Zum Studium gehörte 1970 auch eine militärische Ausbildung. Wie erging es Verweigerern?

Facetten der Diskriminierung verstehen

Kirchenhistoriker veranstalten vom 27. bis 29. September 2021 eine Tagung über „Diskriminierung von Christen in den 1960er Jahren der DDR“
Zum Studium gehörte 1970 auch eine militärische Ausbildung. Wie erging es Verweigerern?
Foto: Archiv/Uni-Fotozentrum
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Meldung vom: | Verfasser/in: Stephan Laudien

Totalitäre Regime sichern ihre Macht einerseits durch Militarisierung der Gesellschaft, andererseits durch Unterdrückung und Einschüchterung Andersdenkender. Auch in der DDR war Diskriminierung ein Mittel zur Eindämmung von Oppositionellen. Ins­besondere Christen, die den Dienst an der Waffe verweigert haben oder sich der zuneh­menden Militarisierung in der Schule widersetzen, erlebten zahlreiche Repressionen. Seit Anfang 2020 erforscht ein Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern unter der Leitung des Kirchenhistorikers Prof. Dr. Christopher Spehr von der Friedrich-Schiller-Univer­sität Jena die Diskriminierung von Christen in der DDR am Beispiel von Bausoldaten, Total­ver­weigerern und Jugendlichen, die der Wehrerziehung an der Schule ablehnend gegenüber­standen. Vom 27. bis zum 29. September laden Prof. Spehr und sein Team zur Tagung „Diskriminierung von Christen in den 1960er Jahren der DDR“ in die Rosensäle der Universität Jena ein (Fürstengraben 27). Die Tagung wird aufgrund der coronabedingten Einschrän­kun­gen in Hybridform stattfinden.   

Vielfältige Formen von Diskriminierung Andersdenkender 

Wir wollen mit dieser Tagung unser Forschungsgebiet flankieren und es breiter aufstellen“, sagt PD Dr. Roland M. Lehmann, der gemeinsam mit Prof. Spehr das Forschungsprojekt koordiniert. Die Konzentration auf die 1960er Jahre der DDR erfolgte, weil dieses Jahrzehnt mit dem Mauerbau 1961 und der Einführung der Wehrpflicht neue Formen von Widerstand hervorrief, worauf das SED-Regime mit Repressionen reagierte. So geht es in der Tagung um die zunehmende Militarisierung des Alltags in der DDR und um weitere Fallbeispiele der Dis­kriminierung von Christen in den verschiedenen Kirchen, Freikirchen und christlichen Sonder­gemeinschaften. Außerdem soll der Diskriminierungsbegriff selbst im Rahmen der modernen Diskriminierungsforschung thematisiert werden: „Formen von Diskriminierung Andersden­ken­der reichten damals von Gefängnisstrafen für Totalverweigerer über Schikanierung von Bausoldaten bis hin zum ,Mobbing‘ an den Schulen gegen unbotmäßige Schüler und Schülerinnen“, sagt Christopher Spehr.

Die Tagung ist dabei interdisziplinär ausgerichtet. Sowohl kirchenhistorische also auch rechtliche, alltagshistorische und kirchensoziologische Fragestellungen werden in den Blick genommen.

Vom Bausoldat zum Minister für Verteidigung: Rainer Eppelmann im Gespräch

Den Höhepunkt der Tagung bildet die Festveranstaltung am Montagabend: In der Aula der Friedrich-Schiller-Universität (Fürstengraben 1) ist Rainer Eppelmann zu Gast. Der letzte Mi­nister für Abrüstung und Verteidigung der DDR spricht über seine Erfahrungen als Bausoldat in der DDR. Eppelmann (Jahrgang 1943) hatte den Dienst an der Waffe verweigert und ent­schloss sich, Bausoldat zu werden. Wegen Befehlsverweigerung, den Fahneneid abzuleisten, wurde er zu einer achtmonatigen Gefängnisstrafe verurteilt.

Der Festakt in der Aula der Universität beginnt am 27.09. um 18 Uhr, das Gespräch mit Rainer Eppel­mann steht unter dem Motto: „Das Bausoldatentum als ‚Schule der Demokratie’ – Erfah­rungen als Bausoldat“.

Information

Wer an der Tagung virtuell oder in Präsenz teilnehmen möchte, wird um Anmeldung per E-Mail an: tagung_diskriminierung_2021@uni-jena.de oder per Telefon 03641 942736 gebeten.

Kontakt:

Roland Lehmann, PD Dr.
Koordinator des Forschungsprojektes „Diskriminierung von Christen in der DDR“
vCard
Lehrstuhl Kirchengeschichte
Raum 206
Fürstengraben 6
07743 Jena Google Maps – LageplanExterner Link
Sprechzeiten:
Sprechzeit: nach Vereinbarung
Feriensprechzeit: nach Vereinbarung