Prof. Dr. Petra Frehe-Halliwell
»Wer aus der Erfahrung keine Regeln bezieht, aus dem Besonderen kein Allgemeines, aus dem Können kein Wissen, aus dem Prozess keine Struktur, der hat nicht gelernt. Aber wer nur dies tut, der lernt nicht mehr weiter.«
(Hans Georg Neuweg 2005)
Werdegang
2009 · Studienabschluss
Universität Paderborn
2015 · Promotion
Universität Paderborn
2015 bis 2019· Postdoc-Phase
2019 · Professur
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Interview
Was gefällt Ihnen an Ihrer Arbeit als Wissenschaftlerin? Weshalb haben Sie sich für die Wissenschaft entschieden?
Wissenschaftlicher Ausgangspunkt und Antrieb sind für mich die 'Praxisprobleme' der beruflichen Bildung (z.B. in Berufsbildenden Schulen, in Betrieben oder in überbetrieblichen Bildungseinrichtungen). Dabei interessieren mich vor allem didaktische Fragestellungen rund um die Bedingungen und die Gestaltung (wirtschafts-)beruflicher Lernumgebungen. Als Berufsbildungsforscherin geht es mir darum, diese Probleme und Gestaltungsbedarfe zunächst einmal zu erkennen und zu benennen. Dazu ist der Austausch mit bzw. eine Nähe zur Berufsbildungspraxis besonders wichtig und wertvoll. Im Weiteren geht es für mich darum, die Problemlagen systematisch zu beleuchten und Erkenntnisse zu gewinnen, die zur Lösung dieser Praxisprobleme beitragen können. Den Diskurs dazu in der 'Scientific Community' finde ich dabei ebenso spannend wie Rückmeldungen zu ausgelösten Innovations- und Implementationsprozessen in der Berufsbildungspraxis zu bekommen.
Welche Vorbilder haben Sie beruflich geprägt?
Nachdrücklich geprägt haben mich sicherlich ganz unterschiedliche Personen und Personengruppen, auch außerhalb der Wissenschaft, in unterschiedlichsten beruflichen Stadien bzw. Situationen. Mein Doktorvater und Mentor Prof. Dr. H.-Hugo Kremer von der Universität Paderborn ist für mich in vielen Belangen ein Vorbild.
Wer oder was hat Ihnen auf dem Weg zur Professur am meisten geholfen? Welche resp. wessen Unterstützung war Ihnen besonders wichtig?
Austausch und Feedback sind aus meiner Sicht die wichtigsten unterstützenden Aspekte. Hier konnte ich immer auf verschiedene Personenkreise zurückgreifen. Austausch in der 'Peer-Group' kann dann genauso hilfreich sein, wie das Feedback von Studierenden, von Teilnehmenden einer Tagung oder von erfahrenen Wissenschaftler/innen (z.B. im Rahmen von Mentoring-Programmen).
Ist Ihre Karriere gradlinig verlaufen – und wie haben Sie eventuelle Umwege und Durststrecken bewältigt?
Der Blick auf meinen Lebenslauf mag den Eindruck einer sehr gradlinig verlaufenden Berufsbiographie erwecken. Aber natürlich gab es auch verschiedene Phasen der Unsicherheit, Rückschläge und Frustration. Vielleicht gehört die Bewältigung genau dieser Phasen auch dazu.
Für wie wichtig halten Sie Networking in Ihrem Beruf? Gibt es eine besondere Strategie, die Sie dabei verfolgen?
Austausch und Feedback sind aus meiner Sicht sehr wichtig. Gleichzeitig können 'Smalltalk und Networking' gerade in der Qualifizierungsphase natürlich auch als 'anstrengend' empfunden werden. Ich habe für mich den Weg umzusetzen versucht, Networking an konkrete individuelle Interessen zu knüpfen (z.B. gleiche Qualifizierungsphase /- Situation; Forschungsfelder / -Projekte; methodische Zugänge; Veranstaltungen). Offenheit und die Fähigkeit, sich auf (die Besonderheiten) andere Personen einzulassen, sind dabei sehr wichtig und können auch die Perspektive auf sich selbst bereichern. Insgesamt erscheint mir wichtig, sich nicht lediglich als Rezipientin / Konsumentin sondern auch als aktive Partnerin in Netzwerke einzubringen. Dazu gehört dann auch, selbst Anlässe oder interessante Anknüpfungspunkte für Netzwerke und Kooperationen zu schaffen. Aktuell bin ich beispielsweise Mitglied eines interdisziplinären DFG-Forschungsnetzwerks zu Design-basierter Forschung (Projektbeginn April 2021). Aber auch informelle Netzwerke spielen eine große Rolle.
Wie schaffen Sie es, einen solch anspruchsvollen und fordernden Beruf mit dem Privatleben in Einklang zu bringen?
Nun, diese Herausforderung ist wohl eine 'Daueraufgabe' und stellt sich je nach privater Situation immer wieder anders bzw. neu. Aus meiner Sicht kann diese Aufgabe nur gemeinsam bewältigt werden. Gegenseitiges Verständnis sowie gemeinsames Planen spielen eine große Rolle. Aber auch die Bereitschaft, die Dinge so zu nehmen, wie sie kommen und Prioritäten umzukehren. Für mich selbst halte ich bewusste Auszeiten für wichtig. Das kann dann sicherlich der Sommerurlaub sein, aber auch einfach der lange Spaziergang, das Lesen eines Romans oder kreative Tätigkeiten umfassen. Ab und zu Kraft zu tanken und abzuschalten ist wichtig, dann ist man auch wieder bereit für die nächste 'Nachtschicht' am Schreibtisch.
Ihre Tipps für Nachwuchswissenschaftlerinnen: Was sollten sie keinesfalls versäumen zu tun? Und was sollten sie unbedingt vermeiden?
Für mich sind rückblickend drei Dinge wesentlich: a) Einen Schritt nach dem anderen zu gehen und zu prüfen, ob weiterführende Schritte interessant bzw. bewältigbar erscheinen. b) Einen 'echten' Plan B zu entwickeln, den man auch bereit ist zu gehen. c) Glaube an die eigenen Stärken.
Sind Wissenschaftlerinnen an der Universität Jena gut aufgehoben? Was macht die Universität Jena für Sie attraktiv?
Von Beginn an habe ich mich an der Universität Jena und insbesondere an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften sehr gut aufgehoben gefühlt. Ich wurde bereits in meiner Tätigkeit als Vertreterin des Lehrstuhls für Wirtschaftspädagogik wunderbar unterstützt. Ich nehme die Zusammenarbeit als sehr konstruktiv und kollegial wahr. Durch meine Tätigkeit in der Lehrausbildung habe ich auch schnell Kontakt zu anderen Fakultäten und Gremien aufbauen können: Seit Anfang 2020 bin ich beispielsweise als Direktorin des Zentrums für Lehrerbildung und Bildungsforschung tätig und engagiere mich demnächst in der Akademie für Lehrentwicklung (ALe) der FSU Jena.