Stiftungsprivileg

Eine Tradition der Innovationen

Die Geschichte der Friedrich-Schiller-Universität Jena
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Foto: Universität Jena

Perle im Saaletal – die Universitätsstadt Jena

Jena ist eine quirlige Stadt, eine lebendige und junge dazu. Jahr für Jahr erhält Jena einen Energieschub durch junge Menschen, die zum Studieren an die Saale kommen. Sie bringen Elan und Ideen mit, genießen es, sich im Denken ohne Grenzen zu probieren. Den Ort ihres Wirkens finden sie an der Friedrich-Schiller-Universität.

Die Universität Jena ist wieder ein Wissenschaftszentrum von internationalem Rang geworden. In Lehre und Forschung werden neue Erfolgskapitel geschrieben und wer durchs Geschichtsbuch blättert, der findet die Namen großer Gelehrter, die in Jena gewirkt haben. Seit ihrer Gründung hat die Universität immer wieder Höhen und Tiefen erlebt. Zahlreiche große Namen sind in ihren Annalen verzeichnet: Johann Franz Buddäus, Erhard Weigel, Schiller, Goethe, Hegel und Fichte. Später kamen die Industriepioniere Abbe, Zeiß und Schott hinzu, die das Städtchen Jena in die Moderne führten.

Der folgende Überblick beleuchtet die Geschichte der Universität Jena von den Gründungsjahren bis in die Gegenwart anhand von kurzen Texten und nützlichen Hinweisen.

  • 1548: Die Gründung der Hohen Schule in der Hochzeit der Reformation

    Die Universität Jena verdankt ihre Existenz einer militärischen Niederlage. Als Widerpart des Kaisers hatte Kurfürst Johann Friedrich I. von Sachsen den Schmalkaldischen Bund angeführt. In ihm hatten sich die protestantischen Fürsten des Reiches zusammengeschlossen. Am 24. April 1547 setzte es bei Mühlberg eine empfindliche Niederlage für die Anhänger des neuen Glaubens. Der Hanfried, wie der Fürst in Jena bis heute genannt wird, geriet in Gefangenschaft und musste um sein Leben fürchten. Später vom Kaiser begnadigt, verlor er die Kurwürde und große Teile seines Herrschaftsgebietes. Darunter waren die Stadt Wittenberg und ihre Universität. Nutznießer war sein Vetter Moritz, der sich auf die Seite des Kaisers geschlagen hatte. Der Fürst musste Ersatz schaffen. Während er Weimar als neue Residenz wählte, entschied er sich für das benachbarte Jena als Standort für eine Hohe Schule. Die neue Bildungsstätte sollte vornehmlich Pfarrer ausbilden, die das Evangelium nach Luthers Lehre verbreiten sollten.

    Es waren zunächst 171 Studiosi, die 1548 mit den Professoren Johannes Stigel und Victorius Strigel im Collegium Jenense den Lehrbetrieb aufnahmen. Dieses Collegium Jenense, der Gründungsort der Universität in einem ehemaligen Dominikanerkloster, existiert bis heute. Strigel lehrte Theologie, sein Kollege Stigel vertrat die Philologie und Philosophie. Die Grundausstattung der Hohen Schule war bescheiden. Doch immerhin hatte der Hanfried die wertvolle Bibliotheca Electoralis aus Wittenberg mitgebracht.

    Mit dem Einzug der Studenten in Jena ist es mit der Ruhe in der Stadt wohl vorbei. Die Herren Studiosi - an weibliche Studenten war zu jener Zeit noch nicht zu denken – bringen ihre eigenen Sitten und Gebräuche mit.

    Doch in geistiger Hinsicht steigt die neue Bildungsstätte bald zu erster Blüte auf: Bereits Mitte der 1550er Jahre gilt Jena als führendes Zentrum der Reformation und die Jenaer Luther-Ausgabe ließ die Konkurrenz aus Wittenberg hinter sich. Im Jahre 1557 erhält die Hohe Schule das Universitätsprivileg des Königs und darf sich fortan Universität nennen.

    Mehr Informationen und Bildmaterialien finden Sie auf der Seite des Collegium-Jenense-ForschungsprojektsExterner Link, das in einem grafisch aufbereiteten virtuellen Zeitstrahl-Rundgang die Ereignisse der Gründungszeit der Friedrich-Schiller-Universität abbildet.

  • 1558: Die Hohe Schule wird eine Volluniversität des Reiches

    Bereits im Jahre 1555 war an der Hohen Schule das Rektorenamt eingeführt worden, von da an konnte jeder der Professoren zum Rektor gewählt werden. Das Universitätsprivileg stellte 1557 Kaiser Ferdinand I. aus, von seinem Vorgänger Karl V. war damit nicht zu rechnen gewesen. Bewilligt wurde Jena sogar eine Theologische Fakultät, obwohl Jena inzwischen zum Hort orthodoxen Luthertums geworden war. Angesichts der Religionsstreitigkeiten im Reich eine überraschende Entscheidung.

    Das kaiserliche Universitätsprivileg wurde in der Wiener Kanzlei auf den 15. August 1557 datiert. Als Gesandter am kaiserlichen Hof agierte der Jenaer Mediziner Johann Schröter, der ehemalige Leibarzt des Kaisers. Bei seiner Rückkehr nach Jena wurde Schröter ein triumphaler Empfang bereitet, er wurde zum ersten Rektor der Universität Jena gewählt. Mit dem kaiserlichen Privileg war die Hohe Schule juristisch zu einer Volluniversität des Reiches aufgestiegen. Feierlich eröffnet wurde sie am 2. Februar 1558, zu Mariae Lichtmess. Dieser Tag gilt fortan als Gründungsdatum der Alma Mater Jenensis.

  • 1800: Erste Blütezeit der Stapelstadt des Wissens

    Eine Stapelstadt des Wissens nannte Johann Wolfgang von Goethe Jena. Der Geheime Rat selbst hatte als Oberaufseher über die unmittelbaren Anstalten für Wissenschaft und Kunst entscheidende Grundlagen gelegt. Goethe schuf die wissenschaftliche Infrastruktur, indem er Bibliotheken ausbauen ließ, diverse Sammlungen und Labore förderte und den Botanischen Garten erweitern ließ. Zudem gehen die Universitäts-Sternwarte und die Mineralogische Sammlung auf seine Initiative zurück. Ganz ohne Eigennutz agierte der Dichter bei all dem nicht: Die eigenen Forscherneigungen mögen in manche Entscheidung hineingespielt haben. Freilich blieb auch das nicht ohne Ertrag: Goethes beharrliche Suche nach dem Zwischenkieferknochen des Menschen führte zum Erfolg. Gemeinsam mit dem Arzt und Anatom Justus Christian Loder gelang die Entdeckung des Zwischenkieferknochens 1784 in der Jenaer Anatomie, deren Ruine - der Anatomieturm – bis heute zu besichtigen ist. Zudem werden die Originalpräparate Goethes in der Anatomischen Sammlung der Universität aufbewahrt.

    Den entscheidenden Impuls für das erneute Aufblühen der Alma Mater Jenensis gaben jedoch die großen Geister, die sich in der Stadt versammelten: Hegel, Fichte, Schelling, Voß, die Gebrüder Schlegel und Schiller, der spätere Namenspatron der Universität, lehrten und dozierten und in ihren Vorlesungen saßen Novalis, Hölderlin, Brentano, Fröbel und Arndt. Bis heute künden an allen Ecken und Enden der Stadt Gedenktafeln davon, wer alles in Jena lehrte oder studierte. Zu finden sind zudem Gebäude aus jener Zeit: Schillers Gartenhaus, Goethes Inspektorenhaus im Botanischen Garten, das Haus Fichtes, das von Loder begründete Accouchierhaus und das Frommannsche Anwesen, in dem heute die Germanisten und Kunsthistoriker ihr Domizil gefunden haben.

    Die europaweit einzigartige Kulturverdichtung in der Doppelstadt Jena-Weimar steht für einen Aufbruch in Kultur und Wissenschaft. Zudem erwarben namhafte Persönlichkeiten in Jena ihren Doktortitel. Zu den berühmtesten gehören Robert Schumann und Karl Marx.

    Einzigartig war auch der Aufbruch der Jenaer Studenten, die sich im Juni 1815 zur Urburschenschaft zusammenschlossen. Gründungsort der Urburschenschaft war das Gasthaus Grüne Tanne in Wenigenjena. Von Anfang an wurden politische Forderungen erhoben, wurde der Ruf nach Reformen laut und die Einigung Deutschlands als Ziel ausgegeben. Die Farbe der Burschenfahne war schwarz-rot mit goldenem Fransensaum; hieraus gingen später die deutschen Farben Schwarz-Rot-Gold hervor.

  • 1840: Die Industrialisierung: Zeiß, Abbe und Schott

    Der geistigen Blütezeit sollte eine Blütezeit der Wirtschaft folgen. Sie ist verbunden mit den Namen Carl Zeiß, Ernst Abbe und Otto Schott, die gemeinsam Bahnbrechendes leisteten und als Pioniere der optischen Industrie den Namen Jena hinaus in die Welt trugen. Dabei stand ihnen die Universität hilfreich zur Seite; ja erst die Symbiose von Unternehmensgeist und wissenschaftlichem Forscherdrang führte zur optischen Präzision, für die Jena weltweit zu einem Markenzeichen wurde. Das althergebrachte Pröbeln, das Herumprobieren, hatte ausgedient. Vielmehr galt es, wissenschaftliche Erkenntnisse zu nutzen, um innovative technische Geräte zu entwickeln und zu produzieren. Dieser Ideentransfer zwischen Universität und Unternehmen ist bis heute ein Jenaer Erfolgsmodell, das nichts von seiner Attraktivität eingebüßt hat.

    Zu den prägenden Persönlichkeiten, die den Aufbruch ins Industriezeitalter einläuteten, gehört der 1870 zum außerordentlichen Professor berufene Ernst Abbe. Der Physiker schuf eine Bildentstehungstheorie des Mikroskops, in die er die bekannten Beugungserscheinungen einbezog. Abbe arbeitete eng mit Carl Zeiß zusammen, der als Universitätsmechanikus in seinen privaten Werkstätten den optischen Apparatebau zu perfektionieren trachtete. Das Dreigestirn komplett machte der aus Witten stammende Glaschemiker Otto Schott, der 1875 an der Universität Jena promoviert hatte. Im Jahr 1874 gründete Schott auf Drängen Abbes ein Glastechnisches Laboratorium, aus dem das glaschemische Werk Schott & Gen. hervorging. Das Glaswerk lieferte fortan die Spezialgläser, die zur Fertigung von Mikroskopen und anderen optischen Geräten benötigt wurden.

    Der Humboldt-Schüler Matthias Jakob Schleiden, als Botanik-Professor berühmt für seine Zelltheorie, gehörte zu den Anregern und späteren Nutznießern der bahnbrechenden Innovationen durch das Trio Zeiß, Schott und Abbe.

  • 1900-1914: Zweite Blütezeit kurz vor der Weimarer Republik

    Das einst beschauliche Städtchen Jena entwickelte sich rasch zu einem aufstrebenden Industriestandort. Die Zeiss-Werke lockten zahlreiche, hochqualifizierte Arbeiter in die Stadt, deren Einwohnerzahl von 1870 bis zur Jahrhundertwende sprunghaft anstieg: um 150 Prozent auf etwa 25.000. Die Arbeiter profitierten vom Wohlstand, weil sie durch ein beispielloses Sozialstatut an den Gewinnen des Unternehmens beteiligt wurden. Diese Form der Beteiligung wurde möglich, weil die Zeiss-Werke schon frühzeitig in ein Stiftungsunternehmen umgewandelt worden waren. Doch auch die Universität und die Stadt sollten profitieren: Mit Zeiss-Geld wurde z. B. das Volkshaus errichtet, in dem Konzerte stattfanden und in dem der Lesehallenverein sein Domizil fand, die heutige Ernst-Abbe-Bücherei.

    Ein weiteres markantes Gebäude wurde zum 350. Universitätsjubiläum 1908 eingeweiht: das neue Hauptgebäude der Universität, das der renommierte Kirchen- und Theaterarchitekt Theodor Fischer aus Stuttgart entworfen hatte. Das imposante Gebäude wurde an der Stelle des einstigen Stadtschlosses errichtet und ist bis heute ein zentraler Standort der Universität. Ein großer Teil der Bausumme kam von der Zeiss-Stiftung, größter privater Stifter war Otto Schott.

    Die Jahre zwischen Gründerzeit und Weimarer Republik sind für den Wissenschaftsstandort Jena äußerst bedeutsam. Wie einst um 1800 ziehen Stadt und Universität eine Fülle großer Geister an. Der "deutsche Darwin" Ernst Haeckel lehrt in Jena, ebenso der Mathematiker und Logiker Gottlob Frege, der besonders für die angelsächsische Philosophie wichtig wurde. Zu den herausragenden Wissenschaftlern, die in Jena lehren, gehören der Entdecker des Elektroenzephalogramms Hans Berger, der Psychiater Otto Binswanger, der Philosoph Rudolf Eucken – der 1908 den Literaturnobelpreis erhielt – und die Historiker Johann Gustav Droysen und Alexander Cartellieri. Weiterhin zu nennen sind die Philologen Berthold Delbrück und Eduard Sievers, die Reformpädagogen Karl-Volkmar Stoy und Peter Petersen, der Jurist Eduard Rosenthal sowie der Physiker Max Wien, einer der Pioniere der drahtlosen Telegrafie.

    In Jena gibt es eine rührige Kunstszene, befeuert durch den avantgardistisch orientierten Kunstverein um Eberhard Grisebach und Botho Graef. Der Franzose Auguste Rodin erhält 1905 die Ehrendoktorwürde, nachdem es um ihn in Weimar einen handfesten Skandal gegeben hat. In den Jahren 1907 bis 1909 malt Ferdinand Hodler sein berühmtes Monumentalgemälde "Auszug deutscher Studenten in den Freiheitskrieg von 1813", das jetzt seinen Platz in der Aula des Universitätshauptgebäudes gefunden hat. In dieser Zeit prägen Ausstellungen und Arbeitsaufenthalte führender Expressionisten und die Verbindung zum Bauhaus in Weimar das kulturelle Leben der Stadt.

  • 1904: Frauen erobern die Universität

    Die Moderne hält auf einem weiteren Feld Einzug an der Universität: Waren bislang Frauen vom Studium ausgeschlossen, gibt es seit den 1890er Jahren zahlreiche Frauen, die ein Studium aufnehmen wollen. Die Universität tut sich schwer damit, zunächst öffnet sich die Philosophische Fakultät. Vom Sommersemester 1902 an dürfen sich Frauen einschreiben, sie können Lehrveranstaltungen besuchen. Doch noch bleiben ihnen die Institute und weitere Einrichtungen verschlossen. Obwohl Frauen offiziell seit 1897 promovieren dürfen, müssen sie noch zahlreiche Vorbehalte überwinden.

    Als erste Frau erhält die US-Amerikanerin Rowena Morse (1872–1958) im Jahr 1904 den Doktortitel. Sie promoviert an der Philosophischen Fakultät, erhält ein magna cum laude für ihre Doktorarbeit. Eine Gedenktafel im Treppenhaus des Universitätshauptgebäudes erinnert an die Pioniertat der Enkelin des Erfinders des Morse-Alphabets.

  • 1920-1934: Vom Reformprojekt zur nationalsozialistischen Musteruniversität

    Anfang der 1920er Jahre gibt es verstärkt Reformbemühungen an der Universität. So erhält der bisherige Prorektor den Titel Rektor, von nun an wird er für jeweils ein Jahr gewählt. Die Regierungen der Erhalterstaaten genehmigen eine Fakultätsreform; für die Fakultäten werden Fächer vorgeschrieben. Neu geordnet wird zudem die Stellung des Senats als Parlament des Lehrkörpers, hinzu kommt ein kleiner Senat als Verwaltungsorgan. Mitte der 1920er Jahre endete das liberale Klima in der Stadt. Die NSDAP findet in Thüringen den idealen politischen Nährboden und steigt rasch auf. An der Universität Jena gibt es seit 1925/26 eine Hochschulgruppe der NSDAP bzw. des NS-Studentenbundes. Es entsteht die Idee einer nationalsozialistischen Musteruniversität, an deren Spitze 1939 der NS-Ideologe Karl Astel tritt. Der neue Rektor umgibt sich mit weiteren Rasse-Theoretikern, die Universität stellt sich ganz in den Dienst der Kriegswirtschaft.

    Zu diesem Zeitpunkt trägt die Salana bereits den Namen Friedrich Schillers. Er wird der Universität zum 175. Geburtstag des Dichters am 10. November 1934 verliehen.

  • 1945: Neustart und Umgestaltung nach dem Zweiten Weltkrieg

    Im Frühjahr 1945 ist Jena mehrfach das Ziel alliierter Luftangriffe. Schwer in Mitleidenschaft gezogen werden dabei Gebäude der Universität. Bombentreffer gibt es am Hauptgebäude und an Gebäuden im Klinikgelände an der Bachstraße. Als Totalschäden sind zu verzeichnen die Universitätsbibliothek, das Botanische Institut, unter dessen Trümmern neun Menschen den Tod finden, das Psychologische Institut, drei Chemie-Institute und das Physiologische Institut.

    Nachdem in den letzten Kriegsmonaten der Lehrbetrieb weitgehend zusammengebrochen war, eröffnet die Friedrich-Schiller-Universität am 15. Oktober 1945 wieder ihre Pforten. Der Befehl dazu kommt von der Sowjetischen Militäradministration in Thüringen. Im Dezember 1945 wird der Lehrbetrieb wieder aufgenommen. Schon bald zeigt sich, dass die Universität zu einer sozialistischen Hochschule umgestaltet werden soll: Das obligatorische marxistisch-leninistische Grundlagenstudium wird in den 1950er Jahren eingeführt, weitere Pflichtfächer werden Deutsch, Sport und Russisch.

    Nach einem kurzen demokratischen Aufbruch übernehmen erneut Ideologen die Leitung der Universität. Inhaltlich wird die Hochschule auf das Ziel ausgerichtet, Jena zum Technologie- und Wissenschaftszentrum der DDR zu machen. Dabei spielt die enge Kooperation mit dem VEB Carl Zeiss Jena eine große Rolle. Sichtbares Zeichen der Verquickung von Universität und Kombinat wird der Uni-Turm, der nach Plänen des Architekten Herbert Henselmann zwischen 1967 und 1972 errichtet wird. Ursprünglich sollte der Bau als Forschungshochhaus für Carl Zeiss dienen, doch nun müssen zahlreiche Universitäts-Mitarbeiter dort einziehen, obwohl die Arbeitsbedingungen nicht optimal sind.

  • 1989: Politischer Widerstand und Wendezeit

    Bis heute überragt der Jentower die Innenstadt; mit seinen 159,60 Metern ist er das höchste Gebäude der neuen Bundesländer. In seinem Schatten erblühten in den letzten Jahren der DDR widerständige Geister: Jena gilt als Dissidenten-Hochburg im Land. 1989 gehen dann Studenten und Professoren gemeinsam auf die Straße. Das Ziel der Proteste: den lähmenden Stillstand im Land überwinden, die Beschränkungen der geistigen Freiheit in Wissenschaft und Forschung hinwegfegen. Unmittelbar nach dem politischen Umbruch gibt es harte Einschnitte an der Universität: Alle Lehrkräfte werden evaluiert, aus den bisherigen Sektionen werden wieder zehn Fakultäten einer klar konturierten klassischen Volluniversität. Ein zentraler Campus entsteht auf dem Gelände des ehemaligen Zeiss-Hauptwerks im Zentrum der Stadt und in Lobeda wird das Klinikum 2000 gebaut, es bündelt alle medizinischen Kliniken und Institute an einem Standort. Ende 2001 wird eine neue Universitätsbibliothek eröffnet, die das Provisorium ablöst, das nach dem Krieg errichtet worden war.

    Im Profil knüpft die Friedrich-Schiller-Universität an ihre Traditionen an: Es gibt eine stark ausdifferenzierte Philosophische Fakultät und das Klinikum bietet medizinische Spitzenversorgung für den Freistaat Thüringen an. Feste Säulen in der klassischen Volluniversität sind zudem die Physik, die Bio- und Sportwissenschaften und die Psychologie. Studieren kann man in Jena zudem sogenannte Orchideenfächer wie Rumänistik, Altorienalistik und Indogermanistik.

    Die enge Verknüpfung von Wissenschaft und Forschung, von universitären und außeruniversitären Instituten deren Direktoren und Abteilungsleiter nicht selten an der Universität lehren sowie die buchstäblich kurzen Wege in der Stadt haben Jena wieder zu einem weithin anerkannten Wissenschaftsstandort gemacht. Die Universität pflegt einen Hochschulverbund mit Halle und Leipzig und gehört zur Coimbra Group, in der sich viele traditionsreiche europäische Universitäten zusammengeschlossen haben

  • Die Universität heute: Light, Life, Liberty – Connecting Visions

    Gemeinsame, oftmals interdisziplinäre Projekte etwa in den sechs DFG-Sonderforschungsbereichen und den über 20 Graduiertenkollegs und -schulen zeigen eindrucksvoll, in welche Richtung es geht. Die Forschungsschwerpunkte der Universität werden unter dem Motto Light, Life, Liberty zusammengefasst. Es sind im Feld Light Optik und Photonik sowie Innovative Materialien, Technologien und Energiespeicher, im Feld Life gehören Mikrobiologie, Infektions- und Sepsisforschung ebenso dazu wie Biodiversität und Bio-Geo-Interaktionen sowie Alternsforschung. Schließlich kommen im dritten Feld Liberty noch Sozialer Wandel und Aufklärung, Romantik sowie Zeitgeschichte hinzu.

    Die Friedrich-Schiller-Universität Jena wirbt mit dem Slogan Studentenparadies Jena und stellt sich der Herausforderung, den Studentinnen und Studenten möglichst paradiesische Studienbedingungen zu ermöglichen. Gute Betreuungsrelationen zwischen Studenten und Dozenten gehören dazu, tatkräftige Unterstützung für Studierende mit Kind und vielfältige Freizeitmöglichkeiten in der Stadt und ihrer näheren Umgebung. In Jene lebt sich's bene, diese alte Liedzeile gilt bis heute. Die Studierenden danken es ihrer Alma Mater immer wieder bei Rankings von Spiegel, CHE/stern und Stiftung Warentest mit Bestnoten.

    Die hervorragende Betreuung soll auch den Doktoranden zugutekommen. Im Jahr 2006 wurde deshalb die Jenaer Graduierten-Akademie gegründet.

    Von 2014 bis 2023 stand Prof. Dr. Walter Rosenthal als Präsident an der Spitze der Universität. Der Mediziner kam nicht aus den Reihen der Universität, weshalb er die Reihe der bisherigen Rektoren als Erster durchbrach. Eine Reihe, die 1549 mit den Professores Johannes Stigel und Victorin Strigel ihren Anfang nahm.

    Nachfolger Rosenthals ist der Chemiker Prof. Dr. Andreas Marx, der seit August 2024 Präsident der Jenaer Universität ist.

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