Sprechblasen als Symbole der Kommunikation

Lehre NACHGEFRAGT

Newsletter für Lehre an der Uni Jena Ausgabe 04 2024
Sprechblasen als Symbole der Kommunikation
Foto: DreamDigitalArtist auf Pixabay

Fünf Fragen an Timur Kyashif zum Thema Kommunikation als Herzstück in der Hochschullehre

Bevor Timur Kyashif im Dezember 2023 das Uniklinikum Jena als Herzchirurg verstärkte, arbeitete er bei BioNTech in der Abteilung für Pharmakovigilanz und in der Abteilung für Herzchirurgie an der Uniklinik Halle (Saale). Während seiner Studienzeit an der Universität Varna arbeitete er als studentischer Angestellter in der Abteilung für Herzchirurgie und war als Demonstrator für Anatomie tätig. Daraus entwickelte er seine Leidenschaft für die Herzchirurgie, die er an seine heutigen Studierenden weitergeben möchte. Er begründete den „Herzchirurgie-Enthusiasten-Club“ und lädt während des Semesters wöchentlich Studierende sowie Kollegen und Kolleginnen ein, sich mit theoretischen Fragestellungen der Herzchirurgie auseinanderzusetzen, praktische Übungen durchzuführen oder auch mal in einer Quiz-Night ihr Wissen unter Beweis zu stellen.

Timur Kyashif

Foto: UKJ

Wenn Sie an Ihre eigene Studienzeit denken, fallen Ihnen einprägsame Kommunikationserfahrungen ein, die zu einem Aha-Erlebnis beigetragen haben oder Sie heute in Ihrer Lehre beeinflussen?

Ja, während meines Studiums gab es Schlüsselmomente, in denen Kommunikation eine zentrale Rolle spielte und zu Aha-Erlebnissen führte. Ein prägendes Erlebnis war während eines Seminars, in dem wir in kleinen Gruppen an einem komplexen Thema arbeiteten. Anfangs herrschte Uneinigkeit, doch durch offene und aktive Kommunikation, bei der jeder seine Perspektive einbrachte und wir einander aufmerksam zuhörten, fanden wir schließlich eine innovative Lösung. Dieses Erlebnis verdeutlichte mir, wie wichtig es ist, verschiedene Meinungen zu integrieren. Kommunikation geht weit über den bloßen Informationsaustausch hinaus.

In diesem Seminar ging es um ein interdisziplinäres Thema, das eine umfassende Analyse aus verschiedenen fachlichen Blickwinkeln erforderte. Die Aufgabe bestand darin, eine Präsentation vorzubereiten, die unterschiedliche Ansätze zur Behandlung eines komplexen medizinischen Falls gegenüberstellte. Ziel war es, als Gruppe zu einer fundierten, gemeinsamen Empfehlung zu kommen. Zu Beginn herrschte Uneinigkeit darüber, welcher Therapieansatz – ein eher konservativer oder ein innovativerer Ansatz – besser geeignet wäre. Einige Studierende argumentierten aus der Perspektive der Risikominimierung und Patientensicherheit und bevorzugten den konservativen Weg. Andere hingegen plädierten für die innovativere Methode, die potenziell größere Fortschritte versprach, aber auch Risiken mit sich brachte.

In dieser Situation war es entscheidend, dass alle ihre Perspektiven offen teilten und sich gegenseitig zuhörten. Durch diesen Dialog, bei dem jeder Einzelne seine Überlegungen und auch Zweifel äußern konnte, gelang es uns, einen neuen Ansatz zu entwickeln, der die Vorzüge beider Methoden kombinierte und sowohl die Risiken als auch das Potenzial des innovativen Ansatzes abwog.

Dieses Erlebnis machte mir bewusst, dass erfolgreiche Kommunikation das Erkennen und Einbinden unterschiedlicher Perspektiven fördert und letztlich zu kreativen und durchdachten Lösungen führen kann. Dies prägt auch meine heutige Lehrweise: In meiner Lehre fördere ich genau diesen offenen Austausch, damit Studierende lernen, in Teams Lösungen zu entwickeln, die verschiedene Meinungen berücksichtigen. 

Mit welchen kommunikativen Herausforderungen werden Ihre Studierenden in ihrem späteren beruflichen Alltag konfrontiert sein? Können Sie das an einem Beispiel veranschaulichen?

Studierende stehen im späteren Berufsleben vor vielen kommunikativen Herausforderungen, insbesondere in interdisziplinären Teams. Die Zusammenarbeit mit Kollegen und Kolleginnen aus verschiedenen Fachbereichen erfordert die Fähigkeit, komplexe Themen klar zu formulieren und Missverständnisse zu vermeiden. Ein Beispiel dafür ist die Zusammenarbeit zwischen einem Herzchirurgen und einem Anästhesisten während einer Herzoperation. Während der Chirurg sich auf den Eingriff konzentriert, überwacht der Anästhesist die Vitalfunktionen des Patienten. Eine klare, präzise Kommunikation ist entscheidend, um den Eingriff sicher durchzuführen und auf unvorhergesehene Veränderungen reagieren zu können.

Sie haben am Uniklinikum den Herzchirurgie-Enthusiasten-Club etabliert. Wöchentlich treffen sich Studierende und Lehrende, um gemeinsam in die Welt des Herzens einzutauchen, sich zu theoretischen Themen zu verständigen und chirurgische Techniken zu üben. Wie kamen Sie auf die Idee ein solches Format anzubieten?

Die Idee, einen Herzchirurgie-Enthusiasten-Club am Uniklinikum zu gründen, stammt aus meiner Erfahrung in einem ähnlichen Club in meiner Heimat - Bulgarien. Unter der Leitung von Prof. Plamen Panayotov war dieser Club für mich nicht nur eine wöchentliche Zusammenkunft, sondern eine entscheidende Erfahrung, die meine Leidenschaft vertiefte. Diese Treffen förderten meine Charakterbildung und brachten mir wertvolle medizinische und lebenspraktische Lektionen bei. Durch die inspirierende Arbeit fasste ich den Entschluss, ebenfalls einen solchen Club zu gründen. Mein Ziel war es, Gleichgesinnte zu treffen, die die gleiche Leidenschaft für Herzchirurgie teilen. Die Idee stellte ich meinem aktuellen Mentor - Prof. Torsten Doenst -, vor, der sie sofort ins Herz schloss und mit großem Engagement unterstützt. Er beteiligt sich aktiv an unseren Veranstaltungen, wofür wir ihm sehr dankbar sind.

Wie wirken sich diskursive und kooperative Ansätze in der Hochschullehre Ihrer Meinung nach auf den Lernprozess der Studierenden aus?

Diskursive und kooperative Ansätze fördern aktives, tiefes Lernen. Diskussionen schärfen das kritische Denken, während Teamarbeit die Entwicklung sozialer Kompetenzen ermöglicht. Studierende lernen nicht nur Inhalte, sondern auch, wie sie im Austausch mit Anderen Probleme lösen – eine wesentliche Fähigkeit für ihr späteres Berufsleben.

Wertschätzende Resonanz und positive Feedbackkultur unterstützen den offenen Austausch von Wissen, Meinungen und Ideen zwischen Lehrenden und Studierenden. Mit dem Herzchirurgie-Enthusiasten-Club haben Sie genau das erreicht. Was würden Sie Lehrenden raten, die ihre Studierenden zum Fragenstellen und Diskutieren ermutigen möchten?

Ich würde Lehrenden raten, eine Atmosphäre zu schaffen, in der Fragenstellen und Diskutieren ausdrücklich erwünscht sind. Von Anfang an sollte eine wertschätzende Feedbackkultur etabliert werden, bei der keine Frage als unwichtig abgetan wird. Lehrende sollten Neugier vorleben, auf Fragen der Studierenden aktiv eingehen und diese als Grundlage für vertiefte Diskussionen nutzen. Informelle Diskussionsrunden oder gezielte Fragestellungen können ebenfalls helfen, den offenen Austausch zu fördern.

Kontakt

  1. Kyashif, Timur Uniklinikum Jena