernen. Selbst Sport zu treiben ist an der MSU natürlich auch kein Problem. Ich hab beispielsweise in der Beachvolleyball-Uniliga mitgespielt und einige meiner Freunde sind sogar ins Rugby-Team reingekommen und haben so viele Trips in umliegende Staaten unternehmen können. An Angeboten mangelt es auf jeden Fall nicht. Auf dem Campus befinden sich mehrere große Fitnessstudios inklusive Schwimmhallen, deren Nutzung für Studierende kostenlos ist. Um in die Uni-Teams zu kommen, muss man allerdings wirklich gut sein, denn die meisten Athlet/innen sind über Stipendien da und dementsprechend schwer ist es, vor allem für nur ein Semester, aufgenommen zu werden. Allerdings gibt es, wie gesagt, auch für Freizeitsportler/innen nahezu unbegrenzte Möglichkeiten.
Studiert wurde natürlich nebenbei auch noch ein bisschen. Ich habe vier Kurse belegt und ich würde auch nicht unbedingt empfehlen, mehr zu machen. Es ist wichtig zu wissen, dass das amerikanische Universitätssystem sehr viel verschulter ist als das Deutsche. Das bedeutet einen deutlich erhöhten Leseaufwand und wöchentliche Verpflichtungen, die alle in die Gesamtnote einfließen. Dazu gehören wöchentliche Essays und Hausaufgaben, Discussion Posts, Referate und Gruppenarbeiten. Mitte des Semesters hatte ich in jedem Kurs eine Midterm-Prüfung und am Ende natürlich noch die Finals. Ich habe den Großteil meiner Kurse sehr genossen und auch viel gelernt. Sehr gut gefallen hat mir das kollegiale Verhältnis zwischen Dozierenden und Studierenden. Ich habe oft nach meinen Classes noch mit den Lehrenden gequatscht und wurde sogar von einem Professor in seinen Buchclub eingeladen. Die fachlichen Diskussionen erfolgten stets auf Augenhöhe und ich habe ausschließlich sehr motivierte Lehrende mit zum Teil sehr innovativen Lehrmethoden kennenlernen dürfen. Die ersten paar Wochen habe ich noch als sehr stressig empfunden und oft habe ich mich gefragt, wie ich die Balance zwischen Studieren und Erfahrungen machen finden sollte. Aber es hat sich dann irgendwie eingependelt und ich habe mit der Zeit herausgefunden, wie ich meine Prioritäten so legen konnte, dass auch das Reisen nicht zu kurz kam…
Michigan ist ein Staat, den ich als Touristin nie besucht hätte. Gerade deshalb bin ich umso dankbarer für die Chance dieses Auslandssemesters. Der Staat an der kanadischen Grenze hat viel mehr zu bieten als ich zuvor dachte und ist gleichzeitig ein optimaler Ausgangspunkt für Reisen in umliegende Staaten. Ein absolutes Muss ist ein Camping Trip auf die deutlich dünner besiedelte obere Halbinsel Michigans. Dieses Wochenende war das Highlight meiner gesamten Zeit in den USA. Der Norden Michigans zeichnet sich durch unendliche Wälder und natürlich die Umgrenzung durch drei der fünf Great Lakes aus. Ich habe in meinem Leben selten so unberührte und friedliche Natur gesehen. 2 Stunden südöstlich vom Campus liegt Detroit – eine Stadt, die ich als deutlich schöner und lebendiger empfunden habe, als ihr Ruf es beschreibt. Vier Stunden südwestlich liegt Chicago, ebenfalls ein Must-See im Mittleren Westen. Beide Städte sind gut mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen, erstere mit dem Bus (Michigan Flyer), letztere mit dem Zug (Amtrak). Für alle anderen Destinationen in Michigan braucht man allerdings ein Auto. Das Wintersemester an der MSU bietet außerdem zwei längere Pausen, die Fall Break Ende Oktober und die Thanksgiving Break Ende November. Im Oktober ging es für mich nach Toronto, ungefähr fünf Stunden mit dem Auto vom Campus entfernt. So bin ich doch nochmal nach Kanada gekommen. Toronto ist ein super Ziel für einen Städtetrip und hat mich besonders durch die vielen unterschiedlichen und interessanten Menschen und seinen multikulturellen Vibe überzeugt. Wenn ihr euch für den Trip entscheidet, nehmt unbedingt auch noch die Niagara-Fälle mit – kein großer Umweg, aber definitiv sehenswert, wenn man sowieso in der Gegend ist. Ende November hatte ich dann nochmal Lust auf Sonne und da man von Detroit aus recht günstig in den Süden fliegen kann, nutzte ich die Chance nochmal einen anderen Staat kennenzulernen – Florida. Auch wenn ich nur ein Wochenende in Miami verbracht habe, konnte ich doch viele Seiten dieser interessanten Stadt kennenlernen. Fazit – ich muss kein zweites Mal hin, aber im November nochmal Sommerklamotten auspacken zu können, hat schon was.
Die amerikanische College-Experience ist definitiv einmalig und ja, es ist wirklich alles so wie in den Filmen. Das macht es manchmal ein bisschen surreal und ich habe auf jeden Fall mehr als einen Kulturschock in meiner Zeit in den USA erlebt. Aber das Schöne an der ganzen Sache ist, dass man diese Erfahrung mit Gleichgesinnten zusammen macht und es einen so unfassbar zusammenschweißt, als Nicht-Amerikaner/in eine Weile in den Staaten zu leben. Die MSU ist eine super Adresse für ein Auslandssemester, weil es einem sehr leicht gemacht wird, Kontakte zu knüpfen, zum Beispiel indem man sich in einem der unzähligen Clubs engagiert. Also ihr müsst definitiv keine Angst haben, euch an der MSU einsam zu fühlen. Man wird definitiv gut abgeholt und kann sehr schnell ein Teil der Community werden. Ich kann einen Aufenthalt in den USA und speziell an der MSU sehr empfehlen, denn abgesehen von allen Klischees konnte ich das Land von vielen verschiedenen Seiten kennenlernen und neue Erfahrungen machen – also genau das wofür ein Auslandssemester da ist.