
- Studium
Meldung vom: | Verfasser/in: Soyee Chan
Wie ich in meinem letzten Bericht erwähnt habe: gefällt mir das Chemiestudium sehr gut. Ebenso habe ich schon mehrfach wiederholt, dass ich beim Praktikum viel Spaß habe. Jetzt möchte ich teilen, was ich mir vorher unter dem Chemiestudium vorgestellt habe und weshalb ich mir Sorgen gemacht habe.
In der Schule hatte ich wie wahrscheinlich die meisten von euch auch Chemie. Es gab bei uns viele Versuche im Unterricht und wir mussten nach den Versuchen bewertete Analysenberichte erarbeiten und abgeben. Zu dieser Zeit mochte ich die Arbeit im Labor gar nicht. Chemie wurde bei mir auf Englisch unterrichtet.
Mein Englisch zu der Zeit war dafür eigentlich nicht ausreichend, nämlich schlechter als mein Deutsch jetzt im Studium. Die Anleitungen für die Versuche im Chemieunterricht waren für mich nicht verständlich. Deshalb suchte ich oft Hilfe von meinen Mitschülern und war auch abhängig von ihnen. Sie waren alle sehr nett und hilfreich. Dennoch habe ich mich darüber nicht gefreut.
Als ich mich nach dem Einschreiben näher über das Studium und das Praktikum informiert habe, hatte ich etwas Furcht, dass wir wöchentlich 12 Stunden im Labor sind.
Im Vorkurs hatten wir schon ein Schnupperpraktikum. Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, ob ich wieder von meinen Kommilitonen abhängig sein werde, wie in der Schule. Dann haben meine Kommilitonen gesagt, dass die Namen der Geräte für sie wie eine Fremdsprache klingen, und wir haben zusammen gelacht.
Und jetzt ratet mal! Ja… jetzt mag ich das Praktikum im ersten Semester sehr! Yay~ Es liegt daran, dass die Analysen nicht Schritt für Schritt vorgegeben sind. Wir müssen nämlich die Analyse selbst organisieren und im Voraus die Theorien dahinter in Betracht ziehen.
Wir haben im ersten Semester insgesamt 6 Analysen, in Bezug auf 6 Gruppen von Analysenstoffen, durchgeführt. Bei einer Analyse wissen wir nur, dass wir etwas von einer bestimmten Stoffgruppe (Ionen) bekommen werden. Wie viele Stoffe es sind, wissen wir nicht. Es können 4 sein, auch 5, 6… Wir haben immer ein Seminar und ein Antestat vor einer Analyse, in welchem der Professor uns einen Einblick auf die Analyse und Hinweise zu den Gefahren von den Versuchen gibt und uns abfragt, ob wir verstehen, was wir gleich machen werden.
In der Schule mochte ich am Chemieunterricht am liebsten, etwas zu entzünden. Im Studium kann ich sogar Farbenänderung durch Entzündung oder Erhitzen erzeugen. Während der Vorlesung wurde uns gezeigt, wie furchtbar eine rücksichtslose Entzündung werden kann.
Jede Woche finden Demonstrationsexperimente im Hörsaal statt. Ein Beispiel davon, welches mir besonders in Erinnerung geblieben ist, ist eine Explosion durch Erhitzen eines Gases, das beim Eintropfen von konzentrierter Schwefelsäure auf einen Stoff aus Chlorat-Verbindung entweicht. Die laute Explosion wurde nur von einem erhitzten Draht erzeugt. Die Menge des Stoffes war auch sehr klein.
Damit sowas nicht bei uns auftritt, wurden unsere Analysen vorsichtig ausgewählt. Einige Lösungen sind auch im Labor nicht verfügbar.
Neben Brennen bilde ich im Labor auch sehr gerne Kristalle. Sowie Untersuchung von Zellen im Biologieunterricht ist die mikroskopische Welt von Kristallen auch erstaunlich. Es benötigt Geduld, schöne Kristalle zu bilden. Ich beobachte meine Lösungen auf dem Objektiv immer direkt nach meiner Zugabe. Dabei kann man die Bildung und Umwandlung von Stoffen beobachten.
Die Analysen sind an sich auch sehr spannend. Ich bin oft sehr stolz darauf, dass ich erfolgreich Stoffe getrennt und nachgewiesen habe. Zu guter Letzt haben wir noch eine 7. Analyse im ersten Semester, wobei wir innerhalb von 3 Stunden 6 Stoffe bestimmen müssen. Ich habe leider nicht alles richtig bestimmen können, trotzdem hatte ich wirklich Spaß. Wir durften bei dieser Analyse Unterstützung von anderen Kommilitonen haben. Ich bedanke mich für ihre Hilfe auch sehr!
Ich bin sehr dankbar, dass die Arbeit im Labor in diesem Semester mein PTSD von meiner Schulzeit geheilt hat. Ich weiß nicht, ob ich das Praktikum im nächsten Semester gut meistern kann. Wenigstens kann ich mir jetzt sogar einen Beruf im Labor vorstellen. Das ist definitiv eine große Veränderung zu vorher.
Im nächsten Part meiner "Rewind-Serie" geht es um meine Erwartungen an das Studium und das Resultat.