Prof. Dr. Christina Zielinski
»Nothing is to be feared. It is only to be understood.«
(Marie Curie)
Werdegang
2006 · Studienabschluss
Humanmedizin, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
2007 · Promotion
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
2009 bis 2011 · Postdoc-Phase
2015 · Erste Professur
Technische Universität München
2021 · Professur
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Interview
Was gefällt Ihnen an Ihrer Arbeit als Wissenschaftlerin? Weshalb haben Sie sich für die Wissenschaft entschieden?
Grundsätzlich liebe ich an meiner Arbeit als Wissenschaftlerin die Freiheit, mich jeden Tag mit Dingen zu beschäftigen, die mich interessieren und faszinieren. Dies mit einem dynamischen Team von motivierten Nachwuchswissenschaftlern und -wissenschaftlerinnen und Studierenden aus aller Welt zu tun, empfinde ich als großes Privileg.
Welche Vorbilder haben Sie beruflich geprägt?
Wirkliche Vorbilder habe ich leider keine, auch wenn ich immer wieder danach gesucht habe. Aber bestimmte Aspekte verschiedener Persönlichkeiten oder literarischer Figuren faszinieren mich und haben in verschiedenen Lebensphasen Vorbildfunktion. Dazu gehören immer Menschen, die auf ihre eigene innere Stimme hören, auch wenn äußere Umstände dagegensteuern. Marie Curie hat mich persönlich auch schon immer sehr inspiriert. Sie war eine mutige Frau, die allen Widerständen zum Trotz ihrer Leidenschaft für die Wissenschaft gefolgt ist und Großes bewirkt hat. Aber auch Astrid Lindgrens Pippi Langstrumpf beeindruckt mich als starkes, mutiges und abenteuerlustiges Mädchen mit einem eigenem Kopf und Starrsinn und gleichzeitig sympathischem Charme.
Wer oder was hat Ihnen auf dem Weg zur Professur am meisten geholfen? Welche resp. wessen Unterstützung war Ihnen besonders wichtig?
Die wichtigste Stütze war und ist zweifelslos mein Partner, der ebenfalls Arzt und Wissenschaftler ist. Eine Partnerschaft auf Augenhöhe mit viel Verständnis und uneingeschränkter Unterstützung hat uns die Freiheit gegeben, keine Abstriche bei unseren Ambitionen zu machen und unsere beruflichen Ziele kompromisslos zu verfolgen.
Ist Ihre Karriere gradlinig verlaufen – und wie haben Sie eventuelle Umwege und Durststrecken bewältigt?
Ich habe meine Karriere nie langfristig geplant, sondern einfach immer nur versucht, das was ich mache gut und engagiert zu tun. Deshalb habe ich die sog. Gerade nie wirklich gesehen und damit auch keine Abschweifungen von derselben. Retrospektiv kann ich allerdings feststellen, dass ich meine Karriere damit gestartet hatte, Ärztin zu werden und wohl auch zu bleiben. Ich habe mich dann 2015, nachdem ich sowohl einen Ruf auf eine Professur an einer Klinik als auch an einem Forschungsinstitut erhalten hatte, für die wissenschaftliche Karriere ohne Klinik entschieden. Das habe ich nie bereut. Ich liebe es Wissenschaftlerin zu sein und geniesse die akademische Freiheit, die klinische Strukturen nicht bieten können. Allerdings wäre eine klinische Karriere vielleicht auch sehr schön und erfüllend verlaufen. Durststrecken und Ablenkungen vom eingeschlagenen Weg bieten auch Möglichkeiten zur Neuorientierung und Fokussierung auf eigene Stärken, Wünsche und Ziele, sind also nicht unbedingt negativ, wenn auch manchmal schmerzhaft.
Akademische Karrieren sind oftmals von einem hohen Maß an Unsicherheit geprägt. War das bei Ihnen auch der Fall - und wie sind Sie damit umgegangen?
Ich habe diese Unsicherheit niemals gespürt. Retrospektiv gab es wohl rein objektiv gesehen Unsicherheiten, die ich aber erst jetzt als solche erkenne. Zum Beispiel habe ich kurz vor Vertragsende während meiner Facharztausbildung meinen Sohn zur Welt gebracht. Allerdings hätte ich mich, ohne den damit verbunden Druck mich weiterzuentwickeln, in so einem frühen Karrierestadium wohl nie um eine Professur beworben. Sogenannte Phasen der Unsicherheit können auch neue Chancen bieten.
Für wie wichtig halten Sie Networking in Ihrem Beruf? Gibt es eine besondere Strategie, die Sie dabei verfolgen?
Heutzutage lassen sich die großen Fragen der Wissenschaft nicht mehr alleine bearbeiten. Networking ermöglicht Kollaborationen, die helfen, komplexe Sachverhalte mit diversen Expertisen zu beantworten. Zudem macht der wissenschaftliche Austausch mit Kolleginnen und Kollegen sehr viel Spass. Man schaut über den eigenen Tellerrand und lernt dazu. Eine besondere Strategie verfolge ich beim Networking nicht. Man lernt sich häufig bei Konferenzen kennen und kommt so ins Gespräch, was den weiteren Verlauf einer Zusammenarbeit bahnt.
Wie schaffen Sie es, einen solch anspruchsvollen und fordernden Beruf mit dem Privatleben in Einklang zu bringen?
In der Wissenschaft hat man das Privileg, sich seinen Arbeitsalltag selbst zu gestalten. Meine Familie gibt mir viel Kraft, auch für den Beruf. Deshalb sehe ich mein Privatleben und den Beruf, den ich leidenschaftlich gerne ausübe, nicht im Widerstreit zueinander. Wenn es stressig wird, helfen Prioritäten, klare Absprachen und die Definition von Grenzen. Zum Beispiel sind mir die Wochenenden mit meiner Familie heilig. Da mag kommen, was will.
Ihre Tipps für Nachwuchswissenschaftlerinnen: Was sollten sie keinesfalls versäumen zu tun? Und was sollten sie unbedingt vermeiden?
Erfolgreiche Frauen sind nicht selten sehr selbstkritisch und versäumen es daher Chancen zu ergreifen, wenn der Moment noch nicht perfekt erscheint. Den perfekten Moment gibt es jedoch nicht. Daher hilft nur Mut und Zuversicht. Ausserdem sehen Frauen in der Wissenschaft häufig die Vereinbarkeit von Karriere und Familie mit Sorge. Man sollte weder auf das eine, noch auf das andere verzichten. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.
Sind Wissenschaftlerinnen an der Universität Jena gut aufgehoben? Was macht die Universität Jena für Sie attraktiv?
Die Gleichstellung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ist in Deutschland noch kein Zustand, sondern ein Prozess, der in Jena und vielen anderen Universitäten auch sehr ernst genommen wird. Ein Blick zu anderen inner- und außereuropäischen Ländern hilft, um diesen Prozess motiviert voranzubringen.
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