Ukrainische Flagge vor dem Hauptgebäude der Universität Jena, die die „Invisible University for Ukraine“ unterstützt.

Solidarität im Schatten des Krieges

Studieren im Krieg: Ein Sammelband lässt ukrainische Studierende zu Wort kommen, die dank internationaler Hilfe ihre Ausbildung fortsetzen können.
Ukrainische Flagge vor dem Hauptgebäude der Universität Jena, die die „Invisible University for Ukraine“ unterstützt.
Foto: Jens Meyer (Universität Jena)
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Meldung vom: | Verfasser/in: Stephan Laudien

Ein Studium unter den Bedingungen des Krieges, das ist bitterer Alltag für Hunderttausende Studierende in der Ukraine. Doch neben Bombardements, zerstörten Bibliotheken und Stromausfällen gibt es auch ermutigende Zeichen der Solidarität. So wurde bereits im März 2022 unter dem unmittelbaren Eindruck der russischen Invasion die „Invisible University for Ukraine“ (IUFU) gegründet.

Diese „unsichtbare“ Universität, getragen von der Central European University Budapest/Wien, hat ein vorrangig online-basiertes Hilfesystem für ukrainische Studierende ins Leben gerufen, an dem das Imre Kertész Kolleg und damit die Friedrich-Schiller-Universität Jena bereits im sechsten Semester beteiligt ist. Über 1.800 Studierende aus über 72 ukrainischen Hochschulen haben seitdem an Kursen der IUFU teilgenommen. Durch das Imre Kertész Kolleg wurden knapp 300 Stipendien aus Mitteln des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) vergeben. Die Mehrzahl der Empfänger lebt und studiert noch immer in der Ukraine. 

Für ihre Unterstützung der ukrainischen Studierenden und Hochschulen wurde die IUFU 2024 vom McCourtney Institute for Democracy mit der Brown Democracy Medal 2024 der Penn State University (USA) ausgezeichnet.

Verzweifelte Suche nach einem Alltag im Angesicht der Katastrophe 

Die Leidenschaft und das Engagement dieser Studierenden, ihre Sprachkenntnisse und ihr gesellschaftliches Verantwortungsbewusstsein beeindrucken mich tief“, sagt Prof. Dr. Joachim von Puttkamer, der Direktor des Imre Kertész Kollegs. Die Invisible University for Ukraine leiste dabei zweierlei: sie biete den ukrainischen Studierenden auf digitalem Wege ein internationales Studienangebot mit weltweit führenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus den Geistes-, Sozial- und Rechtswissenschaften und sie sende zugleich ein starkes Zeichen akademischer Solidarität mit der Ukraine.

Wir als Kolleg können stolz darauf sein, dass wir mit der Förderung durch den DAAD und mit unserem lange gewachsenen akademischen Netzwerk dazu einen substanziellen Beitrag leisten konnten“, so von Puttkamer. Ein Beitrag, der weiterhin dringend benötigt wird. Habe sich doch trotz vielerlei Bemühungen wenig am Alltag der Studierenden geändert. Es könne eher davon gesprochen werden, dass sich die Katastrophe normalisiert, dass verzweifelt nach einem Alltag im Krieg gesucht wird. 

Reflexionen über das Studieren in Zeiten des Kriegs

Dieser fragile Alltag im Krieg wird in dem Sammelband „Invisible University for Ukraine. Essays on Democracy at War“Externer Link beschrieben, der gerade bei Cornell University Press als Open Access-Publikation erschienen ist. Das Buch versammelt Reflexionen der an der IUFU Beteiligten darüber, was es heißt, unter ständigem militärischen Beschuss zu leben, mit dem Verlust von Freunden und Angehörigen konfrontiert zu sein, mit Hass umgehen zu müssen und Zukunftsängste auszustehen. Einem größeren Publikum wird der Sammelband am Freitag, 25. April, ab 15 Uhr in der Humboldt-Universität zu Berlin vorgestellt. 

Da das Förderprogramm des DAAD demnächst ausläuft, wird die Invisible University for Ukraine von der Central European University Budapest/Wien vorerst allein weitergeführt. Das Imre Kertész Kolleg sucht derweil nach alternativen Wegen, die ukrainischen Studierenden weiter zu unterstützen. Die Zeichen der Solidarität sind keineswegs weniger dringlich geworden. 

Kontakt:

Joachim von Puttkamer, Univ.-Prof. Dr.
Lehrstuhlinhaber und Direktor des Imre Kertész Kollegs
vCard
Lehrstuhl Osteuropäische Geschichte
Prof. Dr. Joachim von Puttkamer
Foto: Imre Kertész Kolleg/Michal Korhel
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