Jutta Bleidorn

Prof. Dr. Jutta Bleidorn

Professorin für Allgemeinmedizin
Jutta Bleidorn
Foto: Anna Schroll/ UKJ

Prof. Dr. med. Jutta Bleidorn

»Universitäre Allgemeinmedizin: Vielfältig. Verbindend. Versorgungsnah.«

Werdegang

1993 · Studienabschluss
Georg-August-Universität Göttingen

1993 · Promotion
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg

2016 · Habilitation
Medizinische Hochschule Hannover

2019 · Erste Professur
Friedrich-Schiller-Universität Jena

Interview

Was gefällt Ihnen an Ihrer Arbeit als Wissenschaftlerin? Weshalb haben Sie sich für die Wissenschaft entschieden?

Vielfältig, verbindend, versorgungsnah - das macht für mich die universitäre Allgemeinmedizin aus. Praxis - und patient/inn/ennahe Forschung, relevante Forschungsfragen identifizieren, in methodischer und thematischer Breite beantworten - um hausärztliche Versorgung auf eine gute Grundlage zu stellen. Das ist, ebenso wie die Lehre, ein erfüllendes, sinnstiftendes Arbeitsfeld mit viel Gestaltungsspielraum, das zu mir und meinen Fähigkeiten passt. Diese Passung von Beruf und Berufung zu erleben, das macht viel aus (und hilft, wenn es mal nicht so gut läuft).

Welche Vorbilder haben Sie beruflich geprägt?

Prof. Eva Hummers, Prof. Nils Schneider und einige weitere haben mich gelehrt, gründlich und strukturiert zu forschen, ansprechende Lehre aufzubauen und über den Tellerrand des eigenen Faches hinaus zu gucken.

Wer oder was hat Ihnen auf dem Weg zur Professur am meisten geholfen? Welche resp. wessen Unter­stützung war Ihnen besonders wichtig?

Ein Meilenstein war die Bündelung aller Leistungen und Erfahrungen für die Habilitation, die mir den Blick für das Erreichte geöffnet hat. Hinzu kamen zunehmendes Selbstvertrauen und familiäre Veränderungen. Wichtig war mir die Ermutigung durch meinen Mann und die Unterstützung meines damaligen Chefs.

Ist Ihre Karriere gradlinig verlaufen – und wie haben Sie eventuelle Umwege und Durststrecken bewältigt?

Meine Karriere ist geprägt von eigener Dynamik und einem besonderen Verlauf: nach Weiterbildung, Familiengründung, ärztlicher Tätigkeit kam ich als Quereinsteigerin in der Wissenschaft an. Ziele wie Habilitation und Professur entwickelten sich dabei allmählich. Dazu kam, dass die Allgemeinmedizin als akademisch "junges" Fach gute Möglichkeiten für Quereinstiege bietet. Eine geradlinige Karriere ist aus meiner Sicht kein Ideal. Vielfältige und individuelle Entwicklungsmöglichkeiten halte ich für wichtig, um Menschen in ihrem wissenschaftlichen Werdegang zu unterstützen. Das gilt nicht nur für Frauen.

Akademische Karrieren sind oftmals von einem hohen Maß an Unsicherheit geprägt. War das bei Ihnen auch der Fall – und wie sind Sie damit umgegangen?

Die Unsicherheiten und befristeten Verträge gerade in den ersten Jahren habe ich in Kauf genommen für die insgesamt sinnstiftende, bereichernde Arbeit in Forschung und Lehre. Das war möglich, weil unser Familieneinkommen nicht an mir hing und ein Wechsel in die praktische ärztliche Tätigkeit möglich gewesen wäre. Im Lauf der Zeit erhielt ich dann zunehmend entfristete Stellenanteile.

Für wie wichtig halten Sie Networking in Ihrem Beruf? Gibt es eine besondere Strategie, die Sie dabei verfolgen?

Networking halte ich insgesamt für wichtig; ich erlebe es als anregend und hilfreich, mich mit anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern auszutauschen, um Ideen, Projekte, Anträge weiterzuentwickeln und Kooperationen zu planen. Besonders hilfreich ist ein begrenztes Netz von "Peers" aufzubauen, mit denen vertraulicher Austausch möglich ist. Zudem vertrete ich ein Fach, in dem Lehre und Forschung zu einem ganzen Teil in hausärztlichen Praxennetzen verortet ist. Am Uniklinikum angesiedelt bestehen enge Kontakte zu verschiedenen Kliniken und Instituten. Dieses sektorenübergreifende Netzwerk aktiv zu pflegen gehört zu den Aufgaben, die ich gerne mache.

Wie schaffen Sie es, einen solch anspruchsvollen und fordernden Beruf mit dem Privatleben in Einklang zu bringen?

Kompromisse machen. Rückhalt durch meinen Mann. Nicht perfekt sein wollen. Damit leben, dass nicht immer alles geht, dass in manchen Phasen Abstriche erforderlich sind. Zeiten, in denen intensives Arbeiten möglich ist, gut nutzen. Aktiv (finanziell) investieren in Unterstützung in Familie und Haushalt.

Ihre Tipps für Nachwuchswissenschaftlerinnen: Was sollten sie keinesfalls versäumen zu tun? Und was sollten sie unbedingt vermeiden?

Wichtig: auf sich selbst achten. Authentisch bleiben. Eigene Prioritäten leben und nicht die von anderen. - Beziehungen, Freundschaften, Familie sind lebenswichtig. Dazu Humor und Mußezeiten, in denen der Kopf frei wird. Institution aktiv mitgestalten. Vermeiden (wer es kann...): sich vergleichen.
Hilfreich kann sein: bei den eigenen Kompetenzen bleiben. Stärken kennen und ausbauen. Mentor/inn/en suchen, Coaching, Hilfen in Anspruch nehmen.

Sind Wissenschaftlerinnen an der Universität Jena gut aufgehoben?

Im großen und ganzen - ja. Wissenschaftlerinnen sind in dem Bereich, den ich überblicke, gut aufgehoben - wobei es am Universitätsklinikum insgesamt leider noch wenige Lehrstuhlinhaberinnen gibt.

Kontakt

Jutta Bleidorn, Univ.-Prof. Dr.
Institut für Allgemeinmedizin des Universitätsklinikums Jena
Bachstraße 18
07743 Jena Google Maps – LageplanExterner Link