Prof. Dr. Corinna Dahlgrün
»Immer zu sich selber stehen — und mit den Resultaten leben.«
Werdegang
1986 · Erstes Theologisches Examen
Universität Hamburg
1991 · Promotion
Universität Hamburg
1990 bis 1995 Vikariat und Pfarrerin
2000 · Habilitation
Georg-August-Universität Göttingen
2001 · Erste Professur
Kirchliche Hochschule Bielefeld-Bethel
2005 · Zweite Professur
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Interview
Was gefällt Ihnen an Ihrer Arbeit als Wissenschaftlerin? Weshalb haben Sie sich für die Wissenschaft entschieden?
Ich liebe es, am Stück und mit großer Konzentration einem Thema auf den Grund zu gehen und es in seiner Tiefe auszuloten. Diese Möglichkeit bietet mir die Wissenschaft.
Welche Vorbilder haben Sie beruflich geprägt?
Das waren tatsächlich drei Männer, die sich vor allem durch den Charakterzug der Gradlinigkeit und Unbeugsamkeit auszeichnen. Dazu gehören mein Doktorvater Bernhard Lose, der sehr präzise und unter Umständen auch sehr hart war, bei dem man jedoch immer wusste, woran man ist. Außerdem mein Vikariatsvater Klaus Reblin, Pfarrer in Hamburg, neben dem auch andere groß sein und werden durften. Schließlich mein Habil-Vater Manfred Josuttis, ein hoch kreativer Denker, der immer eine eigene Meinung gepflegt und zu ihr gestanden hat.
Wer oder was hat Ihnen auf dem Weg zur Professur am meisten geholfen? Welche resp. wessen Unterstützung war Ihnen besonders wichtig?
Mein Studium habe ich durch Nachtwachen im Krankenhaus finanziert. Meine Promotion durch eine Stelle als Sekretärin. Während der Habilitationsphase habe ich den Luxus einer festen Assistentenstelle genossen. Ich habe mir immer selbst geholfen.
Ist Ihre Karriere gradlinig verlaufen – und wie haben Sie eventuelle Umwege und Durststrecken bewältigt?
Ich bin der Überzeugung, dass es keine Umwege gibt. Jeder Weg ist notwendig, weil man aus ihm lernt.
Akademische Karrieren sind oftmals von einem großen Maß an Unsicherheit geprägt. War das bei Ihnen auch der Fall – und wie sind Sie damit umgegangen?
Ich habe mich kurz vor meiner Verbeamtung als Pfarrerin für die Wissenschaft entschieden und diesen sicheren Weg verlassen, die Unwägbarkeiten vor Augen. Was dann kommen würde, musste ich auf mich zukommen lassen. Es war ein wenig wie Kamikaze – aber ich habe es für die richtige Entscheidung gehalten.
Für wie wichtig halten Sie Networking in Ihrem Beruf? Gibt es eine besondere Strategie, die Sie dabei verfolgen?
Ich bin gegen Networking! Bewusst bin ich nicht meiner "natürlichen" Fachgesellschaft beigetreten. Viel interessanter finde ich den Austausch mit Personen, die sich auf anderen Fachgebieten bewegen: Aus diesen Begegnungen ziehe ich wesentliche Anregungen. Und nichts ist schlimmer als Zitierkartelle…
Wie schaffen Sie es, einen solch anspruchsvollen und fordernden Beruf mit dem Privatleben in Einklang zu bringen?
Es ist nicht die Wissenschaft, die in mein Privatleben auszugreifen sucht, sondern es sind die vielen Sitzungen in Kommissionen und ähnliche Veranstaltungen. Sonst gäbe es kein Vereinbarkeitsproblem! Wichtig ist mir, auf mein Privatleben zu achten und Freundschaften ganz bewusst zu pflegen. Außerdem lebe ich sehr bewusst geistlich, was meinem Leben ebenfalls eine bestimmte Struktur gibt.
Ihre Tipps für Nachwuchswissenschaftlerinnen: Was sollten sie keinesfalls versäumen zu tun? Und was sollten sie unbedingt vermeiden?
Nachwuchswissenschaftlerinnen sollten ihr eigenes Leben in die Hand nehmen, es bewusst gestalten und sich von dem von ihnen für richtig erachteten Weg nicht abbringen lassen. Auch wenn nicht immer alles klappt, wie sie es sich vorstellen und wünschen. Vor allem sollten sie sich für ihre Arbeit auch die Zeit nehmen, die sie brauchen, und nicht nur auf die öffentliche Wirkung achten. Es ist nicht wichtig, beliebt zu sein.
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