Melanie Weirich

Prof. Dr. Melanie Weirich

Professor of Speech Science and Phonetics
Melanie Weirich
Image: Anne Günther (University of Jena)

Prof. Dr. Melanie Weirich

»Ruhe bewahren - Sicherheit ausstrahlen«

Ein Ratschlag einer lieben Kollegin und Freundin, der schon in vielen beruflichen Situationen geholfen hat.

Werdegang

2006 · Studienabschluss
Universität Trier

2011 · Promotion
Leibniz-Zentrum Allgemeine Sprachwissenschaft Berlin / Humboldt-Universität zu Berlin

2011-2021 · Postdoc-Phase

2021 · Erste Professur
Friedrich-Schiller-Universität Jena

Interview

Was gefällt Ihnen an Ihrer Arbeit als Wissenschaftlerin? Weshalb haben Sie sich für die Wissenschaft entschieden?

Ich mag es, konkreten Fragestellungen methodisch durchdacht nachzugehen und wenn möglich auch zu beantworten. Die Phonetik reizt mich vor allem, weil sie den Menschen als "Versuchsobjekt" im Fokus hat, stark interdisziplinär ausgerichtet ist und verschiedenste Disziplinen (wie Sprachwissenschaft, Psychologie und Medizin) verbindet. Die empirische Arbeit ist sehr strukturiert und folgt einem klaren Muster. Die Ergebnisse einer Studie können aber auch überraschen und so ist jede Studie und jedes Experiment immer wieder neu und spannend.
Außerdem schätze ich an der wissenschaftlichen Arbeit sehr, dass man frei und selbstbestimmt arbeiten kann und flexibel in der Zeiteinteilung ist.

Welche Vorbilder haben Sie beruflich geprägt?

Meine Kolleginnen und Betreuerinnen der Laborphonologie-Gruppe am Leibniz-ZAS in Berlin, die mich während meiner Promotionszeit extrem unterstützt, gefördert und gefordert haben. Ohne sie wäre ich nicht da, wo ich heute bin.

Wer oder was hat Ihnen auf dem Weg zur Professur am meisten geholfen? Welche resp. wessen Unterstützung war Ihnen besonders wichtig?

Die sehr gute Betreuung meiner Promotion am Leibniz-ZAS Berlin, der Glaube meiner Kolleginnen und meiner Familie an mich und die Unterstützung/Förderung aber auch das Vertrauen und die Freiheiten, die ich in der Postdoc-Phase an der Professur für Sprechwissenschaft an der FSU Jena erleben durfte.

Ist Ihre Karriere gradlinig verlaufen – und wie haben Sie eventuelle Umwege und Durststrecken bewältigt?

Ich hatte nie das Ziel Professorin zu werden. Ende der Oberstufe wollte ich gar nicht studieren, ich wollte Schreinerin werden und hatte sogar schon Vorstellungsgespräche. Dann habe ich mich doch für ein Studium und nach langer Überlegung wegen einer Freundin für das Fach "Angewandte Umweltwissenschaften" entschieden. An der Uni habe ich dann den Studiengang Phonetik kennengelernt, den ich wegen seiner Schnittstelle von Natur- und Geisteswissenschaften sehr interessant fand. Auch weil ich im Magisterstudium das Fach mit Psychologie und Germanistik kombinieren konnte, habe ich nach 3 Semestern das ursprüngliche Studium abgebrochen und mich dort eingeschrieben. Ich habe weder die "Findungsphase" noch den Wechsel je bereut. Ich habe studiert, was mir Spaß macht, ohne zu wissen wohin mich das führt, ein klares Berufsbild gibt es bei diesem Studium nicht. Auch deshalb habe ich zum Ende des Studiums noch das Zertifikat für "Deutsch als Fremdsprache" gemacht, mit dem ich dann nach dem Studium ein Jahr lang an der Uni und der Volkshochschule unterrichten konnte. Ich habe aber recht schnell gemerkt, dass mir das nicht genügt, ich habe die wissenschaftliche Arbeit sehr vermisst und mich daher auf eine Promotionsstelle beworben. Das Vorstellungsgespräch war schwierig und ich war sehr nervös und obwohl ich nur auf Platz 2 gelandet bin, habe ich die Stelle letztendlich bekommen. Seitdem bin ich der empirischen Phonetik treu geblieben, weil mir die Arbeit einfach sehr gefällt und ich nichts anderes machen möchte.

Akademische Karrieren sind oftmals von einem großen Maß an Unsicherheit geprägt. War das bei Ihnen auch der Fall – und wie sind Sie damit umgegangen?

Ich habe mir selten Gedanken über die Zukunft gemacht und höchstens bis ins nächste Jahr gedacht und geplant. Diese Eigenschaft hat mir den Umgang mit Befristungen und Unsicherheiten sehr erleichtert. Ich bin von Grund auf ein positiver und optimistischer Mensch und ich war mir meist relativ sicher, irgendwie wird es schon weitergehen, wenn man gut ist, flexibel bleibt, Unterstützung bekommt und eine Familie/ einen Partner hat, der dies mitträgt. Größere Durststrecken hatte ich aber auch glücklicherweise nicht.

Für wie wichtig halten Sie Networking in Ihrem Beruf? Gibt es eine besondere Strategie, die Sie dabei verfolgen?

Es ist wichtig, auf nationalen und internationalen Tagungen Gesicht zu zeigen. Auch ist es wichtig, Kolleg*innen zu haben, die einen in der Promotions- und Postdoc-Phase anderen Wissenschaftler*innen vorstellen. Ich fand dies zeitweise sehr anstrengend, bin mir aber der Wichtigkeit bewusst und im Nachhinein sehr dankbar dafür. Man sollte sich dabei aber auch nicht verbiegen und ständig angespannt sein. Ein nettes Gespräch beim Konferenzdinner ist einfach ein nettes Gespräch und kein Job-interview.

Wie schaffen Sie es, einen solch anspruchsvollen und fordernden Beruf mit dem Privatleben in Einklang zu bringen?

Ich habe zwei Kinder und pendle zwischen Dresden und Jena. Zeit für mich bleibt da nicht viel. Da ich aber mag, was ich tue, ist Arbeit nichts Schlechtes für mich. Zur Zeit habe ich noch ein geringes Lehrdeputat, so dass mir viel Zeit für Forschung bleibt. Eine gewisse Stressresistenz sollte man schon mitbringen, außerdem hilft es mir manchmal, pragmatisch sein zu können und effizient und zielführend zu arbeiten. Kinderbetreuung und Haushalt teile ich mit meinem Mann. Und neben den optimalen Betreuungsstrukturen hier in Ostdeutschland (Kita, Hort), die unser Arbeiten erst erlaubt, helfen auch die Großeltern ab und zu. Grundsätzlich ist die zeitliche und örtliche Flexibilität, die diese Arbeit oft mit sich bringt, aber auch sehr familienfreundlich.

Ihre Tipps für Nachwuchswissenschaftlerinnen?

Überlegen Sie sich gut, ob Sie mögen, was Sie tun. Wenn man diesen Beruf nicht mit großer Leidenschaft macht, und nicht alle Bereiche der Arbeit (Forschung, Lehre, Nachwuchsförderung, Administration/Verwaltung, Öffentlichkeitsarbeit) - mal mehr oder weniger - mag und ausfüllen kann, dann überlegen Sie nochmal, ob es die Mühe lohnt. Machen Sie sich frühzeitig Gedanken darüber, ob Sie eine gewisse örtliche Flexibilität mitbringen und ob für Sie ggf. auch pendeln über weite Strecken mit Ihrem Privatleben vereinbar ist. Je nach Verlauf der wissenschaftlichen Karriere ist es auch gut, immer offen für Alternativen zu bleiben und sich nicht zu sehr auf einen Karriereweg zu versteifen. Wenn Sie sicher sind, dass Sie das Richtige tun, dann sind gute Publikationen, Drittmitteleinwerbungen und eine gute Vernetzung ein Muss auf dem Weg zur Professur.

Sind Wissenschaftlerinnen an der Universität Jena gut aufgehoben? Was macht die Universität Jena für Sie attraktiv?

In meiner Postdoc-Phase an der Uni Jena habe ich die Fördermöglichkeiten über "Pro Chance" nutzen können und so einige Konferenzreisen finanzieren können. Auch die Weiterbildungsmöglichkeiten für Nachwuchswissenschaftler*innen habe ich als wertvoll und hilfreich empfunden (wie der Workshop "Schreiben von Drittmittelanträgen" oder "Auf dem Weg zur Professur"). Beim Schreiben von DFG-Anträgen und vor allem beim Antrag auf die Heisenbergprofessur haben mich die Mitarbeiter*innen des Servicezentrum Forschung und Transfer der Uni Jena sehr unterstützt.