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Zimmer im Wohnheim
Foto: Sophia, Uni JenaDie ersten Tage: Ankunft und Orientierung
Die Ankunft im Wohnheim war zunächst etwas befremdlich. Die Zimmer waren klein und spartanisch eingerichtet. Zudem fehlten grundlegende Dinge wie Bettdecken, Kissen und Toilettenpapier. In den ersten Tagen ging es oft zu Daiso (wie Ikea, aber alles für 3 Euro), um das nötige Sortiment fürs Wohnheim zusammenzustellen. Die sanitären Einrichtungen waren gemeinschaftlich, was anfangs ungewohnt war. Auf jeder Etage gab es einen gemeinsamen Kühlschrank und eine Mikrowelle, doch leider hielt sich nicht jeder an die Regeln, und so rollten auch mal ein paar rohe Eier durch den Kühlschrank… das Ergebnis kann man sich vorstellen. Dank der superlieben Reinigungsdame wurde das Dorm-Leben erträglich gehalten.
In den ersten Tagen fühlten wir uns oft allein gelassen. Wichtige Informationen zu Dingen wie der Mensa, der Kurswahl oder dem allgemeinen Uniablauf waren entweder unklar oder wurden erst spät oder gar nicht kommuniziert. Es gab einen Dorm-Chat, in dem wichtige Informationen geteilt wurden (vom Austausch der WLAN-Module bis zum Probefeueralarm). Wer den Chat gründlich las, war immer up-to-date, was das Dorm betraf. Wir hatten einen Mentor-Buddy zugeteilt bekommen, der uns helfen sollte, aber das war komplett unzureichend. Unser Buddy konnte äußerst schlecht Englisch sprechen und war fast nie in Anseong – das war Pech, denn ich habe so viel Besseres über andere Buddys gehört. In der Global Lounge arbeitete eine Studentin, die gut Englisch sprach und versuchte, uns internationalen Studierenden zu helfen, aber auch sie konnte nicht immer alle Fragen beantworten. Besonders frustrierend war, dass das internationale Büro der Universität in Seoul saß und in Anseong niemand Englisch sprach. Dadurch mussten wir oft selbst Lösungen finden und auf eigene Faust nach Antworten suchen. Nach diesem holprigen Start gewöhnten wir uns doch schnell ein. Wir hatten uns durch die gemeinsamen Schwierigkeiten unter den internationalen Studierenden besser kennengelernt und schon erste Freundschaften geknüpft.
Die heißbegehrten Collagejacken der CAU. Jeder hatte eine.
Foto: Sophia, Uni JenaDer vergessene Campus Anseong: Herausforderungen und Chancen
Wir tauften unseren Campus den „vergessenen Campus“, und das aus gutem Grund. Viele Uni-Events, wie die Global Fair oder die Orientierungsveranstaltung und Abschlussfeier, fanden ausschließlich auf dem Hauptcampus in Seoul statt. Das führte dazu, dass wir in Anseong oft im Unklaren gelassen wurden, was die Organisation und den Ablauf anging. Ein gutes Beispiel hierfür war die Anmeldung zur Alien Registration Card (ARC), die wir eigenständig erledigen mussten, während die Studierenden in Seoul diese über eine Gruppenanmeldung beantragen konnten. Aber! Dadurch erhielten wir unsere ARC wesentlich eher und konnten ihre Vorteile genießen. (Die Seoul-Studenten erhielten ihre ARC erst am Ende des Semesters im Dezember.)
Trotz dieser organisatorischen Hürden brachte das Leben in Anseong auch viele Vorteile mit sich. Es war pures koreanisches Leben und Erleben, aber auf die harte Tour. Wir mussten uns eigenständig organisieren und wollten dem Wohnheim entfliehen, was dazu führte, dass wir viel reisten und ganz Korea erkunden konnten. Anseong war für uns die perfekte Ausgangsbasis für Ausflüge in benachbarte Städte wie Suwon, Pyeongtaek, Cheonan, Daejeon, Seoul und viele weitere. Es war eine tolle Gelegenheit, das Land in seiner Vielfalt zu entdecken. Die Menschen in Anseong sind unglaublich freundlich, obwohl sie am Anfang sehr schüchtern sind, um ihre Englischkenntnisse zu gebrauchen. Es erfordert etwas Geduld, aber wenn ihr euch die Mühe macht, ein paar Worte auf Koreanisch zu lernen, werdet ihr viel intensivere Erlebnisse haben. Mein A2-Level war Gold wert, und ich habe mich in der Sprache viel mehr verbessert.
Hanbok ist die traditionelle Kleidung von Korea. Ein sehr tolles Erlebnis, probiert es selber aus.
Foto: Sophia, Uni JenaUni-Leben und Kursstruktur
Anseong ist zwar nicht so groß und modern wie der Hauptcampus in Seoul, bietet aber eine heimelige und ruhige Atmosphäre, umgeben von viel Natur. Der Unterricht unterscheidet sich von dem, was wir in Deutschland gewohnt sind. Die Klassen sind klein und eine Mischung aus Vorlesung und Seminar, jeder Professor hat seinen eigenen Stil und Bewertungssystem, es hat mich sehr an die Schule erinnert.
Anwesenheit wird äußerst wichtig genommen und kann bis zu 10% der Endnote ausmachen. Neben der Anwesenheit wurden auch Midterms, Finals oder je nach Professor auch Hausaufgaben oder Präsentationen bewertet. Besonders die Notenvergabe nach dem Ranking der besten Studierenden war eine Besonderheit – die Noten wurden relativ zum besten Ergebnis innerhalb des Kurses verteilt. Der Unterricht an sich war qualitativ sehr hochwertig, mir persönlich aber etwas zu einfach. Natürlich musste man in der Klausurenphase ein bisschen schwitzen, aber ansonsten hatte ich neben dem Studium noch viel Zeit, um das Gastland zu erkunden.
Meine Kurse waren als reine Englischkurse ausgeschrieben. Vielen koreanischen Kommilitonen fiel Englisch jedoch schwer, wodurch der Professor immer erst auf Englisch erklärte und dann genau dasselbe noch einmal auf Koreanisch. Manchmal vergaßen sie dann, zurück auf Englisch zu wechseln, und die restliche Stunde lief dann auf Koreanisch. Für mich war das nicht weiter schlimm, ich konnte den koreanischen Teilen gut folgen und hatte sogar einen fast komplett koreanischen Kurs.
Bei der Globalfair auf dem Seoulcampus stellen die internationalen Studenten ihre Heimatunis und -länder vor. Puang- das Maskottchen der CAU war selbstverständlich auch dabei!
Foto: Sophia, Uni JenaDie Highlights des Semesters
Abgesehen von den Herausforderungen gab es viele unvergessliche Momente während meines Aufenthalts. Ein absolutes Highlight war das Autumn Festival der CAU, das über drei Tage hinweg stattfand und mit Auftritten von prominenten K-Pop-Künstlern wie Hwasa und Tabber die gesamte Universität begeisterte. Es gab zudem noch Programme von Studierenden für Studierende. Das Festival war eine wunderbare Gelegenheit, das Gemeinschaftsgefühl auf dem Campus zu erleben, und für uns ein wahres Highlight, das der Seoul Campus nicht toppen konnte (dieser hatte zwar auch ein Festival, das aber sehr klein und unscheinbar ausfiel).
Weitere Veranstaltungen wie die Clubfair oder Events der verschiedenen Fachschaften machten das Universitätsleben abwechslungsreich und spannend. Aber auch außerhalb des Campus gab es viel zu erleben. Wann immer wir Zeit hatten, erkundeten wir die umliegenden Städte oder fuhren mit dem Shuttlebus nach Seoul. Wir besuchten zahlreiche Städte wie Suwon, Pyeongtaek, Cheonan und Busan und lernten so das Land intensiv kennen. In dieser Hinsicht haben wir uns sehr vom Hauptcampus unterschieden – die Leute vom Seoul-Campus kamen nicht wirklich aus der Stadt raus und fanden es auch nicht nötig, mehr zu erkunden. Dabei bot besonders das Erntedankfest Chuseok, bei dem wir eine Woche frei hatten, eine ideale Gelegenheit, Südkorea weiter zu entdecken. Jeder Ort hatte etwas Einzigartiges zu bieten.
Fazit
Insgesamt habe ich eine wunderschöne, unvergessliche Zeit in Korea verbracht. Auch wenn es zu Beginn einige Schwierigkeiten gab, haben diese dazu beigetragen, dass ich schnell Kontakte knüpfen konnte und viel über die koreanische Kultur und Lebensweise lernen durfte. Für zukünftige Studierende, die überlegen, an die CAU in Anseong zu gehen, kann ich nur raten, sich vorher gut zu informieren und so viele Koreanischkenntnisse wie möglich mitzubringen.
Keine Ecke Koreas war vor uns sicher. Osten, Westen, Norden, Süden - wir waren überall.
Foto: Sophia, Uni JenaTipps für zukünftige Studierende
- Koreanisch lernen: Ein gewisses Niveau an Koreanisch erleichtert den Alltag enorm und eröffnet tiefere Einblicke in die Kultur und bietet einen deutlichen Vorteil.
- Selbstständigkeit: Seid bereit, vieles selbst in die Hand zu nehmen und eigenständig Lösungen zu finden – besonders am Anseongcampus.
- Freundschaften knüpfen: Nutzt die Gelegenheit, andere Studierende kennenzulernen. Gemeinsame Herausforderungen schweißen zusammen. Koreanische Bekanntschaften sind in Anseong schwieriger, kommen aber mit der Zeit – nicht aufgeben!
- Korea erkunden: Nutzt die Gelegenheit, auch abseits von Seoul zu reisen. Es gibt viele spannende Städte zu entdecken.
Ich bin dankbar für diese einmalige Erfahrung und weiß schon, dass ich garantiert wieder nach Korea zurückkehren werde!