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Meldung vom: | Verfasser/in: Sebastian Hollstein
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Ob auf Waldböden, in Mooren, in den Fugen des Straßenpflasters oder sogar in so unwirtlichen Gegenden wie der Antarktis – Moose wachsen nahezu überall. Doch so allgegenwärtig diese Pflanzen auf der Erde sind, in der derzeitigen Forschungslandschaft muss man lange nach ihnen suchen. Wissenschaftliche Untersuchungen von Moosen sind höchstens ein Nischenthema. Eine Gruppe junger Biologinnen und Biologen will das nun ändern: Auf Initiative des Doktoranden Till Deilmann von der Friedrich-Schiller-Universität Jena fordert sie in einem Beitrag im aktuellen Forschungsmagazin „Basic and Applied Ecology“ mehr Aufmerksamkeit für die vernachlässigte Pflanzengruppe.
Mit mehr als 20.000 Arten stellen Moose die zweitgrößte Gruppe aller Landpflanzen dar. Sie sind weit verbreitet und auf allen Kontinenten zu Hause. Für die entsprechenden Ökosysteme übernehmen sie dabei eine Reihe wichtiger Funktionen: „Sie sind ein elementarer Bestandteil des Nährstoffzyklus sowie des Wasserkreislaufs, regulieren die Temperatur des Bodens und haben so enormen Einfluss auf die dort lebenden Mikroben, deren Lebensbedingungen und das gesamte Ökosystem“, erklärt Till Deilmann. „Zudem dienen sie als CO2-Speicher.“
Trotz dieser Schlüsselrolle „werden Moose in der ökologischen Forschung oft übersehen und sind unterrepräsentiert", schreiben die sechs Forschenden aus Dänemark, Deutschland und Schottland. „Als Nachwuchswissenschaftler, die eine auf Moose ausgerichtete Forschungsarbeit betreiben, wollen wir uns dafür einsetzen, das Profil dieser wichtigen Gruppe zu schärfen, indem wir die zu überwindenden Hindernisse, aber auch mögliche Lösungen aufzeigen, wie wir sie als ökologische Gemeinschaft überwinden können.“
Ohne Moos nix los
Die Adressaten des Aufrufs sind vielfältig. „Zum einen wollen wir Forschungseinrichtungen dafür sensibilisieren, Moose stärker in den Fokus der Forschung zu rücken, entsprechende Projekte zu unterstützen, Netzwerke zu initiieren sowie mehr Daten zu erheben und zur Verfügung zu stellen. Es gilt beispielsweise, viel stärker der Frage nachzugehen, wie Moose auf Umweltveränderungen reagieren und welche Folgen das für ihre Funktion im Ökosystem und damit letztlich für das Ökosystem selbst hat“, sagt der Jenaer Wissenschaftler, der sich im Rahmen seiner Dissertation im Jenaer Sonderforschungsbereich „AquaDiva“ intensiv mit Moosen beschäftigt. Diese Gewächse seien zwar sehr tolerante Überlebenskünstler, die unter extremen Bedingungen leben können, doch sie seien auch sehr abhängig von ihrer unmittelbaren Umgebung. So nehmen sie etwa – anders als andere Pflanzen – Wasser und Nährstoffe hauptsächlich direkt durch Diffusion über die Blätter auf. Wenn sich etwas ändert, dann wirkt sich das also unmittelbar aus. Diese Eigenschaften machen sie zu guten Bioindikatoren, da sich an ihnen Schwermetallkontamination, Luftverschmutzung oder Veränderungen des Klimas schnell ablesen lassen.
Weil solche Forschungsarbeiten finanziell abgesichert sein müssen, fordern die jungen Biologinnen und Biologen von den Förderinstitutionen mehr Aufmerksamkeit für dieses Forschungsgebiet, beispielsweise durch zielgerichtete Ausschreibungen. Außerdem sollten Forschungsjournale Ergebnisse zu Moosen mehr Platz einräumen.
Moose in die Schulbücher!
Mehr Forschungsinteresse kann schließlich dazu führen, dass auch die breite Öffentlichkeit die Bedeutung der Moose stärker wahrnimmt – so ein weiterer Wunsch der Gruppe. „Obwohl sie so allgegenwärtig sind, finden sich Informationen über Moose zum Beispiel kaum in aktuellen Schulbüchern“, sagt Till Deilmann. Auch für Medien, Museen oder andere Einrichtungen, die für Wissensvermittlung stehen, könnte die äußerst vielfältige und einflussreiche Pflanzengruppe ein spannendes Thema sein – nicht zuletzt, da es auch hier gilt, die Artenvielfalt zu bewahren.
Deutschlandweit einzige Professur zu Moosen in Jena
Jena geht übrigens mit gutem Beispiel voran: In Kürze wird das Senckenberg Institut für Pflanzenvielfalt die neue Professur für die Evolution und Ökologie der Moose besetzen – die deutschlandweit einzige Professur, die sich konkret dieser Pflanzengruppe widmen wird. Dadurch könnten beispielsweise die Herbarbelege, von denen es im Jenaer Herbarium Haussknecht sehr viele gibt, wieder stärker in den Fokus der aktuellen Forschung rücken, erwartet Till Deilmann. „Dank ihnen können wir beispielsweise die Entwicklung einzelner Moos-Arten über einen längeren Zeitraum nachverfolgen.“ Die Digitalisierung dieser Sammlungsbestände stellt solche wertvollen Daten zudem der internationalen Forschungsgemeinschaft zur Verfügung. Und auch die Öffentlichkeit profitiert davon: Flössen die Informationen der digitalen Belege in Bestimmungs-Apps, könnten Nutzerinnen und Nutzer Moose identifizieren und so die Vielfalt der unscheinbaren aber umso faszinierenderen Pflanzen ganz neu entdecken.
Original-Publikation:
T. J. Deilmann, D. M. Christiansen, M. García Criado, T. Möller, M. Schüle, A. Täuber: „Early Career Researchers advocate for raising the profile of bryophyte ecological research“, Basic and Applied Ecology, 2024: DOI: https://doi.org/10.1016/j.baae.2024.11.001Externer Link