Stopp sexuelle Belästigung

STOPP bei sexualisierte​r Belästigung!

Informationen zum Umgang mit sexualisierter Belästigung
Stopp sexuelle Belästigung
Foto: Shutterstock Illustration

Die Universität ist leider kein von sexualisierte​n Belästigungen freier Raum. Die folgenden Informationen sollen auf dieses häufig tabuisierte Problem aufmerksam machen und es Betroffenen erleichtern, mit ihren Erlebnissen nicht allein bleiben zu müssen. Es geht aber auch darum, potenzielle Zeug:innen zu sensibilisieren und die Unterstützung für Betroffene zu erleichtern.

Sexualisierte Belästigung an der Universität 

Auch an Universitäten finden sexualisierte Belästigungen statt. Die Universität ist von zahlreichen Abhängigkeitsverhältnissen geprägt, die allgemeine Diskriminierung und sexualisierte Belästigung begünstigen können. Belästigungen sind häufig Ausdruck einer strukturellen Machtüberlegenheit, die sich gerade auch an der Universität als stark hierarchisch aufgebaute Institution zeigen kann. Wenn dieses Macht- oder Abhängigkeitsverhältnis einseitig sexualisiert und aufrechterhalten wird, handelt es sich um sexualisierte Belästigung. Diese kann mit dem Versprechen von Vorteilen oder dem Androhen von Nachteilen (etwa in Betreuungs- oder Prüfungssituationen) verknüpft sein. Aber auch unter Studierenden oder von Studierenden gegenüber Tutor:innen oder Dozent:innen kommt es zu sexualisierten Belästigungen.

Was ist sexualisierte Belästigung?

Sexualisierte Belästigungen sind alle sexuell konnotierten Verhaltensweisen, die unerwünscht sind und als respektlos, entwürdigend oder verletzend empfunden werden. Sexualisierte Belästigung kann alle Geschlechter (d/w/m) treffen und von Personen aller Geschlechter ausgeübt werden. Die überwiegende Mehrzahl der Betroffenen sind jedoch Frauen, die überwiegende Mehrzahl der Täter:innen Männer.

Sexualisierte Belästigungen sind vielfältig, sie unterscheiden sich in Form und Intensität (verbal, nonverbal, physisch), z. B.:

  • Benachteiligung aufgrund des Geschlechts
  • Aufdringliche Blicke/Anstarren
  • Sexistische/sexualisierte Witze
  • Sexuelle Anspielungen
  • Abfällige oder sexistische Bemerkungen über Aussehen, Verhalten und Privatleben
  • Catcalling (hinterherpfeifen/-rufen, „Komplimente“, etc.)
  • Zeigen pornografischer Darstellungen
  • Ungefragte Nacktbilder
  • Sexualisierte Zeichen und Gesten
  • Unerwünschte Berührungen wie ein Kuss o. Ä.
  • Bedrängendes Verhalten
  • Entblößen
  • Strafrechtliche Tatbestände wie z. B. Stalking, sexuelle Nötigung oder Vergewaltigung

Strategien im Umgang mit sexualisierter Belästigung           

      

Wenn ich selbst von sexualisierter Belästigung betroffen bin: 

Dich trifft keine Schuld, wenn du sexualisiert belästigt oder diskriminiert wirst/wurdest! Was du als übergriffig, belästigend oder diskriminierend empfindest, liegt in deinem Ermessen! Du hast nicht das „Kompliment“ oder den „Flirtversuch“ falsch verstanden, wenn du dich dabei unwohl fühlst/gefühlt hast! Niemand hat das Recht, dich in deinen persönlichen Rechten zu verletzen! Du kannst dich dagegen zur Wehr setzen!

  • Im akuten Notfall: Polizei rufen (110)
  • Die eigene Wahrnehmung ernst nehmen: Betroffene tendieren dazu, ihre Gefühle zu verleugnen, aus Angst vor Ablehnung oder weil ihnen das Vorgefallene unangenehm oder peinlich ist. Ein erster wichtiger Schritt ist deshalb, die eigene Wahrnehmung ernst zu nehmen und sich klarzumachen, dass eine Grenzüberschreitung vorliegt.
  • Grenzen aufzeigen: Ignorieren Sie das Vorgefallene nicht, das verschafft dem/der Täter:in mehr Macht. Wenn möglich, handeln Sie in der Situation und machen Sie mit klaren Worten Ihre Grenzen deutlich.

„Dr. XY bitte unterlassen Sie diese anzüglichen Bemerkungen!“       

„XY, ich schätze Ihre fachliche Meinung, aber die xx Bemerkungen stören mich bei der Arbeit. Bitte bleiben wir auf einer professionellen Ebene“      

„Prof. XY, ich bin an einem privaten Verhältnis mit Ihnen nicht interessiert!“  

„XY, ich verbitte mir solche Berührungen! Das ist mir unangenehm und ich will, dass Sie damit aufhören!“

  • Bleiben Sie nicht allein: Reden Sie mit Personen Ihres Vertrauens über das Vorgefallene und wenden Sie sich an die Beratungs- und Hilfestellen innerhalb und außerhalb der Universität. Klären Sie das weitere Vorgehen, inwieweit Interventionen erwünscht sind, wie diese erfolgen oder ob rechtliche Schritte eingeleitet werden.
  • Dokumentation: Dokumentieren Sie Übergriffe schriftlich mit Angabe des Geschehens, Datum und Uhrzeit und bewahren Sie Emails oder Screenshots auf. Sie können für das weitere Vorgehen wichtig sein.

Wenn ich sexualisierte Belästigung beobachte:

  • Schauen Sie nicht weg: Nehmen Sie die Wahrnehmung der betroffenen Person und das von ihr/ihm Geschilderte unter allen Umständen ernst. Unternehmen Sie nichts ohne das Einverständnis der betroffenen Person.

Was kann ich tun als lehrende oder vorgesetzte Person:

Akutfall:

  • Sprechen Sie sexualisierte Belästigung an.
  • Tolerieren Sie solches Verhalten nicht.
  • Nehmen Sie betroffene Personen ernst und verweisen Sie sie auf untenstehende Hilfsangebote und an geeignete Vertrauenspersonen.
  • Bieten Sie der Person Hilfe oder ein vertrauliches Gespräch an.
  • Dokumentieren Sie den Fall und handeln Sie in enger Abstimmung mit der betroffenen Person.
  • Lassen Sie sich von der zentralen Gleichstellungsbeauftragten der Universität beraten.

Präventiv:

  • Fördern Sie den respektvollen und offenen Umgang untereinander.
  • Werden Sie sich der Strukturen bewusst, welche sexualisierte Gewalt und Belästigung begünstigen und beugen Sie Machtmissbrauch und Konkurrenzkampf vor.
  • Informieren Sie als vorgesetzte Person Ihr Team über die möglichen spezialisierten Ansprechpersonen.
  • Lehnen Sie die Relativierung von sexualisierter Gewalt und Belästigung ab.
  • Machen Sie auf die Thematik im Arbeitsumfeld aufmerksam und verdeutlichen, dass sexualisierte Gewalt oder Belästigung nicht toleriert wird.
  • Machen Sie auf die dienst- und arbeitsrechtlichen Konsequenzen aufmerksam.

Rechtliche Situation

Einige interessante rechtliche Aspekte zur sexualisierten Gewalt an der Hochschule ohne Anspruch auf Vollständigkeit und ohne Gewähr sind:

  • Es besteht eine vage Unsicherheit über die Anwendbarkeit des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG): Es gilt zwar für Hochschulen und verbietet sexualisierte Belästigung, gilt aber ausdrücklich nur für Beschäftigte einer Hochschule und nicht explizit für Studierende. 
    • Studierende, die von Hochschulangehörigen belästigt werden, sind nicht ausreichend geschützt.
    • Es gibt keinen rechtlichen Rahmen in den staatlichen Hochschulgesetzen.
    • Noch schwieriger ist es, ein Verfahren gegen Beamte einzuleiten.
  • Sexualisierte Belästigung ist dann strafbar, wenn die betroffene Person körperlich berührt worden ist (z. B. in der Intimsphäre, am Gesäß, der Brust oder auf den Mund geküsst wurde) § 184i StGB. Die Betroffenen können Anzeige erstatten.
  • Sexualisierte Belästigung ohne körperliche Berührung ist nur im Falle einer Beleidigung strafbar § 185 StGB.
  • Sexualisierte Belästigung (auch rein verbal) und Mobbing sind laut Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) Formen von Diskriminierung. Das AGG verlangt, dass Beschäftigte hiervor durch den Arbeitgeber geschützt werden. Betroffene Beschäftigte können sich im Gleichstellungsbüro, dem Diversitätsbüro oder vom Personalrat beraten lassen. 
  • Sexuelle Belästigung widerspricht den elementaren Grundsätzen des §5(7) des Thüringer Hochschulgesetzes, sowie dem Leitbild der Uni Jena, die für alle Mitglieder der Universität gelten. Studierende können sich im Falle von Diskriminierung mit Bezug auf ihr Geschlecht im Gleichstellungsbüro beraten lassen.

Folgen sexualisierter Belästigung

Sexualisierte Belästigung kann für die Betroffenen teils schwere psychische und psychosomatische Folgen haben. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Übergriff nicht unmittelbar abgewehrt werden kann.

Sexualisierte Belästigungen passieren nicht im luftleeren Raum, sie können jederzeit, überall und in allen Schichten stattfinden. Dort, wo Täter:innen eine überlegene Position haben und Opfer in einem Abhängigkeitsverhältnis stehen oder wo die Betroffenen keine Solidarität vom Umfeld zu erwarten haben, können sie besonders schwere Folgen haben, da sich die Betroffenen aus dem Kontext der Belästigung zurückziehen. Dies geschieht aus Scham, Angst vor Wiederholung der Tat, Ohnmacht oder Selbstvorwürfen, aber auch, weil sie Sanktionen fürchten. Ein solcher Rückzug verstärkt die Unsicherheit, schränkt den Bewegungsraum der Betroffenen ein und verschärft damit die negativen Folgen.

Sexualisierte Belästigungen können zu verschiedenen Folgeproblemen führen, wie etwa zu:

  • Konzentrationsstörungen
  • Angstzuständen und Depression
  • Körperlichen Beschwerden
  • Leistungseinbrüchen

Beratungsangebote und Ansprechpartner*innen 

Psychosoziale Beratung des Studienwerkes ThüringenExterner Link

Rechtsberatung des Studierendenwerkes ThüringenExterner Link

Frauenzentrum TOWANDA Jena e.V. Externer Link

Thüringer Landesantidiskriminierungsstelle (LADS)Externer Link

Antidiskriminierungsstelle des BundesExterner Link

Hilfreiche/weiterführende Links:

Bei Fragen und Unsicherheiten kontaktieren Sie uns jederzeit über gleichstellung@uni-jena.de oder anonym über das Meldeformular

Quelle: Text basiert auf dem Flyer der Genderkommission des Institutes für Soziologie 2013 – einzelne Aspekte wurden 2022 aktualisiert und ergänzt. Durch das Gleichstellungsbüro 2022 an die Situation auf Universitätsebene angepasst.