Mexico City

UNAM- Universidad Nacional Autonoma de Mexico

Wintersemester 2023/24
Mexico City
Foto: David Carballar, Unsplash
  • UNAM- Universidad Nacional Autonoma de Mexico

Meldung vom:

Korbinian, Bachelorstudent Geschichte

Vor der Bewerbung stellte ich mir mein Auslandssemester an der UNAM als etwas radikal Anderes und Neues vor, in meinem Kopf war es das genaue Gegenteil von Jena: Eine riesige Metropole und Universität, eine komplett andere Sprache und Kultur und ein anderes gesellschaftliches Klima, als es das kleinbürgerlich scheinende Jena mir vermittelte. Wie aus diesen Sätzen vielleicht hervorgeht, war ich zuvor noch nie außerhalb Europas gewesen und baute mir mein Auslandssemester ein Stück weit als Projektionsfläche auf.

Der Bewerbungsprozess selbst war eine emotionale Achterbahnfahrt. Zunächst kommuniziert die UNAM ausschließlich auf Spanisch (etwas, das mich gerade zu diesem Zeitpunkt noch überforderte), wobei die englischen Übersetzungen, die scheinbar willkürlich bei einigen Mails beigefügt werden, Google aussehen lassen wie einen professionellen Dolmetscher. Außerdem sollte man auf spontane Deadlines vorbereitet sein, die durchaus einmal drei Tage vorher in einer übersehenen Mail angekündigt werden. Gerade wenn es um das Sprachzertifikat geht, sollte man sich hier möglichst früh bemühen. Doch all dieser Stress lehrt, Ruhe zu bewahren. Die Mühlen mahlen an der UNAM nun einmal ein wenig langsamer und eine verpasste Deadline muss keineswegs das Ende der Welt bedeuten.

Nachdem ich den größten Teil dieses Brimboriums hinter mir gelassen hatte, sowie Flug und Reiseversicherung gebucht hatte (visumsfrei kann man als Tourist für 180 Tage einreisen), konnte ich mich an die Wohnungssuche machen. Hier hatte ich das Glück, dass eine Studentin aus Jena, die im vorigen Semester an der UNAM studiert hatte, mir ein Zimmer vermitteln konnte. Andere Austauschstudierende, die ich in Mexiko kennenlernte, quartierten sich erst einmal in Hostels ein, bevor sie sich dann in der Stadt und in einigen WhatsApp-Gruppen umsahen. Von der UNAM selbst wird leider nichts angeboten, auch Studierendenwohnheime sind Fehlanzeige.

Das Studienangebot an der UNAM ist überwältigend. Zwar wird der Studienalltag ein wenig verschulter gestaltet (auch eine Unterscheidung zwischen Vorlesungen und Seminaren existiert nicht), jedoch wird man von der Vielfalt der belegbaren Kurse dazu angeregt, seinen europäisch geprägten akademischen Denkhorizont zu überdenken und zu erweitern. Ich als Geschichtsstudent war besonders von einer viel stärkeren methodischen Offenheit beeindruckt.

Gerade zu Beginn fiel es mir schwer, einen sozialen Kreis aufzubauen. Zum einen gab es neben einer Willkommensveranstaltung keine offiziellen Events, um neue soziale Kontakte zu knüpfen, auch wenn einige Studierendenorganisationen Ausflüge für Austauschstudierende anboten, die besonders zu Anfang des Semesters sehr gut besucht waren. Zum anderen bereiteten mir Sprache (B2-Niveau vor Reiseantritt) und unterschiedliche kulturelle Prägung starke Schwierigkeiten, auf einem befriedigendem Gesprächsniveau zu kommunizieren. Auch nach besserem Beherrschen der spanischen Sprache in den späteren Monaten (hier halfen mir vor allem Uni und meine mexikanische WG), hatte ich oft das Gefühl, über das Gesprächsthema meiner Fremdheit nicht hinauszukommen. Auch durch meine Unkenntnis der kulturellen und sozialen Normen fand ich mich oft in einer Beobachterrolle wieder, die zwar sehr spannend ist, jedoch nach einiger Zeit auch ermüdend wirken kann.

Ich selbst habe mich während meines Semesters zu keinem Zeitpunkt unsicher gefühlt. Dennoch muss man sich daran gewöhnen, sich nachts nur mit Uber oder Taxi fortzubewegen und bestimmte Viertel zu meiden. Auch die in der mexikanischen Öffentlichkeit normalisierte Gewalt und Korruption bestimmen teilweise das gesellschaftliche Klima.

Trotz alledem war es ein wahnsinnig interessantes Semester und eine unglaublich bereichernde Erfahrung, die ich auf jeden Fall weiter empfehlen würde. Mexiko-Stadt ist wunderschön und scheint in seiner Riesenhaftigkeit doch nahbar und verfügt über ein riesiges kulturelles Angebot. Auch in Bezug auf Reisen ist das Land natürlich ein Paradies, in dem es an jeder Ecke etwas Neues zu entdecken gibt.